Marc Jongens AfD-Manifest und die jungkonservative Neue Rechte

In der DISS-Online Bibliothek erschien der erste Text in der Reihe Sondierungen im Feld der AfD von Helmut Kellershohn. Der Autor analysiert das von Marc Jongen verfasste und in der Zeitschrift Cicero erschienene „Manifest der Partei“ Alternative für Deutschland (AfD).

[…] Wir erinnern uns: In einer Serie von Artikel in den Jahren 2009/10 ‚bombardierte’ Sloterdijk die mediale Öffentlichkeit mit seiner Sicht von Staat und Gesellschaft, darunter ein Manifest genannter Text zum „Aufbruch der Leistungsträger“, der im November 2009 in der Zeitschrift Cicero erschien.

In derselben Zeitschrift, welch ein Zufall, veröffentlicht Marc Jongen, zwei Tage vor dem Artikel Gaulands, ganz unbescheiden einen Text, der als AfD-Manifest für Aufsehen erregen sollte, obwohl im Text selbst nur davon die Rede ist, dass Jongen einige „politische Grundsätze und Leitlinien“ formulieren möchte, die in einem „Manifest der Partei“ (!) „unbedingt beachtet werden“ sollten. Es handelt sich also kurioserweise um ein persönliches, von niemandem beauftragtes Manifest für ein zukünftiges Partei-Manifest. Der Titel lautet. „Das Märchen vom Gespenst der AfD“, und schon der erste Satz greift in die Vollen: „Ein Gespenst geht um in Deutschland – das Gespenst der AfD.“ Das ist pfiffig. Da kommt ein relativ unbekannter Autor und hebt seine Ausführungen auf die Höhen des Kommunistischen Manifests, um der „historische Mission“ der AfD, gewissermaßen auf Weltniveau, das entsprechende rhetorische Kostüm zu verleihen. An sich erstaunlich, gilt doch die „historische Mission“ des Kommunismus dem bürgerlichen Alltagsverstand zufolge als gescheitert. Aber Jongen ist Optimist, versteht sich als Visionär.

Wir unterziehen den Text einer symptomatischen Lektüre. Der Text ist zwar rhetorisch, nicht aber in den Aussagen originell. Er enthält eine Reihe von Anspielungen auf Quellen, die nicht offengelegt werden. Sie führen den Leser zu Denkfiguren, die seit mehr als zwanzig Jahren von der jungkonservativen Neuen Rechten publizistisch verbreitet werden, allen voran von der Jungen Freiheit. Die JF gibt sich konservativ, okkupiert aber den Konservatismusbegriff aus dem Geiste der Konservativen Revolution bzw. in der Tradition des Weimarer Jungkonservatismus, theoretisch unterstützt, wenn auch nicht ohne Vorbehalte, vom Institut für Staatspolitik.

Ein zweites Augenmerk liegt auf der Logik der Argumentation. Wie denkt Jongen über Staat und Gesellschaft, wie sieht er die Rolle der AfD, von der er glaubt, sie verfolge eine „historische Mission“? […]

Lesen Sie bitte den vollständigen Text von Helmut Kellershohn in der DISS Online-Bibliothek: Sondierungen im Feld der AfD (Teil 1) – Marc Jongens AfD-Manifest und die jungkonservative Neue Rechte.

Netzfundstücke: Pressemitteilung des Runden Tisches „Offenes Rheinhausen“ 2.4.2014

Wir brauchen dringend Wohnungen und Arbeit


In Sorge um die Menschen, die das Haus In den Peschen teils fluchtartig verlassen, bittet der Runde Tisch „Offenes Rheinhausen“ alle, die in Duisburg Verantwortung tragen, die Betroffenen bei der Wohnungs- und Arbeitssuche aktiv zu unterstützen.

Seit fast 1 ½ Jahren engagieren sich Menschen am Runden Tisch für ein Offenes Rheinhausen. Viele Begegnungen von Bürgerinnen und Bürgern sowie Mitarbeitenden in Institutionen und Ämtern haben dazu beigetragen, dass eine größere Eskalation verhindert wurde.

Das Projekt Bahtalo hat seinen Teil getan, um in der Öffentlichkeit ein differenziertes Bild der Menschen aus Rumänien und Bulgarien zu zeigen. Darüber hinaus haben persönliche Begegnungen in Teilen der Bevölkerung das Verständnis für die schwierige Situation rumänischer Zuwanderer wachsen lassen. Mit dem Schulbesuch vieler Kinder seit ca. einem halben Jahr wurde nicht nur eine Forderung des Runden Tisches umgesetzt. Das Engagement der Kinder und das Interesse ihrer Eltern haben sehr deutlich gemacht, wie wichtig es ihnen ist, Teil unserer Gesellschaft zu werden.

Die Wohnsituation und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind jedoch schlecht geblieben. Trotz vieler Bemühungen ist es nur in Einzelfällen gelungen besseren Wohnraum zu finden. Die Herkunft aus dem Haus In den Peschen in Rheinhausen-Bergheim erzeugt bei möglichen Vermietern und Arbeitgebern große Vorbehalte und schränkt die Offenheit für die individuellen Personen von vornherein ein.

Obwohl die Veränderung der Wohnsituation im Haus In den Peschen von Anfang an zu den Zielen des Runden Tisches gehörte, ist der Druck, der durch nicht nachvollziehbare Räumungsandrohungen, durch Abmeldungen des Wohnsitzes ohne Kenntnis der Betroffenen sowie durch die angedrohte Unterbrechung der Wasser- und Energieversorgung nicht akzeptabel. Der Einsatz für die Rechte aller Menschen, hier beheimateter und zugewanderter, gehört zu den Grundlagen unseres Engagements. Deshalb müssen auch Rechte und Pflichten des deutschen Mietrechts beidseitig eingehalten werden.

Mit großer Sorge sehen wir, dass die Anstrengungen der letzten 1 ½ Jahre sinnlos erscheinen, wenn Familien nach den ersten Schritten der Verständigung und Integration jetzt Rheinhausen verlassen. Wir halten es für unabdingbar, dass die Menschen, die unter anderem durch Schulbesuch und Beteiligung in Sportvereinen und Kulturprojekten ihre Bereitschaft zur Integration deutlich machen, entsprechend unterstützt werden. In der aktuellen Situation bedeutet das vor allem die aktive Begleitung bei der Wohnungs- und Arbeitssuche.

Duisburg-Rheinhausen, 2. April 2014

 

Den Text entnahmen wir der Seite von Werner Jurga http://www.jurga.de/469.html

Im Lokalteil der Rheinischen Post erschien am 6.4.2014 der Artikel Runder Tisch fordert: „Stadt muss Roma helfen“

Presseerklärung: „Eine Vertreibung ist inakzeptabel“

Presseinformation des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung

Mit großer Beunruhigung nimmt das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) die aktuellen Entwicklungen rund um die Häuser In den Peschen 3-5 in Duisburg-Rheinhausen zur Kenntnis. Prof. Dr. Siegfried Jäger fordert die Stadt Duisburg auf, ihrer sozialen Verantwortung endlich gerecht zu werden.

Obwohl die rechtliche Grundlage fragwürdig ist, will Vermieter Branko Barisic die Häuser räumen lassen. Die dort aktuell bereits unter sehr schlechten Bedingungen lebenden Menschen sind von Wohnungslosigkeit und weiterer sozialer Ausgrenzung bedroht. Einige haben die Häuser bereits verlassen. Entgegen eines Ratsbeschlusses aus dem vergangenen Herbst existiert bisher kein Unterbringungskonzept, mit dem die städtische Wohnungsbaufirma Gebag den Mieterinnen und Mietern Alternativwohnungen anbieten sollte.

„Bei den Bewohnerinnen und Bewohnern der Häuser handelt es sich um Duisburger Bürgerinnen und Bürger“, sagt Prof. Dr. Siegfried Jäger. „Es sind Familien mit Kindern, die hier zur Schule gehen und die sich hier eine Zukunft aufbauen wollen. Menschen, die nach Duisburg eingewandert sind, haben die gleichen Rechte wie alle anderen auch. Eine Vertreibung ist inakzeptabel. Die Stadt muss den Betroffenen dabei helfen, eine menschenwürdige Unterkunft in Duisburg zu finden.“

Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung forscht seit 27 Jahren zu den Themen soziale Ausgrenzung, Rassismus und Einwanderung in Deutschland. Im Jahr 2012 gründete sich im DISS der Arbeitskreis Antiziganismus, der seitdem zur Diskriminierung vonm Menschen forscht, die als Roma oder Sinti identifiziert werden. Vor diesem Hintergrund bewertet das DISS Äußerungen des Duisburger Sozialdezernenten Reinhold Spaniel kritisch. Spaniel hatte im Dezember erklärt, die Stadt müsse die von der Räumung bedrohten Menschen nicht bei der Suche von Ersatzwohnungen unterstützen. Vielmehr setze man darauf, dass sie wegen ihrer „hohen Mobilität“ die Stadt verlassen.

„Seit Jahrhunderten leiden Menschen, die als Roma identifiziert werden, unter Vertreibung“, sagt DISS-Mitarbeiterin Alexandra Graevskaia. „Durch diese Geschichte der Vertreibungen entstanden die rassistischen Vorurteile vom Nomadentum und von der Heimatlosigkeit und wurden zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Es ist Aufgabe einer Sozialbehörde, diesen Kreislauf der Diskriminierung zu durchbrechen und den Menschen hier eine Perspektive zu geben. Keinesfalls sollte sie die Vorurteile und die besonders prekäre soziale Situation der Betroffenen auch noch als Argument dafür in Stellung bringen, um eine erneute Vertreibung zu rechtfertigen“, so Graevskaia weiter.

Auch in anderer Hinsicht sieht das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung die Stadt Duisburg in der Pflicht: Seit vielen Monaten tauchen im Internet unter anderem auf Facebook rassistische Beschimpfungen und Bedrohungen auf, bis hin zu der Forderung nach Pogromen. „Die Stadt muss deutlich machen, dass sie keine Form von Rassismus toleriert, auch nicht, wenn sie sich als Wut besorgter Anwohnerinnen und Anwohner äußert“, sagt Prof. Dr. Siegfried Jäger. „So lange die städtischen Institutionen nicht offensiv das Recht aller Bürgerinnen und Bürger verteidigen, hier unter menschenwürdigen Bedingungen leben zu können, fühlen sich diejenigen bestärkt, die hetzen und Vertreibung fordern.“ Eine solch unheilvolle Entwicklung habe das DISS bereits bei den Analysen im Zusammenhang mit den rassistischen Pogromen der 1990er Jahre ausmachen können.

Weitere Informationen über das DISS finden Sie auf der Website des Instituts http://www.diss-duisburg.de.

Netzfundstücke: Verdrängung als Duisburger Praxis

In der Studentischen Zeitung akduell erschien ein sehr lesenswerter Artikel, der die Vertreibung der Bewohner der Häuser „In den Peschen“ in Duisburg Bergheim thematisiert, die in diesen Tagen stattfindet.

Als den Häusern Mitte letzten Jahres rechte Anschläge drohten, richteten Aktivist*innen sogar Nachtwachen zum Schutz ein. „Da stellte sich die Stadt zunächst ihrer Verantwortung und beauftragte die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gebag, kurzfristig ein Unterbringungskonzept mit städtischem Eigentum auszuarbeiten“, sagt Jürgen Aust, Sprecher vom Duisburger Netzwerk gegen Rechts. „Im Dezember hat sich dann aber der Sozialdezernent Reinhold Spaniel hingestellt und gesagt, die Menschen würden aufgrund ihrer ‚hohen Mobilität‘ schon weiterziehen und die Stadt verlassen“, so Aust weiter.

„Das Vorurteil des Nomadentums gegenüber Rom_nija wird immer wieder neu hergestellt“, sagt Alexandra Graevskaia vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung. „Es entstand durch die Vertreibung über die Jahrhunderte und ist damit eine selbsterfüllende Prophezeiung.“ Dieses Vorurteil diene jetzt als Begründung, den Menschen aus den Häusern In den Peschen und der Beguinenstraße nicht bei der Suche nach Ersatzwohnungen zu helfen. „Schon in der Vergangenheit hat die Stadt aktiv Verdrängung betrieben“, so Graevskaia. Die Stadtsprecherin sagte beispielsweise im Jahr 2008, als sich Rom_nija in Bruckhausen ansiedelten, man wolle den Aufenthalt dort so weit wie möglich erschweren. „Und die Stadt geht noch weiter: Als die Rom_nija dann Duisburg verlassen hatten, sagte man, man habe das Problem mit einer „Taktik der kleinen Nadelstiche“ in den Griff bekommen“, sagt die Sozialwissenschaftlerin.

Und auch jetzt, während sich die Lage für die Menschen in den Peschen immer weiter zuspitzt, bietet die Stadt keine Hilfe an. Sie beschäftigt sich mehr mit dem Grundstück in den Peschen: „Die Stadt Duisburg prüft derzeit eine Kaufoption des Grundstücks“, sagt Anja Kopka, Pressesprecherin der Stadt Duisburg gegenüber akduell. Ein Leerzug sei aber eine privatrechtliche Angelegenheit zwischen dem Vermieter Barisic und seinen Mietern. Die Schrottimmobilie soll also gekauft werden und der Vermieter soll damit finanziell entlastet werden. Die von der Räumung bedrohten Menschen werden dagegen nicht unterstützt.

Den vollständigen Artikel lesen Sie hier: Verdrängung als Duisburger Praxis