Nigel Follett: Rezension BREXITANNIA

BREXITANNIA – Great Britain’s Exit from the EU’

written by

Robert Tonks & Zakaria Rahmani

Zusammenfassend schlüsselt dieses Buch die vielfältigen Einflüsse auf die WählerInnen im Vorfeld des britischen EU-Referendums auf. Es gibt einen umfassenden Einblick in die ausschlaggebenden Faktoren und Motivationen der WählerInnen im Juni 2016 und beschreibt den sich entwickelnden politischen Sumpf, in dem sich die Tory-Regierung bei der Umsetzung des Brexit vor dem Hintergrund einer schrumpfenden Wirtschaft befindet.

Das Buch endet mit einem Epliog, der die Ereignisse ab 2016 bis Juli 2022 beschreibt: Er enthüllt den Mangel an qualitativ hochwertigen Debatten im Vorfeld der Abstimmung und bietet eine Zusammenfassung der Drehungen und Wendungen der Brexit-Umsetzung seit dem Referendum. Er beschreibt den aufkommenden Populismus, der die Tory-Politik antreibt. Er entlarvt den Mangel an Planung und Vorbereitung auf den Austritt aus der EU, der die Fähigkeit der Regierung lähmte, den Brexit effektiv umzusetzen und das Erbe des von ihr selbst ausgehandelten Nordirland-Protokolls zu lösen.

Following the shock result of the Brexit referendum in June 2016 Robert and Zakaria toured theUK in late summer of 2020 in search of answers to the question ‘why did Britain vote to leave the EU?’.

They spoke to people from all over the UK and took on board the input from experts, such as sociologists and political journalists both in the UK and Germany. Their approach was to take at face value the reasons people gave for voting the way they did, then to explore the voter context or personal situation to unearth the drivers of voting to leave. They found both a willingness to talk candidly and some unease amongst some family members to open up old wounds. Over 4 chapters they thread together the underlying motivations and fears, both historical and immediate, that shaped the way people voted.

Chapter 1 explores the legacy of the miners dispute in the early 1980’s, the fight to retain jobs that culminated in the ‘battle of Orgreave’, the impact that losing that fight had on mining communities and the response, or lack of it, of the government to retrain redundant miners and rebuild local economies. One is left feeling there is a deep-seated and lasting resentment of Margaret Thatcher, the Tory government and the Police in particular, and a mistrust of the state in general that spilled over into voting against the bureaucrats in Brussels.

Chapter 2 addresses the perennial political fight to win the hearts and minds of ‘middle England’ – the swing voters without ‘dyed in the wool’ allegiances who may vote either way. They also examine the fallacy of the north-south divide and the role of the media and prominent politicians in shaping public opinion. What were voters’ intentions in the weeks leading up to the referendum and did they stick with it or did a significant number change their minds in the run-up to the vote? If so, why?

Chapter 3 looks at the significance of the NHS to the health of the nation and, more importantly, the pride of place it has in the minds of voters alongside a deterioration in its ability to cope with increasing demand and maintain standards of service.

Chapter 4 takes a longer term view of historical events, such as President de Gaulle’s repeated refusal to allow Great Britain into the Common Market, and the yearning of some senior voters to rekindle the belief that, having survived the early years of the Second World War alone, we can do it again.

Finally, the Epilogue provides a synopsis of the twists and turns of Brexit implementation since the Referendum, exposing the paucity of quality debate leading up to the vote, the emergence of populism driving Tory policy and the lack of planning and preparation for leaving the EU that crippled the government’s ability to execute Brexit effectively and to resolve the legacy of the Northern Ireland Protocol it negotiated.

In summary, this book catalogues the influences on voters in the run-up to the Referendum, provides insight into the drivers and motivations of voters in June 2016 and describes the evolving political mire in which the Tory government has found itself executing Brexit against a backdrop of a shrinking economy.

Nigel Follett

 

DISS Neuerscheinung: (Post-)Pandemische Normalitäten

»Nicht die Viren sind ungerecht, sondern die Strukturen, auf die sie treffen« (Christa Wichterich)

Guido Arnold, Helmut Kellershohn, Margarete Jäger:
(Post-)Pandemische Normalitäten
Edition DISS Bd. 50
1. Auflage, Dezember 2022
160 Seiten, 19,80 €
ISBN 978-3-89771-779-4
UNRAST Verlag, Münster

Bestellungen bitte über den Unrast-Verlag:
(Post-)Pandemische Normalitäten

Einhergehend mit rassistischen und nationalistischen Entsolidarisierungsprozessen, veränderten Gerechtigkeitsvorstellungen und einer zunehmenden Entwicklung sozialer Ungleichheitsverhältnisse – nicht zuletzt aufgrund eines technokratisch geleiteten ›Solutionismus‹ im automatisierten Bevölkerungsmanagement – hat die Corona-Krise ›neue Normalitäten‹ generiert, die gesellschaftsverändernde Wirkung auf die post-pandemische Zukunft haben.

In 13 lesenswerten Beiträgen geht dieser Sammelband des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS) der Frage nach, welchen Einfluss die Krise auf die Geschlechterverhältnisse hatte (und immer noch hat), auf den desolat ausgehöhlten Gesundheitssektor, auf die Digitalisierung im Bildungs- und Arbeitsbereich oder die zunehmende Bedeutung von Verschwörungsmythen.

Doch die Autor:innen sezieren nicht nur die spezifischen Merkmale der Pandemie. Sie nehmen auch möglicherweise kausale Zusammenhänge zwischen der pandemischen und der sich parallel zuspitzenden ökologische Krise in den Blick und analysieren die gesellschaftlichen Auswirkungen im Hinblick auf eine sich möglicherweise katastrophisch verschärfende Krisendynamik.

Inhalt

Guido Arnold /Margarete Jäger / Helmut Kellershohn
Vorwort

Jürgen Link
In welcher »neuen Normalität« wird die >Corona-Krise< enden?

Isolde Aigner
»Es ist Corona, was macht Ihr da?!« Jugendliche in der Corona-Pandemie

Christian Kolbe / Thomas Kunz
Hochschule und Digitalisierung in Post-Corona-Zeiten

Massimo Perinelli
Corona und Rassismus:
Die Krise der Solidarität im nationalen Shutdown

Christoph Butterwegge
Pandemische Ungleichheit im Corona-Kapitalismus

Christa Wichterich
Care, Geschlecht und Covid-19-Regime

Andreas Wulf
Der Pharma- und Patentekomplex

Guido Arnold
Postpandemisches Bevölkerungsmanagement

Bruno Kern
Die Rückkehr zum menschlichen Maß: Industrielle Abrüstung!

Helmut Kellershohn
»Blue Deal« versus »European Green Deal«

Andrea Becker
Der Reset der Großen Transformation

Clemens Knobloch
Verschwörungstheorie

Offenes Atelier in den Räumen des DISS

 

Wir laden ein zum
OFFENEN ATELIER 2022
am 22. Oktober 2022 (Samstag) 14 bis 20 Uhr
und 23. Oktober 2022 (Sonntag) 12 bis 18 Uhr

Ausstellungsort:
Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung
Siegstraße 15, 47051 Duisburg

Die ausstellenden KünstlerInnen:

Jobst Paul
Foto-Grafik, Digital-Malerei

Angela Großpietsch (Lütt Huis)
Textilkunst

Anton Maegerle zur Einstellung der Fahndung nach Alois Brunner

In der Online-Bibliothek des DISS erschien ein Beitrag von Anton Maegerle zur nicht erfolgten Strafverfolgung des NS-Massenmörders Alois Brunner. Die Fahndung wurde jetzt ergebnislos eingestellt.

Zu den Fluchthelfern des SS-Schergen Brunner zählte Rudolf Vogel, seit 1949 CDU-Bundestagsabgeordneter und später Staatssekretär im Bundesschatzministerium. Der Politiker soll die Tickets nach Syrien besorgt haben. Der 1991 verstorbene Vogel, Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern der Bundesrepublik Deutschland, lernte Brunner 1943 im griechischen Saloniki kennen. Der NS-Verbrecher Brunner trieb dort Juden zur Deportation zusammen, Vogel gehörte zur Propaganda-Abteilung Südost der Wehrmacht.

 

In Damaskus, Post für ihn war an „P.O. Box 635 Damaskus“ zu adressieren, fungierte Brunner als „Berater für Judenfragen“ des syrischen Regimes. Er hat dem syrischen Sicherheitsapparat als Berater gedient und Verhör- und Foltermethoden der Nazis weitergegeben. Daneben bespitzelte Brunner für die Syrer die deutsche Gemeinde in Damaskus.

 

Zugleich führte Brunner mit Hitlers Generalmajor Otto Ernst Remer die vermeintliche Handelsfirma „Orient Trading Company“ (Otraco). Offiziell als Handelsfirma eingetragen, verschoben die Altnazis tatsächlich Waffen im Nahen Osten und nach Afrika.

 

Das letzte Interview mit Brunner stammt aus dem Jahre 1987 und wurde von der „Chicago Sun Times“ per Telefon geführt. Es ist das Bekenntnis eines Massenmörders: „Ich bereue nichts und würde es wieder machen. Sie alle (die Juden) hatten den Tod verdient, weil sie Agenten Satans und menschlicher Abfall sind“.

 

Die bundesdeutsche Botschaft und insbesondere der von Reinhard Gehlen, in der NS-Zeit in seiner Funktion als Generalmajor der Wehrmacht Leiter der Abteilung Fremde Heere Ost im Generalstab des Heeres, aufgebaute bundesdeutsche Auslandsgeheimdienst, der Bundesnachrichtendienst (BND), behauptete wahrheitswidrig über Jahrzehnte hinweg, nicht den Aufenthaltsort des NS-Verbrechers zu wissen und belog somit wissentlich den Bundestag, das Bundeskriminalamt und Staatsanwaltschaften.

 

Am 19. Oktober 2000 teilte das Bundeskanzleramt dem BND mit, dass ein „unverändert hohes Interesse der Bundesregierung an der Strafverfolgung von Alois Brunner“ bestehe. Am 3. November 2000 notierte der BND in einer hausinternen Notiz: „Es gibt derzeit keine Anhaltspunkte dafür, daß sich die Möglichkeiten des BND verbessert hätten, zur Klärung der Frage ‚Brunner‘ beizutragen.“
In einem Sprechzettel des BND für eine Sitzung der Parlamentarischen Kontrollgremiums des Deutschen Bundestages, das für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig und u.a. den Bundesnachrichtendienst (BND) überwacht, am 07. März 2001 heißt es: „Hinweise zum Aufenthaltsort oder über den möglicherweise eingetretenen Tod Alois Brunners liegen dem Bundesnachrichtendienst bis heute nicht vor.“

 

Lesen Sie den vollständigen Beitrag von Anton Maegerle in der DISS Online-Bibliothek: Alois Brunner. Fahndung nach NS-Massenmörder eingestellt

 

 

Björn Borgmann: ‚Logbuch Malerei‘

Werkschau im Großen Ausstellungssaal des Kunstvereins Duisburg
Weidenweg 10, 47059 Duisburg
29. April 2022 bis 29. Mai 2022
Kurator Dr. Jobst Paul
Fr/Sa: 17.00 – 20.00 Uhr; So 14.00 – 18.00 Uhr

Zur Ausstellungseröffnung am 29. April 2022, 19 Uhr,
laden wir Sie, Ihre Freunde und Ihre Familie sehr herzlich ein.
Es sprechen: Herbert Gorba, Kunstverein Duisburg, und Dr. Jobst Paul, Kurator der Ausstellung.

In expressiver Farblichkeit schildert Björn Borgmann das Gewaltsame gegen Natur und Mensch und das Scheitern ideologischer und technischer Höhenflüge. Die überwiegend großen Formate beeindrucken nicht nur in ihrer Dramatik und räumlichen Tiefe. Sie verweisen auch auf das jeweils Andere, auf Endlichkeit und das Fortschreiten der Zeit. In der Tradition kritischer Kunst von Francis Bacon, Richard Hamilton bis Sigmar Polke stellt Borgmann jedoch das Malerische selbst in den Vordergrund, wobei Kritik und Ironie auch in beißenden Sarkasmus umschlagen können. Borgmann konfrontiert den Betrachter nicht mit Gewalt selbst, sondern verarbeitet ihre tiefen Spuren in Natur und Psyche.

Mit ‚Logbuch Malerei‘ knüpft der Kunstverein Duisburg nach der Pandemie wieder an seine Bemühung an, der Öffentlichkeit bedeutende deutsche Künstler und hervorragende künstlerische Positionen zu präsentieren.
Die Ausstellung des Wuppertaler Künstlers ist im Großen Ausstellungssaal des Kunstvereins Duisburg vom 29. April 2022 bis 29. Mai 2022 zu sehen.

Kurator: Dr. Jobst Paul

-> Anreise

-> weitere Bildervorschau beim Kunstverein Duisburg

Vortrag und Diskussion zum Fluchtdiskurs über Carola Rackete und Moria.

Donnerstag, 24.03.2022, 17:00 Uhr
Deutsche Rettung?
Vortrag und Diskussion zum Fluchtdiskurs über Carola Rackete und Moria.
DISS: Anna-Maria Mayer und Christian Sydow

Zoom | Meeting-ID: 704 601 2888 ~ Kenncode: 1323
Keine vorherige Anmeldung erforderlich.

Als im Juni 2019 Carola Rackete dem Verbot trotzte, mit dem Seenotrettungsboot »Sea-Watch 3« im Hafen von Lampedusa anzulegen, jubelten die Medien und sprachen das vorher verdrängte Leid von Geflüchteten wieder an. Im September 2020 brannte dann das Geflüchtetenlager Moria und die Abschottungspolitik der EU geriet ins mediale Scheinwerferlicht: Die katastrophalen Zustände seien von Griechenland gewollt, dienten zur Abschreckung und würden von den anderen EU-Staaten insgeheim gebilligt.

Wo bieten diese Debatten Anschlussstellen für humane Positionen? Wo lauern Gefahren? Werden Seenotretter*innen als deutsche Held*innen konstruiert und so die deutsche Mitschuld am Sterben im Mittelmeer verdeckt?

Auch in  Anbetracht der aktuellen Flucht aus der Ukraine, lohnt ein Blick zurück und auf den Fluchtdiskurs der letzten Jahre, um dessen Fallstricke zu erkennen, anstatt auf sie hereinzufallen.  Dazu stellen wir Ergebnisse unserer aktuellen Studie vor und freuen uns auf eine spannende Diskussion.

-> zum Buch beim Unrast-Verlag

Erste Projektergebnisse: Das Judentum in der Alltagspresse und in der didaktischen Praxis

FoNA21 – Forschungsnetzwerk Antisemitismus im 21. Jahrhundert

Jüdische Reaktionen auf Antisemitismus: die Entgrenzung des Sag- und Machbaren in der jüdischen Ritualpraxis

Duisburger Projektteil (DISS): Das Judentum in der Alltagspresse und in der didaktischen Praxis

Projektpräsentation DISS-Duisburg:
‚Das Judentum in der Alltagspresse‘

Jobst Paul und Dyana Rezene stellten am 24.2.2022 erste Ergebnisse der Diskursanalyse vor. Die Vorträge der Veranstaltung können hier gehört und angeschaut werden:

Teil I Kontextualisierung
(0h37)

Teil II Methode / Untersuchungsschritte
(0h22)

Teil III Erste Ergebnisse / Auswertung
(1h26)

-> zur Projektseite

                           

Radio Corax Halle: Talk über Fluchtstudie des DISS

Im deutschen Diskurs sind Geflüchtete keine Subjekte

Wie die Kriminalisierung von Seenotrettung im Fall von Carola Rackete und der Brand im September 2020 im Geflüchtetenlager Moria medial aufgegriffen wurden, ist Gegenstand des Buchs „Deutsche Rettung? Eine kritische Diskursanalyse des Fluchtdiskurses um Carola Rackete und Moria“. Darin wird genau das Sprechen über die beiden Ereignisse untersucht und gezeigt wie über Geflüchtete und Flucht gesprochen wird. Radio Corax sprach mit Milan und Anna, die an dem Buch mitgeschrieben haben, über ihre Ergebnisse und welche Rolle diese auch für die weitere Solidaritätsarbeit mit Geflüchteten spielen kann.

Das Buch „Deutsche Rettung? Eine kritische Diskursanalyse des Fluchtdiskurses um Carola Rackete und Moria“ ist vergangenen Februar im Unrast Verlag erschienen.

-> Talk anhören

DISS Neuerscheinung zum Fluchtdiskurs

Ab sofort lieferbar ist der Band 47 der Edition DISS im Unrast-Verlag:

Judith Friede, Louis Kalchschmidt, Fabian Marx, Anna-Maria Mayer, Benno Nothardt, Milan Slat, Christian Sydow

Deutsche Rettung?
Eine Kritische Diskursanalyse des Fluchtdiskurses um Carola Rackete und Moria

Das Buch ist erhältlich im guten Buchhandel oder direkt beim Unrast-Verlag.

ISBN 978-3-89771-776-3
Münster: Unrast-Verlag, 2022
310  Seiten, 24 €

 

Inhalt

Als im Juni 2019 die Kapitänin Carola Rackete dem Verbot trotzte, mit dem Seenotrettungsboot »Sea-Watch 3« im Hafen von Lampedusa anzulegen und daraufhin festgenommen wurde, brach sich eine mediale Welle der Solidarität Bahn.

Während die ZEIT noch 2018 in einem viel diskutierten Beitrag gefragt hatte, ob Seenotrettung von Geflüchteten nicht besser zu lassen sei, wurde nach der Verhaftung Racketes die Kriminalisierung humanitärer Rettungsmaßnahmen im medialen Diskurs Deutschlands unsagbar. Stattdessen rückte das Leid von Geflüchteten ins Scheinwerferlicht und Seenotretter*innen wurden als Held*innen gefeiert.

Ein Jahr später geriet die Abschottungspolitik der EU in den Fokus der medialen Öffentlichkeit, als im September 2020 das Geflüchtetenlager Moria fast komplett abbrannte. Die katastrophalen Zustände im Lager wurden scharf kritisiert; sie seien, so der Vorwurf, von Griechenland gewollt, dienten zur Abschreckung und würden von den anderen EU-Staaten insgeheim gebilligt.
Die vorliegende kritische Diskursanalyse der medialen Debatte über diese beiden Ereignisse untersucht Struktur und Verschiebungen des Sagbarkeitsfeldes, widmet sich Kollektivsymbolik und Held*innenkonstruktionen und sucht Antwort auf eine Reihe von Fragen: Inwieweit bietet der Diskurs Anschlussstellen für humane Positionen? Wo lauern Gefahren? Wird auch mit Geflüchteten diskutiert oder nur über sie? Und wird in diesem Fluchtdiskurs womöglich eine moralische deutsche Rettung inszeniert, die die Mitschuld am Sterben im Mittelmeer verdecken soll? Die Struktur- und Feinanalysen zu einzelnen Zeitungen sowie zur Held*innenkonstruktion, die auch einzeln gut lesbar sind, ermöglichen einen Einblick in transportiertes Wissen und Vermittlungsweisen, die auf den ersten Blick gar nicht auffallen. So wird nicht nur deutlich, was besser nicht gesagt würde, sondern auch, welche Themen und Aussagen im Sagbarkeitsfeld fehlen.

-> Leseprobe: Einleitung

-> Inhaltsverzeichnis

 

Dank

Wir danken ganz herzlich der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die ein Projekt des DISS zur Konzeption von Workshops zum Flucht- und Migrationsdiskurs in deutschen Medien unterstützte, in dessen Kontext auch diese Studie entstanden ist.

 

Workshops / Vorträge

Bei Interesse an der Wiederholung eines Workshops wenden Sie sich gerne an das DISS.

 

 

 

 

 

 

 

 

DISS-Journal 42 erschienen

Die neue Ausgabe unserer Institutszeitschrift DISS-Journal ist erschienen und kostenlos als PDF-Datei abrufbar.

 

Vorwort

Der 9. November ist sicherlich ein schwieriger Tag der Erinnerung an die deutsche Geschichte. Anton Maegerle schreibt in einem aktuellen Beitrag für den DISSkursiv-Blog, der 9. November markiere „den Beginn der ersten deutschen Republik [1918], den Versuch eines rechtsextremen Umsturzes [1923], das Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung [1938] und den Fall der Berliner Mauer [1989]“. Und: „Weitgehend in Vergessenheit ist geraten, dass – auch an einem 9. November – ein Vorkämpfer der Demokratie ermordet wurde: Robert Blum.“ Es wäre absolut unangemessen, diese Erinnerungsdaten miteinander zu verrechnen, eine Art Plus-Minus-Rechnung aufzumachen. Etwas anderes gilt: Die Verhinderung (1848) bzw. die Zerstörung der Weimarer Demokratie waren die Voraussetzung für die Etablierung einer halbabsolutistischen Monarchie in der zweiten Hälfte des 19. und das Vernichtungswerk des Faschismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1918 und 1989 wiederum stehen für eine andere Problemstellung: Während Philipp Scheidemann am 9. November 1918 die „deutsche Republik“ ausrief, proklamierte Karl Liebknecht etwas später am selben Tag die „freie sozialistische Republik“ – freilich ohne nachhaltige Wirkung. Die hier offenbar werdenden Gegensätze in der Arbeiterbewegung, von denen der Faschismus profitierte, verhinderten einen historischen Kompromiss zwischen Demokratie und Sozialismus, den auch unter anderen Vorzeichen die DDR nicht zu realisieren vermochte. Der 9. November 1989 war die ‚logische‘ Konsequenz.

Die Erinnerung an den 9. November als dem ‚Schicksalstag‘ der deutschen Geschichte wird immer verbunden sein mit der Frage nach der Zukunft der Nation. Wird sie aufgehen in den „Vereinigten Staaten von Europa“, die von Ernest Renan in seiner berühmten Rede über das Prinzip „Nation“ als „wahrscheinlich“ prognostiziert wurden? Wird es möglich sein, die Verbindung von Demokratie und Sozialismus unter den Bedingungen der „Klima-Krise“ auf die Tagesordnung der politischen Agenda zu setzen? Andeutungsweise, aber mit Optimismus hat die jüngste Abgeordnete im Bundestag, die 23-jährige Emilia Fester von den Grünen, auf der offiziellen Gedenkveranstaltung im Schloss Bellevue diese Problemstellung angesprochen. „Sie betonte in ihrer Ansprache, die derzeitigen Probleme wie die Klimakrise und die ungleiche Verteilung von Reichtum seien lösbar. Ein ‚Weiter-So‘ gehe aber nicht. Auch daran erinnere der 9. November 1918.“

Das vorliegende Heft des DISS-Journals ist kein Gedenkheft zum 9. November. Gleichwohl ist dieser Tag, um es mit dem Bundespräsidenten zu formulieren, auch für uns „ein Tag zum Nachdenken über unser Land“. Es kommt aber darauf an, über welche Fragen und wie nachgedacht werden muss. Über Beiträge aus dem Kreis der Leserschaft des DISS-Journals würden wir uns freuen.

Helmut Kellershohn

 

Inhalt

Ökotechnokratie
‚SMARTE ÖKOLOGIE‘
Von Guido Arnold

Der Reset der Großen Transformation
Von Andrea Becker

Ein- und Ausschließungsmuster in der Bevölkerung
Von Peter Höhmann

Etwas mehr Diversität im Bundestag
ABER DER FLÜCHTLING TAREQ ALAOWS MUSS SEINE KANDIDATUR ZURÜCKZIEHEN

Stolpersteine für schwule Männer
AUCH IN DUISBURG NICHT LÄNGER VERSCHWIEGEN
Von Jürgen Wenke

Gleichstellung oder Ökonomie
DIVERSITÄTSKONZEPTE INTERNATIONALER UNTERNEHMEN IM VERGLEICH
Von Sarah Bungard

Tragische Einzelfälle?
WIE MEDIEN ÜBER GEWALT GEGEN FRAUEN BERICHTEN.
Christine E. Meltzer: Tragische Einzelfälle?
Rezension von Louisa Brand

Moria. System. Zeugen.
EIN BILDBAND ÜBER DAS FLÜCHTLINGSLAGER MORIA
Martin Gerner: Moria. System. Zeugen.
Rezension von Benno Nothardt

Von „America First“ zu „America Second?“
DIE USA, CHINA UND DER WELTMARKT
Christoph Scherrer: America Second?
Rezension von Wolfgang Kastrup

Arbeiter*innen und ihre Sympathien für die radikale Rechte
„IN DER WARTESCHLANGE“
Klaus Dörre: In der Warteschlange.
Rezension von Wolfgang Kastrup

„Mythos Mitte“ und die Klassenfrage
Ulf Kadritzke: Jenseits von „Mitte und Maß“.
Rezension von Wolfgang Kastrup

Thomas Biebricher: Die politische Theorie des Neoliberalismus
Rezension von Helmut Kellershohn

Liberale Traditionen und Faschismus
EIN ISRAELISCHER HISTORIKER THEMATISIERT EINEN BRISANTEN ZUSAMMENHANG
Ishay Landa: Der Lehrling und sein Meister.
Rezension von Helmut Kellershohn

Philosophische Aufarbeitung:
Ethik und Ethiken im Nationalsozialismus
Werner Konitzer u.a. (Hg.): Vermeintliche Gründe.
Rezension von Stefan Vennmann

Neues aus dem Institut

DISS-Kolloquium
„DIE CORONA-KRISE – DER WEG IN EINE NEUE NORMALITÄT?“