Veranstaltung: Tagung zur Medienberichterstattung über Griechenland

Am Freitag, 26. Juni 2015, findet eine Tagung der Fakultät für Kulturwissenschaften an der TU Dortmund statt zum Thema

Wie ‚einäugig‘ ist die deutsche Medienberichterstattung zu Griechenland?
Kultur- und Medienwissenschaftliche Analysen

Im Rahmen dieser Tagung werden auch zwei Mitarbeiterinnen des DISS referieren.
Margarete Jäger und Regina Wamper sprechen zum Thema:
Von Schuljungen, Halbstarken und Reuro-Rebellen
Der Griechenlanddiskurs in der Süddeutschen Zeitung.

Ort:
Technische Universität Dortmund
Internationales Begegnungszentrum
Emil-Figge-Str. 59
44227 Dortmund

Die weiteren Vorträge entnehmen Sie bitte dem hier abgebildeten Tagungsflyer (für eine vergrößerte Darstellung bitte auf die Abbildung klicken).

griechenland-tagung1

 

griechenland-tagung2

P.S.: Der Vortrag von Jürgen Link ist inzwischen als Video abrufbar: Die deutschen Mainstreammedien und Griechenland. Arbeit an der Normalisierung einer ’nicht normalen‘ Regierung

 

Die Rede von der gesunden deutschen Nation

Eine kritische, diskursanalytische Skizze zu einer Rede von Joachim Gauck.

Von Sebastian Reinfeldt

„Man vergisst nicht, wenn man vergessen will…“ (Friedrich Nietzsche)

Diese kritische, diskursanalytische ((Zur kritischen Diskursanalyse siehe: Siegfried Jäger, Kritische Diskursanalyse. Duisburg/Münster 2004; Jürgen Link, Versuch über den Normalismus. Wie Normalität produziert wird. Göttingen 2006; Sebastian Reinfeldt, Nicht-Wir und Die-da, Wien 2000)) Skizze entsteht im Februar 2012, in einer Situation, in der klar ist, dass es einen Kandidaten der politischen Mehrheit für das Amt des deutschen Bundespräsidenten geben wird – den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck, der bereits zur Wahl angetreten, aber damals gegen den späteren Bundespräsidenten Wulff unterlegen war. Eigentlich ein Ereignis, das auf eine zwischenzeitliche Verschiebung der innenpolitischen Kräfteverhältnisse in Deutschland hinzudeuten scheint, und der bedeuten kann, dass die regierende politische Konstellation die Führung verloren haben könnte.

Unerwartet und spontan war diese gemeinsame Nominierung des eigentlichen (SPD und Grünen-) Oppositionskandidaten, und zwar deshalb, weil sie nur dadurch möglich wurde, dass der regierende Block auseinander bricht und der von ihr gewählte Bundespräsident an seinen Ungeschicklichkeiten scheitert.

Machtpolitisch sieht es daher wie ein Sieg der Opposition aus, und auch die medial erzeugte Zustimmung zu dem Kandidaten (den die Kanzlerin Angela Merkel zuerst nicht gewollt hatte) scheint anzuzeigen, dass hier etwas im politische Gefüge passiert ist, von dem der zu wählende Person nur ein Symptom darstellt.

Nur ein Symptom? Vielleicht. Aber auch dieses Symptom zu verstehen scheint nicht so leicht zu sein. Ist ein neuer politischer Krisen-Block aus CDU+CSU+SPD+Grüne+FDP entstanden, der in Zukunft „harte Entscheidungen“, die in Zeiten der Krise notwendig gemacht werden, gemeinsam abstimmt und der sich den Kandidaten Gauck als „Mittler“ gesucht hat?

Die Aufregung über dessen Nominierung in den Medien und im Internet könnte bedeuten, dass sich hier eine hegemoniale Verschiebung ereignet hat, die nachhaltig wirken und den politischen Diskurs formen wird. Immerhin wird dies ein Präsident einer deutlichen Mehrheit der Bundesversammlung sein, und man erwartet, dass „er“ „etwas mit Substanz“ zu sagen habe.

Deshalb scheint es lohnend, den Diskurs dieses Präsidenten der parlamentarischen Mehrheit zu analysieren, und zwar anhand einer Rede, die einen Kern des Selbstverständnisses Deutschlands betrifft: den Umgang mit der Vergangenheit. Der Bezug ist eine Rede, die Joachim Gauck 2006 bei der Robert Bosch Stiftung gehalten hat. „Die Rede von der gesunden deutschen Nation“ weiterlesen

Begeisterung bei Diskurswerkstatt – trotz Hochschulreform (Rom 2011)

Autor: Jörg Senf 

Wie in Deutschland, so macht sich derzeit auch in Italien die Hochschulreform speziell im geisteswissenschaftlichen Lehrbetrieb nachteilig bemerkbar. Die nunmehr in Kraft getretene Riforma Gelmini (Mariastella Gelmini, Ministerin für Bildung, Universität und Forschung) – gegen die im November-Dezember 2010 erstmalig seit vielen Jahren wieder massive Studentendemonstrationen stattgefunden hatten, von den Berlusconi-Medien sogleich gründlich umdiskursiviert durch gezielte Feindbild- und Krisenkonstruktion („Studenten potenzielle Mörder“) – hat einen Abbau besonders der discipline umanistiche noch verschärft, wie er bereits seit Einführung des europäischen Bachelor-Master-Systems zu beobachten ist. Studierende wie Lehrpersonal sehen sich in einer fortschreitend prekären Lage: Seit Jahren weiß niemand, was die Studienordnung im jeweils nächsten Semester bringen wird. Die Motivation zum Studium reduziert sich entsprechend auf ein recht lustloses Abhaken der erforderlichen Kreditpunkte, wo möglich über den Weg des geringsten Widerstandes.
Umso bemerkenswerter, ja nahezu verwunderlich, erscheint es da, wenn sich Studierende – trotz (oder gerade wegen?) dieses wenig anregenden Klimas – mit manifester Begeisterung ihren (kulturwissenschaftlichen) Studien und Recherchen widmen. Gerade dies ist nun in der diesjährigen Diskurswerkstatt an der römischen Universität „Sapienza“ geschehen! Ein Enthusiasmus, eine konstruktive Mit- und Zusammenarbeit, wie ich sie in meiner 20jährigen Lehrtätigkeit in  diesem Ausmaß bis dahin nur selten angetroffen hatte.
Die Diskurswerkstatt, die ich in Rom seit drei Jahren als Fortgeschrittenen-Seminar anbiete, fand diesmal im reformierten Fachbereich Studi Politici im Rahmen der Wahl-Lehrveranstaltung „Weitere Sprachkenntnisse Deutsch“ statt: 4 Kreditpunkte, Note nicht vorgesehen (lediglich der Vermerk „erfolgreich teilgenommen“).  Recht geringe Aussicht auf abrechenbaren Profit also, was die 5-6 teilnehmenden Studierenden jedoch keineswegs daran hinderte, mit Begeisterung bei der Sache zu sein.
Zur theoretisch-methodischen Einführung in die Diskurswerkstatt wurden zunächst die Grundlinien der Duisburger KDA vorgestellt ((Unter anderem nach SENF, J. (in Vorbereitung) Analisi critica del discorso. Approccio linguistico didattico a un testo di S. Jäger )), wobei die reichliche Lektüre authentischer DISS-Texte dem Anspruch eines fortgeschrittenen universitären Deutsch-als-Fremdsprache-Kurses besonders in terminologischer Hinsicht (Fachsprachen-Kompetenz) förderlich war.
Gleichzeitig begann die konkret aktive Werkstatt-Arbeit, ausgehend von der Wahl eines brisanten Diskursstranges, der nicht nur zum Kursbeginn, März 2011, aktuell war sondern die italienischen Medien noch voraussichtlich bis Mai beschäftigen sollte. Zwei kamen in die nähere Wahl: Immigrazione (anhaltende Medienberichte zur Immigration aus Nordafrika, auf nicht selten versinkenden Booten) und Rubygate (fortdauernde Berichterstattung und Kommentare zur Minderjährigen-Affäre des Premiers Berlusconi). Die Teilnehmer entschieden sich mehrheitlich für letzteres Thema, das ja bereits in der Diskurswerkstatt des Vorjahres ansatzweise thematisiert worden war ((Siehe hierzu SENF, J. (2011) Das Ende der Berlusconi-Ära Deutungskämpfe und Sagbarkeitsfelder in den italienischen Medien in Rolf van Raden/ Siegfried Jäger (Hg.): Im Griff der Medien. Krisenproduktion und Subjektivierungseffekte, Münster: Unrast-Verlag)) und das – besonders relevant an einer Facoltà di Scienze Politiche, Sociologia e Comunicazione – in den kommenden Monaten noch weitere interessante Verschränkungen zu Diskursen um Zustand und Rolle der Institutionen, Parlamentsmehrheit und, allgemein, politische Ethik versprach.
In zwei Arbeitsgruppengruppen sammelten die Teilnehmer darauf hin über drei Monate hinweg eifrig Zeitungsartikel, einerseits aus der hegemonialen Berlusconi-Presse (insbesondere Il Giornale), zum anderen aus den linksliberal oppositionellen Blättern (insb. La Repubblica), um anschließend dann – Siegfried Jägers Werkzeugkiste an der Hand – die sprachlich diskursiven Merkmale der medialen Deutungskämpfe heraus zu arbeiten und in der Folge diskursanalytisch zu deuten.
Ende Mai legten die Teilnehmer der Diskurswerkstatt ihre schriftlichen Ausarbeitungen vor. Als Ergebnis einer lediglich etwa 25 Stunden (plus intensiver Hausarbeit) umfassenden Lehrveranstaltung können diese – überdies in der Fremdsprache Deutsch verfassten – Analysen sicherlich noch keine ausgereifte Wissenschaftlichkeit beanspruchen; doch dieser Aspekt erscheint mir in vorliegendem Fall auch eher zweitrangig. Als prioritären  „Lernerfolg“ würde ich dagegen die Tatsache werten, dass Studierende – trotz erschwerender Umstände gerade in den Geistes- und Kulturwissenschaften – (wieder) Motivation und Lust zum Studium an den Tag legen.
Der Eindruck solch autotelischer (nicht profitgebundener) Begeisterung fand dann auch Bestätigung in dem durchweg positiven expliziten Feedback seitens der an der Diskurswerkstatt teilnehmenden Studierenden. Als Grund ihres so manifesten Eifers war unter anderem zu hören: „Wissen Sie, hier an der Fakultät  werden doch sonst nur alte Kamellen gelehrt“.
Kritische Ansätze und Methoden, die wie die KDA aussichtsreich auf die gesellschaftliche Wirklichkeit applizierbar sind, werden ganz offenbar von der studierenden Jugend derzeit dankbar aufgenommen. Könnte eine solche Deutung verallgemeinerbar sein? Bleiben dergleichen Episoden auf das im immobilismo politico verstrickte Italien beschränkt? Deuten sie möglicherweise auf eine politisch soziale Aufbruchstimmung (ausgehend vom arabischen Frühling) im Mittelmeerraum hin? Diese und ähnliche Fragen möchte ich offen lassen.

Prof. Jörg Senf
Università di Roma “Sapienza”
Facoltà di Scienze Politiche, Sociologia, Comunicazione
Dipartimento di Studi Politici
P.le Aldo Moro 5 – 00185 Roma
E-Mail: jorg.senf@uniroma1.it

Neuerscheinung: Freedom of Speech

Marius Babias, Florian Waldvogel (Hg.): Freedom of Speech

Mit Beiträgen des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung. 176 Seiten, mit farb. Abb., Klappenbroschur, 19,80 EUR, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2011, ISBN 978-3-86560-830-7

Cover Babias/Waldvogel (Hg.): Freedom of Speech
* Siegfried Jäger, Jobst Paul, Rolf van Raden, Regina Wamper: Beyond Freedom of Speech. *Eine Utopie der sozial-diskursiven Wahrhaftigkeit*
* Regina Wamper: *Der Karikaturenstreit*
* Regina Wamper: *Olaf Metzel, Turkish Delight*
* Rolf van Raden: *Porno, Politik und freie Rede. Von der Bill of Rights zu den Hustler-Prozessen*
* Rolf van Raden: *Battlefield Stars and Stripes. Künstlerisch-politische Aneignungen der US-Flagge*
* Regina Wamper: *Revolutionary Art Is a Returning from the Blind. Emory Douglas und die Black Panther Party (for Self-Defense)*
* Rolf van Raden: *Pop Meets Authority. Sister Corita Kent und der katholische Widerstand*
* Regina Wamper: *’Die Protokolle der Weisen von Zion‘, der moderne Antisemitismus und ‚Die wahre Geschichte der Protokolle der Weisen von Zion’*
* Rolf van Raden:* Zwei ungleiche Geschwister. Christoph Schlingensiefs ‚Bitte liebt Österreich‘ und ‚NAZI~LINE/Hamlet’*
* Regina Wamper: *Martin Kippenberger, ‚Ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz entdecken’*
* Regina Wamper: *Hans Haake. Ökonomie, Kultur und Kritik*
* Regina Wamper: *Maria Eichhorn, ‚Prohibited Imports’*
* Rolf van Raden: *Silke Wagner, ‚bürgersteig’*
* Rolf van Raden: *Zur Flexibilität des Rechts. Silke Wagners ‚Schutzehe‘-Projekt*
* Rolf van Raden, Regina Wamper: *Zwischen Protest, Authentizität und Diskursintegration. Mark Wallingers Installation ‚State Britain’*
* Tom Kummer: *Die Wahrheit imaginieren*

Die Publikation analysiert das Konzept der Redefreiheit sowie die ideologische Rolle, die sie in den westlichen Demokratien heute spielt. Sie stellt dabei Beispiele der Medienberichterstattung, historische Ereignisse und künstlerische Positionen in Kontext mit- und zueinander. Wo liegen die Grenzen der Redefreiheit? Gilt sie zum Beispiel auch für die Verbreitung von rassistischen Stereotypen? Lassen ihre Grenzen nur gesetzlich abstecken oder auch moralisch? Im Kern geht es dabei auch um die Frage, wer in den Grenzen eines institutionellen Systems, in dem jede und jeder berechtigt ist, die eigene Meinung zu äußern, tatsächlich auch in der Lage ist, Wahrheiten zu erkennen, zu sagen und an ihrer Produktion mitzuwirken.

In seinen Berkeley-Vorlesungen widmete sich Michel Foucault dem Begriff der Parrhesia und der „Freimütigkeit beim Sprechen der Wahrheit“. Dabei beschrieb er die Praxis der Parrhesia als Bewegung von einer politischen zu einer persönlichen Technik – und als institutionelles Recht, bei dem die Wahrsprechenden eine höher positionierte Institution kritisieren oder die riskante Widerrede im politischen Sinn ausüben. Seit 1987 widmet sich das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) der diskursanalytischen Untersuchung von Medienberichten, Alltagssprachen und gesellschaftspolitisch relevanten Themen. Als Methode entwickelte es in Anlehnung an Michel Foucault die Kritische Diskursanalyse. Der Ansatz geht davon aus, dass Diskurse auf Subjekte wirken, indem sie Menschen „Wahrheiten“ auferlegen. Das Aufdecken jener „Wahrheiten“ sowie die Anbindung an Machtmechanismen und Institutionen ist eine der wesentlichen Elemente der Untersuchung. Das Buch ist ein Ergebnis der Kooperation des DISS mit dem Hamburger Kunstverein und dem Neuen Berliner Kunstverein.

DJ20: Diskursanalyse und Politikwissenschaft

Methodologische Anmerkungen zu einem schwierigen Verhältnis

Autor: Jens Zimmermann

Qualitative Methoden haben es in der deutschen Politikwissenschaft traditionell schwer. Zumindest in der empirischen Politikforschung liegt der Fokus meist und gerne auf quantitativer Wahl- und Umfrageforschung. Dafür gibt es mehrere Gründe. Nur wenige politikwissenschaftliche Forschungsarbeiten integrieren eine explizit methodologisch und theoretisch reflektierte Perspektive auf ihren Gegenstand (vgl. Kittel 2009 und Nullmeier 2006, 287).

Darüber hinaus hat eine Rezeption von Theorien im Kontext des „DJ20: Diskursanalyse und Politikwissenschaft“ weiterlesen

Neuerscheinung: Die Regierung der Prekarität

Ab sofort lieferbar:

Niels Spilker
Die Regierung der Prekarität

Zur neoliberalen Konzeption unsicherer Arbeitsverhältnisse

ISBN: 978-3-89771-756-5
Ausstattung: br., 160 Seiten
Preis: 18.00 Euro
Edition DISS Band 27

Wie genau entwerfen Erfolgsratgeber das unternehmerische Selbst? Wie wird Menschenführung in prekären Arbeitsverhältnissen konzipiert? Und in welchen gesellschaftlichen Verhältnissen können diese neuen Technologien der Regierung überhaupt wirkmächtig werden?

Buchcover - Niels Spilker: Die Regierung der Prekariarität Niels Spilker untersucht Subjektivierungsformen im Postfordismus. Die Begriffe Regierung und Gouvernementalität dienen dabei als Scharnier, welches die hegemonietheoretischen Arbeiten des Regulationsansatzes und die Machtanalyse Foucaults verbindet. Kritisch anknüpfend an die Arbeiten der governmentality studies untersucht er den Diskurs der Führung und des Selbstmanagements im Kontext seiner Aneignungs- und Anwendungsbedingungen.

Prekarisierung als „zum allgemeinen Dauerzustand gewordene Unsicherheit“ (Bourdieu) legt die vorgestellten Technologien der Fremd- und Selbstführung nahe und plausibilisiert das Diktat der Optimierung, der Flexibilität und des individuellen Erfolgs. Gleichzeitig verwickelt sie Subjekte reihenweise in Probleme. Es entsteht also eine neue Architektur der Macht. Und es entstehen neue Risse, potentielle Brüche und somit auch Anknüpfungspunkte für Widerspruch und Widerstand.

Bitte bestellen Sie den Band in Ihrer Buchhandlung oder direkt beim Verlag unter: http://www.unrast-verlag.de/unrast,2,351,16.html

http://www.unrast-verlag.de/unrast,2,351,16.html

Thesenpapier zur Rolle der Medien im Integrationsprozeß

Der folgende Text bildete die Grundlage für ein Impulsreferat bei der Eröffnung der Duisburger Interkulturellen Woche am 21.9.2010 in der „Black Box“ des „Kleinen Prinzen“. Die anschließende Podiumsdiskussion relativierte und/oder bestritt die vorgetragenen Thesen zum Teil heftig, allen voran der Stellvertretende Chefredakteur der WAZ, Wilhelm Klümper, der Gutmenschentum, 1968 und Political Correctness in seinen Redebeiträgen deutlich kritisierte. Das Podium war nahezu ausschließlich von lokalen Journalistinnen besetzt.

(Den Bericht auf dem Portal der WAZ-Mediengruppe Der Westen über die Veranstaltung finden Sie hier: http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/Medienberichte-schueren-oft-Rassismus-id3745341.html)

Die Rolle der Medien im Integrationsprozess
(Thema der Eröffnungsveranstaltung)

Thesenpapier zur Podiumsdiskussion am 21.9.10 in Duisburg

Autor: Siegfried Jäger

Vorbemerkung:

Meine folgenden knappen Thesen, um die mich die Veranstalter zur Einstimmung gebeten haben, stützen sich auf empirische wissenschaftliche Diskurs-Analysen der Medien zum Thema Einwanderung, Flucht und Asyl wie sie von mir und anderen im Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung und andernorts seit etwa 1985 durchgeführt worden sind. Diese Thesen bringen auf den Punkt, welche Meinungen zu dieser Thematik in zentralen Medien in Deutschland geäußert worden sind.

Zu diesem Stichwort, also zu Meinung, möchte ich eine These voranschicken, ehe ich mich auf die Stichwörter beziehe, die mir von den Veranstaltern vorgegeben worden sind.

In Artikel 5, Absatz 1 des GG heißt es:

„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten … Eine Zensur findet nicht statt.

Im 2. Absatz heißt es aber: „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze ..“

Bei den Grundrechten heißt es, ich erinnere: 1. Die Würde des Menschen ist unantastbar…. Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“

Auf diesem Hintergrund ist auch die Presse und Meinungsfreiheit zu verstehen. Sie ist also nicht absolut frei, wie häufig behauptet wird: Sie findet ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Diese Schranken werden von den Medien oftmals nicht eingehalten, insbesondere wenn es um den sog. Integrationsprozess geht.

1. Erscheinungsbild von Migrantinnen und Migranten in den Medien

Ich komme nun zur ersten These, Stichwort Erscheinungsbild von Migrantinnen und Migranten in den Medien.

In den Printmedien, aber nicht nur dort, werden Einwanderer und Einwanderinnen, oftmals diskriminiert und rassistisch ausgegrenzt. Wegen des großen Einflusses auf das Bewusstsein der breiten Masse der Bevölkerung, kann man insofern sagen, dass es in Deutschland neben einer ethisch und grundgesetzlich verantwortlichen Meinungs- und Pressefreiheit auch eine ethisch nicht zu verantwortende Meinungs- und Pressefreiheit gibt.

2. Beitrag der Medien zur Normalität/Nichtnormalität

Die Medien tragen erheblich dazu bei, in unserer Gesellschaft für die Unterscheidung von Normalität und Nichtnormalität zu sorgen. Doch auch das ist zwiespältig. Denn als normal wird in den Medien oftmals auch das dargestellt, was rassistisch und nicht rassistisch ist. So wird z.B. behauptet, dass es so etwas wie einen „demokratischen Rassismus“ gebe, Rassismus also in gewisser Weise zur Normalität gehöre. Das mag zwar, statistisch gesehen, stimmen. Das kann man jedoch angesichts der Tausenden von rassistisch motivierten Gewalttaten und Brandanschlägen und mehr als 100 Todesopfern rassistischer Verbrechen seit 1990 nicht als normal und demokratisch bezeichnen.

Denn solche Verbrechen sind gewiss nicht normal im Sinne von menschenfreundlich. Da Rassismus aber auch von den Medien geschürt wird, lässt sich schließen, dass die Medien auch zur Nichtnormalität in unserer Gesellschaft beitragen.

3. Islamdiskurs (Transport von Vorurteilen)

Der mediale Islamdiskurs ist ein Teil des menschenverachtenden rassistisch getönten Einwanderungs-Diskurses. Er betont besonders nur einen Aspekt dieses Diskurses, nämlich die religiöse Komponente, verzichtet aber auch nicht auf sonstige, im rassistischen Diskurs vorhandene Diskriminierungen und Ausgrenzungsargumente.

4. Überhöhung in positiven/negativen Sinn

Ich nenne dazu nur ein Beispiel, den Kriminalitätsdiskurs in den Medien: Hier werden Straftaten von EinwanderInnen oft mit der Herkunft der Täter in Verbindung gebracht, auch wenn sie damit überhaupt nichts zu tun haben. Ferner werden die Straftaten von Einwanderern deutlich drastischer dargestellt als die von deutschen Straftätern. Es handelt sich also signifikant häufig um negative Überhöhungen und um völlig unzulässige Assoziationen von Herkunft und Straftat.

5. Rolle/Verantwortung der Medien

Zur Rolle und Verantwortung der Medien habe ich einleitend aus dem GG zitiert. Ich vertiefe das nur noch ein wenig, indem ich mich auf auf eine Aussage des Bundesverfassungsgerichts beziehe (7/198/2008), in der es heißt: „… das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (ist) eines der vornehmsten Menschenrechte … und für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend, weil es erst die ständige geistige Auseinandersetzung, das Lebenselement der Demokratie, ermöglicht.“

Ich erinnere jedoch: Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze …“ In Artikel 3, Absatz 3 aber heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Wobei der Begriff Rasse eigentlich nicht mehr ins Grundgesetz gehört, denn es ist erwiesen, dass es menschliche Rassen nicht gibt.

6. Frage: Wer transportiert was?

Das Thema „Wer transportiert was? Ist so etwas vage formuliert. Ich gehe einmal davon aus, dass damit gemeint ist, welchen positiven oder negativen Beitrag die Medien, alle Medien, für die Aufnahme von Einwanderinnen und Einwanderern in unsere Gesellschaft leisten. Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass die Medien mehr oder minder uni sono unkritisch und weiter diskriminierend und rassistisch die Vorgaben der Regierungen zur Einwanderungspolitik in die Bevölkerung hinein transportieren. Diese Vorgaben sind jedoch im Resultat dafür verantwortlich, dass die Aufnahme von Einwanderern und Einwanderinnen in unsere Gesellschaft so schleppend und oftmals undemokratisch verläuft. Dominant sind dabei Kosten-Nutzenkalküle und nicht die Allgemeinen Menschenrechte, auf die sich das Grundgesetz immer noch stützt. Insgesamt kann man sagen, wie dies der freie Journalist Tom Schimmeck in seinem soeben erschienenen Buch behauptet, dass die Medien „kleinmütig und heruntergekommen“ sind und das bedeute, völlig unkritisch gegenüber der herrschenden Politik. Es herrsche nur das „Phantom der Pressefreiheit“.

7. Beitrag zur friedlichen Gesellschaft

Der Beitrag der Medien zur friedlichen Gesellschaft ist demnach, was das Thema Einwanderung betrifft, unterm Strich eher als eher kontraproduktiv einzuschätzen. Da sie aber zur großen „Verdummung“ der Bevölkerung beitragen, kann man vielleicht auch sagen, dass sie insgesamt zu einer politisch aphatischen Gesellschaft beitragen.

8. Manipulation

Abschließend das Thema „Manipulation“ durch Medien! Günter Wallraff glaubt feststellen zu können, dass die Medien, insbesondere BILD, nicht mehr so stark manipulieren wie in den 60er Jahren, was Fälschung und Verzerrung von Statistiken und offene Lügen angeht.

Da mag Günter Wallraff Recht haben. Durch die ständige Wiederholung von Stereotypen und Vorurteilen tragen sie jedoch erheblich dazu bei, dass sich in den Köpfen der Menschen Vorurteile verfestigen, wie sie natürlich mit dem Grundgesetz und den Allgemeinen Menschenrechten nicht zu vereinbaren sind.

Literatur:

Siegfried Jäger/Dirk Halm (Hg,): Mediale Barrieren. Rassismus als Integrationshindernis, Münster (Unrast), 2007 Margret Jäger/Gabriele Cleve/Ina Ruth/Siegfried Jäger: Von deutschen Einzeltätern und ausländischen Banden, Duisburg (DISS), 1998 Website des Projekts „Migration, Integration und Medien

Netzfundstück: Protonormalistische Anten

Jürgen Link schreibt in seinem Blog Bangemachen gilt nicht zur aktuellen Debatte um die Äußerungen von Thilo Sarrazin:

Nun verteidigen sie ihre “Migrantinnen und Migranten” gegen Sarrazin, unsere Migrantinnen- und Migranten-Forscherinnen und -forscher, verliebt wie sie sind in ihren Begriff “Migrantinnen und Migranten”. Der klingt ja auch so wissenschaftlich, genau wie Repräsentant und Signifikant. Damit kann man vielleicht sogar Exzellenz werden, mit der Migrantinnen- und Migrantenforschung, insbesondere der Migrantinnen- und Migranten-Kinder-Defizite-Forschung. Bloß: Warum kommt das bei “den Menschen” (Angela Merkel) irgendwie schlecht an und wirkt vielleicht sogar wie Wasser auf Sarrazins Mühle?

Weil es die Anten in der deutschen Sprach-, Diskurs- und Kulturgeschichte so in sich haben.

[…]

Warum scheut der “deutsche” Diskurs die sehr deutschen Signifikanten EINWANDERER UND EINWANDERINNEN wohl so sehr? So sehr, dass er selbst dort, wo er ein deutscheres Wort als “Migranten” vorzieht, pedantisch und skrupulantisch “Zuwanderinnen und Zuwanderer” sagen muss? (Während er Auswanderer glatt über die Zunge bringt – und nicht etwa Abwanderer sagen muss.)Etwas theoretischer gefasst: Die Anten gehören diskurshistorisch zum Protonormalismus, d.h. zu jener Auffassung von “Normalität”, die auf starren Grenzen von Normalitäts-Klassen auch innerhalb einer “Population” beruht. (Ausführlich dargestellt im “Versuch über den Normalismus”.) Also genau zu jener Spielart des Normalismus, für die Sarrazin plädiert, deren Wiederbelebungs-Manifest er gerade publiziert hat. Wenn irgendeinem, dann passen ihm die MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN glatt ins Konzept – egal ob gegen oder “für” sie plädiert wird.

Lesen Sie den vollständigen Text von Jürgen Link: “Migrantinnen und Migranten”: In diesem Zeichen können sie nur verlieren

Zum Bochumer Tortenprozess

Neues Bilderverbot durch Bochumer Tortenprozess:
Stehen wir vor einer Einschränkung der Pressefreiheit?

Autor: Rolf van Raden

Vor dem Bochumer Amtsgericht hat am Mittwoch ein Aufsehen erregender Prozess stattgefunden: Der verantwortliche Redakteur des lokalen Internetportals bo-alternativ ist zu einer Strafe von 1.500 Euro verurteilt worden, weil er ein Anti-Nazi-Plakat dokumentiert hat. Auf dem Plakat ist eine Comicfigur zu sehen, die eine Torte in der Hand hält. In den Augen der Staatsanwaltschaft und der Richterin stellt die Abbildung auf dieser Seite aus dem Jahr 2008 einen „Aufruf zur gefährlichen Körperverletzung“ dar.

http://www.bo-alternativ.de/aktuell/wp-content/uploads/2008/10/nazistopp.jpg
„Aufruf zur gefährlichen Körperverletzung“? Die dokumentierende Abbildung dieser Grafik soll strafbar sein.

Es handelt sich bereits um den dritten Prozess zum Thema – vor einem Jahr gab es bereits einen Freispruch, worauf die Staatsanwaltschaft allerdings Revision einlegte. Der beschuldigte Redakteur hat jetzt angekündigt, gegen das neue Urteil selbst in Berufung zu gehen. Sollte die Verurteilung vor weiteren Instanzen Bestand haben, könnte das die Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland empfindlich einschränken.

Die Anklage der Bochumer Staatsanwaltschaft (hier im Wortlaut) stand von Anfang an unter massiver Kritik. In einer Solidaritätserklärung bewerteten eine Reihe prominenter Persönlichkeiten den Prozess als einen „Affront gegen die Menschen, die sich am 25. Oktober in Bochum und an anderen Tagen in anderen Städten den Nazi-Aufmärschen entgegen stellten.” Andere BeobachterInnen weisen darauf hin, welche politischen Folgen die Verurteilung haben kann: Wenn nämlich schon die Abbildung einer Comicfigur mit einer Torte in der Hand dazu ausreicht, um das Recht auf Äußerungsfreiheit im Internet einzuschränken, dann wäre der behördlichen Willkür Tür und Tor geöffnet.

Die Anklage hat die Abbildung einer Torte zu einer „getarnten Bombe“ umgedeutet. Damit aber nicht genug. Denn im nächsten Schritt erklärte die Staatsanwaltschaft die angebliche Bombe zu einem verbotenen Aufruf, „Gegenstände, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen oder Beschädigung von Sachen geeignet und bestimmt sind, ohne behördliche Genehmigung mit sich zu führen und diese zur Begehung von Vergehen der gefährlichen Körperverletzung einzusetzen“. In einfache Sprache übersetzt behauptet die Staatsanwaltschaft: Indem das Internetportal das Plakat dokumentiert, rufe es dazu auf, mit Waffen zur Demo zu gehen und diese zu benutzen.

Kommt die Staatsanwaltschaft mit dieser obskuren Argumentation durch, wäre künftig keine grafische Veröffentlichung mehr vor solch aggressiver Interpretation und Umdeutung geschützt. Ein Plakat mit einer erhobenen Faust? Klar, da holt jemand zum Schlag aus. Es droht ein neues Bilderverbot für politische Publikationen. Und noch mehr: Die Strafverfolgungsbehörden bekämen ein einfaches wie mächtiges Instrument an die Hand, um politisch missliebige Äußerungen weitgehend willkürlich zu kriminalisieren. Das wäre eine massive Einschränkung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit – und weil es sich bei dem Angeklagten ja nicht einmal um den Plakat-Urheber, sondern lediglich um den Redakteur eines Internetportals handelt, auch um eine Aushebelung der Pressefreiheit.

Der Diskursanalytiker und Herausgeber der Zeitschrift kultuRRevolution Jürgen Link ging noch einen Schritt weiter. Bereits anlässlich des ersten Tortenprozesses vor einem Jahr veröffentlichte er eine „Diskursanalytische Wortmeldung“, in welcher er deutlich machte: Selbst, wenn auf dem Plakat tatsächlich eine Bombe zu sehen wäre, würde es sich dadurch nicht um einen Aufruf zu Gewalt handeln – weil bei einer Interpretation immer Kollektivsymboliken und diskursive Kontexte zu berücksichtigen sind. Um das zu verdeutlichen, überträgt Link das Argumentationsmuster der Staatsanwaltschaft probeweise auf eine Karikatur, welche die WAZ elf Jahre zuvor veröffentlicht hatte. In der Grafik ist der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe zu sehen, der den im Rollstuhl sitzenden Wolfgang Schäuble mit einem Panzer bedroht. Folge man der Logik der Bochumer Staatsanwaltschaft, stelle diese Veröffentlichung „zweifelsfrei sogar einen Aufruf zum Mord dar.“ Jürgen Link weiter: „Staatsanwältin W. weiß nicht, dass Karikaturen Konflikte symbolisch darstellen und dazu groteske Übertreibungen als ihr wesentliches Mittel einsetzen müssen. ‚Panzer’ bedeutet symbolisch ‚große Entschlossenheit’ (und nicht: realer Panzereinsatz!!!) – Torte mit Lunte bedeutet symbolisch ‚Entschlossenheit mit Spaß’ (erheblich kleinere als Panzer!!!), und nicht realen Terrorismus! Man muss schon nicht bloß völlig humorlos, sondern außerdem diskursanalytisch eine Null sein, um derart danebenhauen (keine Unterstellung, Staatsanwältin W. habe wirklich zugeschlagen!!!) zu können.” Zum vollständigen Text von Jürgen Link.

Ob die Staatsanwaltschaft und die vorsitzende Richterin tatsächlich diskursanalytische Nullen sind, oder ob es andere Gründe dafür gibt, dass sie eine Interpretation des Plakats für gültig erklären, die überhaupt nichts mit der tatsächlichen diskursiven Wirkung der Veröffentlichung zu tun hat, das kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Fest steht jedenfalls, dass die Demonstration, zu der das Plakat aufrief, selbst in den Augen der Polizei völlig friedlich verlaufen ist. Und obwohl die Polizei – wie zu solchen Anlässen üblich – umfangreiche Taschenkontrollen durchführte, konnte sie nicht einen einzigen „gefährlichen Gegenstand“ finden – weder als Torten getarnte Bomben, noch andere Gegenstände, die zur Beschlagnahme geeignet waren. Darüber hinaus ist der jetzt wegen „Aufruf zur gefährlichen Körperverletzung“ verurteilte Redakteur seit Jahrzehnten ein aktives Mitglied der Friedensbewegung und für seine kompromisslos gewaltfreie politische Linie bekannt.

Diese Tatsachen verweisen auf eine Fragestellung, um die es bei der Berufungsverhandlung zumindest implizit auch gehen wird: Wenn Strafverfolgungsbehörden und Gerichte über die Strafbarkeit einer Publikation befinden, dürfen sie dann einfach eine Interpretation zur Grundlage machen, die weder vom Publizisten selbst, noch von der Zielgruppe der Publikation, und noch nicht einmal im Rahmen des Hegemonialdiskurses als naheliegend oder gar zwingend angesehen wird? Oder verletzen die Behörden vielleicht sogar ihre Sorgfaltspflicht, wenn sie sich auf eine Interpretation berufen, die nichts mit den diskursiven Verhältnissen zu tun hat, in denen die Publikation veröffentlicht worden ist?

Diese Fragen sind aus einer diskurs- und machtanalytischen Perspektive interessant. In der politischen Dimension wird in der Berufungsverhandlung allerdings nicht weniger verhandelt als die Reichweite der Grundrechte auf Presse- und Äußerungsfreiheit. Deswegen ist sicher, dass weiterhin viele Augen auf den Bochumer Tortenprozess gerichtet sein werden.

Zum Weiterlesen: Alle Stellungnahmen und Berichte zum Bochumer Tortenprozess auf bo-alternativ.de

Wortmeldung

Netzfundstück: Hymnen, Flaggen, Fangesänge

Der Internet-Sender detektor.fm aus leipzig sendete heute ein Interview mit DISS-Mitarbeiter Jens Zimmermann zum Thema »Hymnen, Flaggen, Fangesänge – wie weit ist es zur Menschenfeindlichkeit?«.

Anmoderation:

Fußball verbindet. Doch leider sind oftmals auch Rassismus, Homophobie und Menschenfeindlichkeit mit im Stadion. Ein Interview über Flaggen, Hymnen und die Gretchenfrage, wieviel unbeschwertes Feiern erlaubt ist.

Eigentlich ist es ja das normalste der Welt: die Flaggen und Fahnen, die zur WM überall auftauchen. Natürlich drückt man seinem Heimatland die Daumen – und warum sollte man das nicht auch zeigen. Das Ganze hat aber manchmal auch eine Kehrseite – und die ist für die, die im Feiertaumel sind, nur schwer zu erkennen: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Sport. Während eines solchen Großereignisses wie der WM treffen verschiedenste Nationen aufeinander. Die Frage ist also: baut sowas Vorurteile ab? Oder brechen sie dadurch erst recht auf?

Darüber sprechen wir jetzt mit einem Experten vom  Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung, kurz DISS. Dort wird seit 1987 beobachtet und erforscht, wie sich Rechtsextremismus, Rassismus und sozialer Ausgrenzung in der Gesellschaft entwickeln, wie darüber debattiert wird, wo es sich festsetzt. Die Forscher sprechen dabei von Diskursen. Und wie präsent solche menschenfeindlichen Diskurse im Fußball sind, das fragen wir Jens Zimmermann vom DISS.

Das Interview können Sie als mp3-Audio-Datei von der Website von detektor.fm herunterladen (8:20 Minuten, 8 MB):

http://detektor.fm/download/?file=/images/uploads/mp3/Jens_Zimmermann_ber_Rassismus_und_Fremdenfeindlichkeit_im_Fuball_WEBSITE_1.mp3