Druckfrisch: DISS-Journal 22 erschienen

Das DISS-Journal 22 ist erschienen – und hier kostenfrei als pdf-Datei herunterzuladen. Der Schwerpunkt dieser Ausgabe trägt den Titel „Arabischer Frühling, westlicher Herbst?“:

Ein neues Protestlabel hat die Welt erobert: „Occupy!“ heißt es auf den Straßen von Sydney und Oakland bis Tel Aviv und Hongkong. Im Internet lassen sich die Proteste in Echtzeit verfolgen. Immer wieder berufen sich die europäischen, israelischen und US-amerikanischen Bewegungen auf den ‚arabischen Frühling‘. In dessen Ursprungsland, also Tunesien, hat die Bevölkerung nun ein knappes Jahr nach dem Beginn der Jasmin-Revolution eine verfassungsgebende Versammlung gewählt – und dabei auch religiös-konservative Politikansätze gestärkt.

Was haben die westlichen Protestbewegungen mit den demokratischen und sozialen Aufständen in der arabischen Welt zu tun? Hängen sie überhaupt zusammen? Auf welche Werte berufen sich die Aktiven jeweils, und welche Begründungstraditionen werden thematisiert? Welche Tendenzen sind zu erkennen und wie könnte es weitergehen? Diesen Fragen widmet sich unser Schwerpunkt.

 

Die Artikel im Einzelnen:

 

DISS-Journal Schwerpunkt: Arabischer Frühling, europäischer Herbst?

 

 

Das DISS-Journal 22 komplett als pdf-Datei.

 

DISS-Journal 21 erschienen

Titelseite DISS-Journal 21

Das DISS-Journal 21 (Juni 2011) ist erschienen und als PDF-Datei abrufbar.

 

Inhalt:

Historische Zeitenwende in der arabischen Welt
Moshe Zuckermann

Diskursiver Notstand
Über „Die Panikmacher“ von Patrick Bahners und die Reaktionen
John Lütten

Die Kritik an Sarrazin:
Berechtigt und dennoch im Kern daneben!
Siegfried Jäger

Die eliminatorische Funktion von Rassismus
Sebastian Friedrich

Antimuslimischer Rassismus in Österreich
Michael Lausberg

„Jetzt erst Recht(e) für Flüchtlingskinder“
Bundesweite Kampagne fordert volle Umsetzung der Kinderrechte
Heiko Kauffmann

Auf ins Ungewisse:
Jenseits von Glauben, Wissen und Wahrheit
Einige Überlegungen zu den wissenschaftlichen Grundlagen der Möglichkeiten von Kritik bei der Kritischen Diskursanalyse und überhaupt.
Ein befragender Essay
Siegfried Jäger

Vollständigkeit
Interessierte Anfrage zur Kritischen Diskursanalyse
Lars Allolio-Näcke hat eine „Bestandsaufnahme“ diskursanalytischer Ansätze geschrieben und sich dabei über das Konzept der „Vollständigkeit“ ausgelassen, zumindest ein wenig
Siegfried Jäger

Die Kritische Diskursanalyse und die Bilder
Methodologische und methodische Überlegungen zu einer Erweiterung der Werkzeugkiste
Sebastian Friedrich und Margarete Jäger

Biomacht und Biopolitik
Siegfried Jäger

Sichtbarkeitsregime
Siegfried Jäger

Seid Subjekte!
‚Psychopolitik‘, Profiling und Beratung als Regierungsweisen betrachtet. Sammelrezension
Niels Spilker

„Öffentlichkeit entsteht, wenn der Konsens zusammenbricht“
Silke Wagner über politische Kunst und Repression

Die Soldaten
Die Realität des Kriegs und die Methoden der Wissenschaft
Jobst Paul

Landesregierung und Stifterverband unterstützen verstärkten Dialog zwischen Judentum und Öffentlichkeit
Pressemitteilung zum Symposium „Deutsch-jüdische Autoren im 19. Jahrhundert. Schriften zu Staat, Nation, Gesellschaft“ am 21.02.2011 in der Alten Synagoge in Essen

Parlamentarismus, Demokratie und Antisemitismus:
Neue Perspektiven zwischen Politikwissenschaft und Jewish Studies
Matthias Falter und Saskia Stachowitsch

Oszillierende Befindlichkeiten
„Antisemit! – Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument“
John Lütten

„Autonome Nationalisten“:
Kulturell-ästhetische Modernisierungen des Neonazismus
Regina Wamper

Die WAZ, die Juden und das Christentum
Das Wunder von Essen

 

 

DJ20: Edition Deutsch-Jüdische Autoren des 19. Jahrhunderts

DISS und Steinheim-Institut
Deutsch-Jüdische Autoren des 19. Jahrhunderts zu Staat, Nation, Gesellschaft

Autor: Jobst Paul

Für die Edition Deutsch-Jüdische Autoren des 19. Jahrhunderts. Schriften zu Staat, Nation, Gesellschaft (im Böhlau-Verlag, Köln) konnten nun die endgültigen Zusagen wichtiger Herausgeber und Herausgeberinnen gewonnen werden. So wird Frau Uta Lohmann, Hamburg, einige zentrale, bisher aber kaum zugängliche Schriften des Berliner Aufklärers David Friedländer (1750-1834) edieren. Besonders bekannt wurde Friedländer durch sein (zunächst anonymes) Sendschreiben von einigen Hausvätern jüdischer Religion an den protestantischen Theologen Wilhelm Abraham Teller. Darin deutete Friedländer eine Form der „Glaubensvereinigung“ des Protestantismus und des Judentums an, was ihm heftige Kritik einbrachte. Frau Lohmann ist Judaistin und Germanistin und promoviert derzeit über David Friedländer und dessen Konzept von Bildung und bürgerlicher Gesellschaft.

PD Dr. Andreas Brämer, stellvertretender Direktor am Institut für die Geschichte der deutschen Juden (IGdJ), wird darüber hinaus den Band: Ausgewählte Werke von Ludwig Philippson (1811-1889) betreuen. Philippson kann als einer der vielseitigsten deutsch-jüdischen Autoren und als wichtiger Sprecher des deutschen Judentums des 19. Jahrhunderts gelten. Neben vielem anderen veröffentlichte er theologische Werke, aber auch Sammlungen von politischen Kommentaren. Seine Schrift Die Religion der Gesellschaft und die Entwickelung der Menschheit zu ihr, dargestellt in zehn Vorlesungen (1848) skizziert, wie in einem Sozialwesen das Ethos der Gleichheit realisiert werden kann. Soeben publizierte Dr. Brämer den Band Deutsch-jüdische Geschichte ‚von innen’. Kontinuität und Wandel in den jüdischen Gemeinden und Institutionen (1800–1914).

Derweil ist der erste Band der Anthologie Schriften zur Jüdischen Sozialethik im Druck. Unter dem Titel Gotteserkenntnis und Menschenbild umreißen darin deutsch-jüdische (aber auch zwei amerikanische) Autoren des 19. Jahrhunderts in insgesamt 29 Einzelbeiträgen die Grundlagen der jüdischen Lehre von der menschlichen Gleichheit. Weitere Bänder zur Nächstenliebe, zur sozialen und ökonomischen Gerechtigkeit und zum Verhältnis von Staat und Religion sollen folgen. Den Abschluss bildet ein Band, in dem es um den jüdischen Universalismus und Messianismus gehen soll.

Die­ser Arti­kel stammt aus der Aus­gabe 20 des DISS-Journal, die im November 2010 erschien. Hier fin­den Sie das kom­plette DISS-Journal 20 als PDF-Datei.

DJ20: Diskursanalyse und Politikwissenschaft

Methodologische Anmerkungen zu einem schwierigen Verhältnis

Autor: Jens Zimmermann

Qualitative Methoden haben es in der deutschen Politikwissenschaft traditionell schwer. Zumindest in der empirischen Politikforschung liegt der Fokus meist und gerne auf quantitativer Wahl- und Umfrageforschung. Dafür gibt es mehrere Gründe. Nur wenige politikwissenschaftliche Forschungsarbeiten integrieren eine explizit methodologisch und theoretisch reflektierte Perspektive auf ihren Gegenstand (vgl. Kittel 2009 und Nullmeier 2006, 287).

Darüber hinaus hat eine Rezeption von Theorien im Kontext des „DJ20: Diskursanalyse und Politikwissenschaft“ weiterlesen

DJ20: „Ich glaube, wir gehen Zeiten entgegen, in denen die Medien wieder politischer werden.“

Tom Schimmeck im Gespräch mit Siegfried Jäger

In Ihrem neuen Buch „Am besten nichts Neues“ kritisieren Sie die Medien dahin gehend, dass diese eigentlich – im Kern – immer nur dasselbe sagen. Ich verstehe das so, dass an den unterschiedlichsten Beispielen immer wieder das gleiche Unwissen wiederholt wird, was dazu führt, dass sich Vorurteile und Ressentiments aller Art fortlaufend verfestigen. Wie könnte ein kritischer Journalismus aussehen, der seinem gesetzlichen Auftrag, einen Beitrag zur demokratischen Willensbildung zu leisten gerecht wird?

Es ist ja nicht so, dass es keinen kritischen Journalismus gäbe. Tatsächlich mühen sich noch immer viele gute Journalisten in vielen klassischen Medien wie auch im Internet, dem schönen, alten Ideal der Aufklärung gerecht zu werden. Sie reisen offenen Auges durch die Welt, enthüllen, was offiziell keiner wissen soll, durchwühlen komplexeste Stoffe, analysieren scharf und sagen unerschrocken ihre Meinung. Oft können sie auch noch gut schreiben und haben manchmal sogar Humor. Doch das Treiben der Wackeren verschwindet immer mehr hinter dem anschwellenden Schwachsinn, wird übertönt von der Kakophonie der immergleichen Show. Das hat meiner Ansicht nach mehrere Ursachen.

Erstens sind die Medien, gerade auch die so genannten „Qualitätsmedien“, im vergangenen Jahrzehnt scharf durchrationalisiert worden. In den meisten Redaktionen müssen deutlich reduzierte Redaktionen die gleiche Arbeit wie zuvor bewältigen. Das reduziert die Zeit zum Recherchieren, zum Nachdenken dramatisch. Studien zeigen, dass der Raum für genuine journalistische Arbeit, zu der ja idealerweise Recherche und ein gewisses Maß an Realitätskontakt zählen, immer knapper wird. So haben etwa die Leipziger Journalismus-Forscher Marcel Machill, Markus Beiler und Martin Zenker durch Befragung von 235 Journalisten in Tageszeitungen, Hörfunk, Fernsehen und Online-Redaktionen festgestellt, „DJ20: „Ich glaube, wir gehen Zeiten entgegen, in denen die Medien wieder politischer werden.““ weiterlesen

DJ20: Fatale Antworten auf Herrn S.

Ökonomie und Minderheiten-bashing zum 20. Jahrestag der Einheit

Autor: Jobst Paul

In seiner Ansprache zum 3. Oktober 2010 ließ Bundespräsident Wulff den rassistisch-biologistischen Tenor der Sarrazin-Debatte unkommentiert und übernahm stattdessen deren ‚ordnungspolitischen’ Reduktionismus. So, als habe die Einwanderung in die BRD gerade erst begonnen und als seien nicht bereits ganze Generationen von Einwanderern deutsche Staatsbürger, forderte Wulff die Beachtung von deutschem „Recht und Gesetz“, von „unsrere(n) gemeinsamen Regeln“ und das Akzeptieren von „unsere(r) Art zu leben“. In einem polemischen Schwenk gegen „multikulturelle Illusionen“ setzte er hinzu, diese hätten bei Einwanderern stets zum „Verharren in Staatshilfe, Kriminalitätsraten, Machogehabe, Bildungs- und Leistungsverweigerung“ geführt.

Bereits tags zuvor hatte der ehemalige rotgrüne Präsidentschaftskandidat Joachim Gauck im Berliner Abgeordnetenhaus – aus ‚christlicher Fürsorge’, wie er andeutete – die Gruppe der ‚integrationsunwilligen Ausländer’ mit Forderungen und Drohungen bedacht. Überrascht meldete daher die Neue Zürcher Zeitung aus Berlin „eine ganz neue Tonlage“ (4. Oktober 2010, Titel) und die Wiederaufnahme der deutschen ‚Leitkultur’-Rhetorik, nun als Haltung aller politischer Lager: Wulff und Gauck hätten „an diesem historischen Tag“ eine Tonlage aufgenommen, „die ziemlich genau zwei Wochen nach der ersten Welle der Empörung über Sarrazin aufkam und sich derzeit immer deutlicher in nahezu allen Lagern durchsetzt.“

Auch wenn die NZZ Wulffs Wendung „deutsch lernen“ als „deutsch leben“ missverstand (ein seltener Lapsus des Blatts), „DJ20: Fatale Antworten auf Herrn S.“ weiterlesen

DJ20: Wenn der „Mantel des Schweigens“ fällt

Die Ausweitung des Sagbarkeitsfeldes

Autor: Jobst Paul

Unterschiedliche Politiker haben den gewachsenen Spielraum des Sagbaren schnell genutzt, darunter der bayerische Ministerpräsident Seehofer am 9. Oktober 2010: „Es ist doch klar, dass sich Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen wie aus der Türkei und arabischen Ländern insgesamt schwerer tun.“ Daraus ziehe er den Schluss, „dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen“. Gleichzeitig forderte er – ebenso wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) – schärfere Sanktionen gegen Integrationsverweigerer. (http://www.focus.de/politik/deutschland/horst-seehofer-kampfansage-an-schmarotzer-und-zuwanderer_aid_560515.html)

Der Ministerpräsident von Hessen, Volker Boufier (CDU), meinte, nicht Deutschland müsse sich ändern, sondern die islamischen Einwanderer müssten es (ebd.). Der CDU-Fraktionschef im Landtag von Schleswig-Holstein, Christian von Boetticher: „Was machen wir mit denjenigen, die nicht wollen?“ In besonders krassen Fällen, so seine Fraktionskollegin Astrid Damerow, müssten Sanktionsmöglichkeiten angewandt werden: die Aufenthaltsgenehmigung etwa „DJ20: Wenn der „Mantel des Schweigens“ fällt“ weiterlesen

DJ20: Volk, Raum und Rasse

Autor: Helmut Kellershohn

Es gibt zweifellos unterschiedliche Lesarten des Völkischen Nationalismus, mal moderate, mal weniger moderate. Die folgenden Ausführungen sollen zwei Knotenpunkte kenntlich machen, über die ein völkisches Verständnis von „Volk“ und „Nation“ sowohl implementiert als auch radikalisiert werden kann: zum einen über die Kopplung mit geopolitischen (Volk und Raum), zum anderen über die Verbindung mit eugenischen bzw. rassenhygienischen Ideen (Volk und Rasse). Öffentliche Debatten, die diese Knotenpunkte berühren, selbst wenn sie ursprünglich nicht einem explizit völkischen Denkhorizont entstammen sollten, sind daher für eine extreme Rechte, die sich als Gralshüterin in Sachen Ethnopolitik versteht, von besonderer Bedeutung. Gerade die Sarrazin-Debatte hat eindrucksvoll belegt, wie etwa eugenische Gedankengänge – Frank Schirrmacher (FAZ) hat sie schon zu Beginn der Debatte als Kernstück von Sarrazins Brandschrift bezeichnet – in den Medien der extremen Rechten als Bestätigung von Weisheiten gefeiert wurden, die sie, die Rechte, schon immer verkündet habe. Bezeichnenderweise setzte die sich konservativ gebende Junge Freiheit als allererstes das „Heidelberger Manifest“ ins Internet, um ihre Leser an das Original zu erinnern, das als heimliches Vorbild Sarrazin die Feder geführt haben könnte.

Volk und Raum: Kolonialpolitik, „innere Kolonisation“, „Lebensraum im Osten“

Volk und Raum stehen im völkisch-nationalistischen Denken in einer engen Beziehung zueinander. Erstens entfaltet sich seine ganze Wirksamkeit aus der immer wieder behaupteten Inkongruenz von Staatsgebiet und Volksnation, von Staats- und Sprachgrenzen, die es zu beseitigen gelte. So schreibt einer der wichtigsten deutschen Volkstumstheoretiker Max Hildebert Boehm 1936:

„Gesamtdeutsch ist jede Betrachtungsweise völkischer Fragen, die unter bewußter Absage an jede bloß reichsdeutsche, kleindeutsche Blickverengung auf das Gesamtvolk über staatliche Grenzen hinaus bezogen ist. Die Erziehung zu allseitigem und selbstverständlichem gesamtdeutschen Denken ist namentlich im Hinblick auf das schwer gefährdete Deutschtum außerhalb des Reiches eine der wichtigsten Gegenwartsaufgaben verantwortlicher Volkstumspflege. Hier entscheidet sich, ob wir ein Volk „DJ20: Volk, Raum und Rasse“ weiterlesen

DJ20: Ausstellung Freedom of Speech

Ausstellungen in Hamburg und Berlin
Freedom of Speech: Grenzen der Redefreiheit

Autor: Rolf van Raden

„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“ – mit diesem Satz verbrieft das deutsche Grundgesetz die sogenannte Meinungsfreiheit. Und doch können längst nicht alle alles sagen. Es ist ein inhärenter Teil von bürgerlich-demokratischen Verfassungen, die freie Meinungsäußerung nicht nur zu gewähren, sondern sie sogleich mit weiteren Bestimmungen einzuschränken. Darüber hinaus ist das, was faktisch sagbar ist, von weit umfangreicheren diskursiv-sozialen Macht- und Regelsystemen bestimmt als nur durch Gesetze.

Barbara Kruger, Untitled (questions), 1991, Center of the Study for Political Graphics, Los Angeles

In Zusammenarbeit mit dem DISS hinterfragen und analysieren der Hamburger Kunstverein und der Neue Berliner Kunstverein das Konzept der Redefreiheit. Dazu wurde eine Doppelausstellung konzipiert, die im Dezember 2010 sowohl in Hamburg als auch in Berlin ihre Pforten öffnet. Insgesamt geht es dabei um die ideologische Rolle, die Freedom of Speech in den westlichen Demokratien spielt: Als identitär-kollektiver Wert, als ständig bedrohtes Grundrecht, als uneingelöstes Versprechen und als zweischneidiges Schwert. Denn auf die Meinungsfreiheit können sich schließlich auch all jene berufen, die etwa rassistische Ausgrenzungsdiskurse forcieren wollen.

Anhand von Exponaten aus den Bereichen Medien, Geschichte und vor allem der Kunst macht die Doppelausstellung ganz unterschiedliche Strategien sichtbar, die das Feld des Sagbaren erweitern. Gezeigt werden vor allem künstlerische, politische und publizistische Grenzüberschreitungen, von denen viele vor Gericht landeten oder anderen empfindlichen Angriffen ausgesetzt waren. Das Spektrum der Ausstellungsstücke reicht dabei von progressiver und antirassistischer Kunst über gut gemeinte, aber doch gescheiterte Projekte bis hin zur Pornografie des Hustler- Magazins und den islamfeindlichen Mohammed-Karikaturen der dänischen Zeitung Jyllands-Posten. Die von Mitarbeiterinnen des DISS erstellten Analysen setzen sich jeweils kritisch mit den Exponaten, ihrem jeweiligen diskursiven Kontext und ihren Wirkungen auseinander. „Uns geht es vor allem auch darum, die Unterschiede klar herauszuarbeiten“, erklärt Regina Wamper, die an dem Projekt mitarbeitete. „Welche angeblichen oder tatsächlichen Tabubrüche wirken als Selbstermächtigung und untergraben Ausgrenzungsdiskurse? Und wo wird andererseits Free Speech zur Hate Speech, die selbst massiv ausgrenzt?“ Letztendlich steht die Frage im Raum, wie eine Gesellschaft ohne Einschränkungen von Redefreiheit, aber ebenso ohne Rassismus und andere Ausgrenzungsdiskurse denkbar ist.

Eine mögliche Antwort auf diese Frage haben DISS-Mitarbeiterinnen in einem umfangreichen Essay ausgearbeitet.

Der Text erscheint im Januar in der Begleitpublikation zu der Doppelausstellung. Neben diesem theoretischen Beitrag werden in dem Buch außerdem Analysen zu insgesamt 18 Kunstwerken und publizistischen Äußerungen veröffentlicht, die vom DISS erstellt worden sind. Ebenfalls im Januar findet in Berlin und Hamburg ein Symposium statt, auf dem die Fragen noch einmal gründlich diskutiert werden können. Als Vortragende sind unter anderem Astrid Deuber-Mankowsky, Siegfried Jäger, Gabriel Kuhn und Jürgen Link eingeladen.

Freedom of Speech – Termine:

Ausstellung im Neuen Berliner Kunstverein: 11.12.2010-30.01.2011

Ausstellung im Hamburger Kunstverein: 18.12.2010-13.03.2011

Eröffnungsveranstaltung Berlin: Freitag, 10.12.2010, 19 Uhr

Symposium: 21.01.2011 (Berlin) und 22.01.2011 (Hamburg)

Eine umfangreiche Buchpublikation unter anderem mit dem Analysen des DISS erscheint im Januar 2011 im Verlag der Buchhandlung Walther König.

Der Kunstverein, seit 1817 (Hamburg)
http://www.kunstverein.de/ausstellungen/vorschau/20101218-freedomofspeech.php

Neuer Berliner Kunstverein
http://www.nbk.org/ausstellungen/freedom_of_speech.html

Die­ser Arti­kel stammt aus der Aus­gabe 20 des DISS-Journal, die im November 2010 erschien. Hier fin­den Sie das kom­plette DISS-Journal 20 als PDF-Datei.

DISS-Journal 20 erschienen

Das DISS-Journal Nr. 20 – November 2010 ist erschienen.

Aus dem Inhalt:

Fatale Antworten auf Herrn S.

Der „Mantel des Schweigens“ fällt. Zur Ausweitung des Sagbarkeitsfeldes

„Demokratie statt Integration“ – Eine Stellungnahme

Den Begrif der Integration verteidigen oder kritisieren?

Volk, Raum und Rasse

Medien, Macht und Meinungsmache

Diskursanalyse und Politikwissenschaften

Abbildung: Titelseite des DISS-Journals 20

Den Schwerpunkt dieser Ausgabe bilden kritische Stellungnahmen und Analysen rund um die sogenannte Integrationsdebatte. Was wir derzeit im Geiste Thilo Sarrazins zu hören bekommen, ist zwar alles ist nicht neu. Gleichwohl beobachten wir eine neue Vehemenz der offen oder verdeckt rassistischen Ausgrenzungsversuche, mit denen sich Deutschland schon seit Jahren hervorgetan hat.

Jobst Paul geht dem nur scheinbar vermittelnden Argument nach, man solle den ökonomischen Nutzen von qualiizierten Einwanderinnen nicht unterschätzen. Er zeigt, dass eine solche interkulturelle Orientierung im Kontext einer ökonomischen Staatsräson steht, bei der die Frage der Produktivität von Menschen zum Maßstab von kultureller Zugehörigkeit gemacht wird. (S. 2)

Wir dokumentieren außerdem die Stellungnahme „Demokratie statt Integration“ des Netzwerks Kritische Migrations- und Grenzregimeforschung. (S. 5)

Dazu hat Siegfried Jäger ein ausführliches Gespräch mit Manuela Bodjadzijev und Serhat Karakayali geführt. Beide haben die Stellungnahme mitverfasst, welche die derzeitige Rede von der Integration kritisch hinterfragt. (S. 6)

Hier finden Sie das komplette DISS-Journal 20 als PDF-Datei (1 MB):
http://www.diss-duisburg.de/DISS-Journale/diss-journal_20.pdf