DISS-Neuerscheinung: Querfront-Magazin COMPACT

Ab sofort lieferbar ist der Band 39 in der Edition DISS im Unrast-Verlag:

Felix Schilk:
Souveränität statt Komplexität
Wie das Querfront-Magazin COMPACT die politische Legitimationskrise der Gegenwart bearbeitet
Unrast-Verlag, Münster 2017
192 Seiten, 19,80 €
ISBN 978-3-89771-768-8

Phänomene wie Pegida und die AfD machen die Ausbreitung rechter Ideologeme in der Mitte der Gesellschaft deutlich und signalisieren einen Rechtsruck in Deutschland. Der Vertrauensverlust vieler Menschen in die politische Klasse hat durch die Flüchtlingspolitik einen großen Schub erhalten, war aber schon vorher vorhanden. Er ist nicht nur Ausdruck einer politischen Krise, sondern auch das Resultat der Krisenprozesse kapitalistischer Ökonomie in den letzten Jahren. Neurechte Gruppierungen und Netzwerke stehen bereit, diesen Menschen mit völkischer Ansprache Orientierung zu bieten.

Jürgen Elsässers Querfront-Magazin COMPACT ist ein wesentlicher Teil der jüngsten rechtspopulistischen Mobilisierungen in Deutschland. Gemeinsam mit anderen alternativem Medien liefert es Deutungsangebote, Schlagwörter und Symbole. Im Umfeld von AfD und Pegida wird das >Magazin für Souveränität intensiv rezipiert und stellt eine wichtige publizistische Infrastruktur dar, die zuletzt durch Zusammenarbeit mit Akteuren der Neuen Rechten erweitert wurde.

 

Inhalt:

Vorwort

Einleitung:
Compact und die neuen Querfrontbewegungen

Historischer Exkurs:
Die Moderne und der reaktionäre Modernismus

Rechts und Links – Grenzen einer Dichotomie Gesellschaftliche Konfliktlinien Sozialpsychologische Konfliktlinien
Genese und Ursprünge des reaktionären Modernismus
Querfrontbewegungen im 20. und 21. Jahrhundert Carl Schmitt und die Konservative Revolution Metapolitik und die Nouvelle Droite
Das Ende der Geschichte und der Aufstieg der Neuen Rechten

Gegenwartsdiagnosen:
Komplexe Welt, kontingente Gesellschaft

Posthistoire und Neoliberalismus
Postfordismus und Postdemokratie
Populismus, direkte Demokratie und paranoides Denken

Empirische Untersuchung:
Diskursanalyse des Compact-Magazins

Compact – eine Zeitschrift neuen Typus?
Forschungsinteresse und Fragestellung
Kritische Diskursanalyse: Einführende Bemerkungen und Modifikation des methodischen Vorgehens für die Analyse
Analyse und Auswertung
»Ehrlicher Journalismus in Zeiten der Lüge« – der diskursive Kontext »Was bisher das Normale war, fällt von jetzt an unter ferner liefen« -Strukturanalyse der Diskursstränge und Diskurse »Naldoo und die Lage der Nation« – Exemplarische Feinanalyse

Auswertung:
Souveränität und Homogenität – Hypothesen zum Querfrontdispositiv

Theoretisch-begriffliche Verortung des COMPACT-Magazins
Faktoren und Rahmenbedingungen für den Erfolg des COMPACT-Magazins

Schlussbetrachtungen:
Souveränität und Komplexität

Quellen und Literatur
Primärquellen der Diskursanalyse Literatur

 

Vorwort

Die vorliegende Arbeit ist die leicht überarbeitete und ergänzte Version meiner Diplomarbeit, die im Juli 2016 an der Technischen Universität Dresden im Studiengang Soziologie eingereicht wurde. Ihr Anliegen, das Compact-Magazin in seiner Funktion als Impulsgeber für politisch-diskursive Verschiebungen und einen Strukturwandel der Öffentlichkeit in den liberalen Gesellschaften des Westens zu analysieren, hat seitdem weiter an Relevanz gewonnen. Eine Veröffentlichung des Textes schließt daher an zahlreiche Abhandlungen über Verschwörungstheorien, Populismus, die Neue Rechte und neuerdings sogenannte Fake News an, die mittlerweile zu den dominierenden Leitartikelthemen in den Zeitungsfeuilletons, in wissenschaftlichen Journalen und den Weiten der digitalen Blogosphäre gehören. Ihr geht die Hoffnung voraus, der Auseinandersetzung mit den genannten Phänomenen empirisches Material und analytische Begriffe beizusteuern. Ersteres ist Ziel der vom Material ausgehenden diskursanalytischen Untersuchung, letzteres Resultat einer theoretischen Erschließung struktureller Krisentendenzen moderner Vergesellschaftung. Compact erscheint dann als ein konkreter Fall eines allgemeinen Phänomens, das an anderen Orten andere Entsprechungen aufweist.

Leserinnen und Leser werden bei der Lektüre der theoretischen Überlegungen feststellen, dass sich ihre Form bisweilen an akademischen Gepflogenheiten orientiert und ihr Stil von der empirischen Analyse des Compact-Magazins unterschieden ist. Aufgrund der aktuellen Relevanz haben sich Autor und Herausgeber entschieden, die eigentümliche Form keiner zeitaufwendigen sprachlichen Glättung zu unterziehen, sondern sie als theoretische Unterfütterung und nützliche Ergänzung einer häufig leider nur schlagwortgespickten Schematisierung beizubehalten. Wem indes an einer unmittelbaren Auseinandersetzung mit Compact gelegen ist, dem sei vor allem der Blick in das vierte und fünfte Kapitel empfohlen.

Spätestens der überraschende Wahlsieg Donald Trumps im November des letzten Jahres verdeutlicht, welchen Einfluss publizistische Skandalisierungsangebote auch mit geringem Ressourceneinsatz erlangen können. Im amerikanischen Wahlkampf trug das Onlineportal des digitalisierten Rechtspopulismus, Breitbart, das seit 2007 eine Revolution gegen das Establishment, die etablierten Medien und politische Korrektheit führt, wesentlich zur Verbreitung von Feindbildern, politischer Paranoia und ideologischen Schlagwörtern bei. Der Aufstieg von Breitbart, das unter Stephen Bannon zu einer Plattform für die amerikanische »Alt-Right« erklärt wurde, ähnelt in gewisser Weise dem des Compact-Magazins. Möglicherweise bekommt dieses durch die angekündigte Expansion von Breibart in Kontinentaleuropa nun bald einen weiteren Verbündeten im Kampf um Desinformation zur Seite gestellt. Gegen diesen Erfolg soll das vorliegende Buch einen weiteren Beitrag leisten.

Für die unterstützende Betreuung danke ich Prof. Dominik Schräge und Dr. Tino Heim, für hilfreiche Anregungen, Korrekturhinweise und interessierte Diskussionen meinen Kommilitonen und Freunden Jan Ackermann, Markus Ciesiel-ski, Markus Herklotz, Justus Pötzsch, Mathias Pleger und Tim Zeidler. Schließlich gebührt auch Helmut Kellershohn für die Korrektur des Manuskripts und dem Unrast-Verlag für die unkomplizierte Möglichkeit der Veröffentlichung mein außerordentlicher Dank.

Dresden im Januar 2017 Felix Schilk

 

Neue DISS-Broschüre: Fluchtdiskurs in deutschen Medien 2015 und 2016

Ab sofort in der DISS Online-Bibliothek kostenlos als PDF-Datei abrufbar ist die Studie:

Margarete Jäger und Regina Wamper (Hg.)

Von der Willkommenskultur zur Notstandsstimmung.
Der Fluchtdiskurs in deutschen Medien 2015 und 2016

Duisburg 2017, 209 Seiten, PDF-Datei

Spätestens im Sommer 2015 kam es in Deutschland zu einer massiven medialen Debatte um Flucht und Migration, die vor allem durch die Fluchtbewegungen ausgelöst wurde, welche hunderttausende Flüchtende nach Europa brachte. Gleichzeitig gab es zahlreiche Anschläge und Übergriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte. Sie ließen in Deutschland ein Klima entstehen, das an die Zustände in den frühen 1990er Jahren erinnert. Und tatsächlich gibt es Parallelen. Auch damals wurde die Debatte rassistisch aufgeheizt, indem vom ‚massenhaftem Asylmissbrauch‘ die Rede war. Damals wie heute wird durch eine Verschärfung der Asylgesetzgebung der Auffassung Vorschub geleistet, es seien die Geflüchteten selbst, die rassistische Ausschreitungen provozierten. Damals wie heute werden Flüchtlinge als Gefahr für den ‚inneren Frieden‘ angesehen, weshalb die Bevölkerung vor ihnen geschützt werden müsse. Doch es gibt auch markante Unterschiede. So bemühen sich große Teile der deutschen Bevölkerung, die Flüchtenden zu unterstützen und engagieren sich in der Flüchtlingshilfe.
Eine Analyse des Mediendiskurses zu Flucht und Migration, die im Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung vorgenommen wurde, ist diesen gegenläufigen Tendenzen nachgegangen. Im Resultat ist festzustellen, dass sich innerhalb weniger Monate das Sagbarkeitsfeld des Diskurses entscheidend in Richtung einer Problematisierung von Flucht und Asyl verschob. Welche diskursiven Mechanismen zu dieser Verschiebung beitrugen, und vor allem welches Wissen über Flucht und Geflüchtete, über Asyl und Rassismus transportiert wurde, ist zentraler Gegenstand der Untersuchung.
Die Ergebnisse sind ernüchternd. Diskursiv wurde entweder ein Notstand ausgerufen oder zumindest prognostiziert, die Fluchtbewegungen wurden massiv denormalisiert. Neben der Aufspaltung der Geflüchteten in ‚legitime’ und ‚illegitime’ erlaubt diese Denormalisierung Flucht und Migration als Naturkatastrophe zu bewerten – und zwar nicht als eine Katastrophe für die Flüchtenden, sondern als eine für die Zielländer, also auch für Deutschland. Eine solche Perspektive eignet sich aber dazu, Abwehr gegen Flüchtende zu erzeugen und weiteren Einschränkungen des Grundrechts auf Asyl zuzustimmen. Sie evoziert Rassismus und trägt damit zu einem angespannten gesellschaftlichen Klima bei. Wir müssen feststellen, dass Aussagen, die noch vor einigen Jahren als extrem rechts oder rassistisch bewertet wurden, heute zum Sagbarkeitsfeld des mediopolitischen Diskurses gehören. Es scheint so, als haben sich auch ‚progressive’ Positionen innerhalb des mediopolitischen Diskurses mit ihm nach rechts bewegt. Kritische Positionen sind 2015/2016 dagegen in die Defensive geraten.
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Neue DISS-Broschüre: Pegida im Spiegel der Medien

In unserer Reihe kostenloser Online-Broschüren erschien

Pegida im Spiegel der Medien
Vom „bürgerlichen Protest“ zur „Bedrohung von rechts“

Eine Studie des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung,
durchgeführt von Paul Bey, Mark Haarfeldt, Johannes Richter und Regina Wamper,
gefördert durch die Otto Brenner Stiftung.

 

 

 

Aus dem Vorwort:

Im Oktober 2014 begannen in Dresden anfangs kleine, regelmäßige Kundgebungen und Demonstrationen der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida). Zunächst kaum beachtet, wuchsen die Zusammenkünfte in den folgenden Wochen schnell an. Pegida gelang es zunehmend, Aufmerksamkeit in der bundesdeutschen Öffentlichkeit zu erzielen. Die Gruppierung entwickelte sich zu einem Phänomen, welches durch eine permanente Präsenz und hohe Mobilisierungskraft gekennzeichnet ist. Pegida positionierte sich abseits des traditionellen Parteiensystems und entzog sich weitgehend einer klaren politischen Einordnung. Seit der Entstehung entwickelte das Phänomen eine hohe Anziehungskraft auf die (wissenschaftliche) Öffentlichkeit. Mehrere Studien zu Pegida wurden veröffentlicht, deren Fokus vor allem auf der Frage nach der politischen Einstellung und sozialen Herkunft der Teilnehmenden lag. Auch das mediale Interesse war hoch und insbesondere in der Entstehungs- und Konsolidierungszeit Pegidas von kontinuierlicher Berichterstattung geprägt. Bislang wurde aber nur ungenügend herausgearbeitet, wie die Medien selbst in ihrer Wahrnehmung Pegidas und der politischen Fragestellungen, die sie in Zusammenhang mit der Gruppierung aufwarfen, die öffentliche Diskussion um Pegida mitbestimmten. In dieser Broschüre wird folglich der Blick auf die Berichterstattung zu Pegida in drei deutschen Tageszeitungen gelenkt. Leitfragen sind dabei, welche politischen Inhalte die Medien bei Pegida identifizieren und wie sie diese Inhalte rezipieren, sowie, wie Pegida in der Presse, die selbst oftmals zum Feindbild der Gruppierung wurde, besprochen, eingeordnet und bewertet wird. Mittels der Methode der Kritischen Diskursanalyse werden in dieser Studie die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Süddeutsche Zeitung und die Sächsische Zeitung untersucht. Dabei werden Charakterisierungen, Bewertungen und Interpretationen des Phänomens Pegida herausgestellt. Es wird aufgezeigt, ob die Tageszeitungen Pegida problematisierten, welche Lösungsstrategien und gesellschaftlichen Umgangsformen sie favorisierten und mit welchen gesellschaftspolitischen Debatten Pegida in Zusammenhang gebracht wurde. Die vorrangige Frage ist die des gesellschaftlichen Umgangs mit Pegida. Doch auch die Inhalte von Pegida selbst sind Gegenstand der vorliegenden Untersuchung.

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DISS-Neuerscheinung: Kulturkampf von rechts

Neu erschienen in der Edition DISS im Unrast Verlag ist der Band

Helmut Kellershohn / Wolfgang Kastrup (Hg.):
Kulturkampf von rechts
AfD, Pegida und die Neue Rechte
242 Seiten, 24 EUR

Edition DISS Bd. 38, ISBN 978-3-89771-767-1

editiondiss38kulturkampfcover

 

Phänomene wie Pegida und die AfD machen die Ausbreitung rechter Ideologeme in der Mitte der Gesellschaft deutlich und signalisieren einen Rechtsruck in Deutschland. Der Vertrauensverlust vieler Menschen in die politische Klasse hat durch die Flüchtlingspolitik einen großen Schub erhalten, war aber schon vorher vorhanden. Er ist nicht nur Ausdruck einer politischen Krise, sondern auch das Resultat der Krisenprozesse kapitalistischer Ökonomie in den letzten Jahren. Neurechte Gruppierungen und Netzwerke stehen bereit, diesen Menschen mit völkischer Ansprache Orientierung zu bieten.

 

 

 

 

 

 

Inhalt:

Teil I – Neoliberalismus, völkischer Nationalismus und konservative Revolution

Helmut Kellershohn
Nationaler Wettbewerbsstaat auf völkischer Basis. Das Ideologische Grundgerüst des AfD-Grundsatzprogramms
Helmut Kellershohn
Autoritärer Liberalismus. Zum Zusammenhang von Neoliberallsmus und konservativer Revolution
Wolfgang Kastrup
Facetten des Neoliberalismus

Teil II – Kulturkampf von rechts: Akteure

Alexander Häusler
Die AfD und der europäische Rechtspopulismus. Krisensymptome politischer Hegemonie
Julian Bruns/Kathrin Glösel/Natascha Strobl
Die Identitären. Der modernisierte Rassismus einer Jugendbewegung der Neuen Rechten.
Helmut Kellershohn
Götz Kubitschek und das Institut für Staatspolitik
Mark Haarfeldt
Die Rezeption von Peglda In Wissenschaft und Medien

Teil III- Kulturkampf von rechts: Themen

Jobst Paul
Der Niedergang – der Umsturz – das Nichts. Rassistische Demagogie und suizidale Perspektive in Björn Höckes Schnellrodaer Rede
Andreas Kemper
Geschlechter- und familienpolitische Positionen der AfD
Rolf van Raden
Pegida-Feindbild »Lügenpresse«. Über ein massenwirksames verschwörungstheoretisches Konstrukt
Floris Biskamp
Antimuslimischer Rassismus als systematisch verzerrtes Kommunikationsverhältnis. Das Sprechen über den Islam zwischen Befreiung und Festschreibung

Teil IV-Was tun?

Richard Gebhardt
»Bitte wählen Sie nicht AfD« – Der hilflose Antipopulismus und die gespaltene Republik
Floris Biskamp
Don’t Believe the Hype
Wolfgang Kastrup
Der enttäuschte Nationalismus der AfD
Marvin Chlada
Das neoliberale Subjekt und die menschliche Würde. Erziehung zur Autonomie im Angesicht der Barbarei
Sebastian Friedrich
Falsche Alternativen: Warum breite Bündnisse gegen die AfD keine Perspektive für Linke sind
Julia Meier
Die AfD bekämpfen, bevor es zu spät ist. Eine Replik auf den Beitrag von Sebastian Friedrich

 

Vorwort

1. »Rechte Wutbürger im Kulturkampf«, so lautete der Titel des Kolloquiums des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS), das im November 2015 in der Akademie Frankenwarte in Würzburg stattfand. Das vorliegende Buch fußt zu einem großen Teil auf Vorträgen dieses Kolloquiums, einige aktuellere Texte sind hinzugekommen und auch der Titel wurde verändert zu »Kulturkampf von rechts«.

Es war das Ziel des Kolloquiums, die in Deutschland laut und deutlich gewordenen Protestbewegungen von rechts und die schon damals vorhandenen Wahlerfolge der AfD zu untersuchen. Erst recht durch die jüngsten Wahlerfolge dieser Partei wird die Ausbreitung rechter Ideologeme in der Mitte der Gesellschaft deutlich und signalisiert einen Rechtsruck in Deutschland. Der Verlust des Vertrauens auf Seiten vieler Menschen in die politische Klasse hat durch die Flüchtlingspolitik einen großen Schub erhalten, er war aber schon vorher, im Zusammenhang mit der Finanz-, Banken- und Eurokrise, nicht zu übersehen.

Diese Entwicklung ist nicht nur Ausdruck einer im engeren Sinne politischen Krise, sondern auch das Resultat der Krisenprozesse kapitalistischer Ökonomie in den letzten Jahren, die die durch den >Westen< dominierte Weltordnung beeinträchtigen. Im globalisierten Kapitalismus wird es immer schwieriger, zwischen Zentren und Peripherie, zwischen nahen und fernen Regionen und zwischen trans- und innernationalen Krisenprozessen zu trennen. Die Folgen geopolitischer Spannungen mit regionalen Kriegen (u.a. in Syrien, Libyen, Mali und der Ukraine), bandenmäßigem Terror, zerfallenden Staaten und einem islamistischen Terrorismus erreichen daher auch unmittelbar die kapitalistischen Zentren. Millionen Flüchtlinge fliehen weltweit vor Krieg, Verfolgung, Armut und Perspektivlosigkeit, und sie fliehen, wenn sie nicht Binnenflüchtlinge sind, oftmals gerade in die Länder, in denen sie sich Schutz, Arbeit und Konsumverheißungen erhoffen. Die Menschen in den Wohlfahrtszonen des globalen Kapitalismus werden damit konfrontiert, ohne dass ihnen häufig bewusst ist, dass gerade solche Länder, wie etwa Deutschland, politisch wie ökonomisch eine große Mitverantwortung für diese Fluchtursachen tragen.

In den führenden kapitalistischen Industrienationen selbst wird eine immer größer werdende Einkommens- und Vermögensungleichheit deutlich, mit prekären Berufsperspektiven, erheblichen sozialen Verwerfungen, einer sich zuspitzenden ökologischen Krise und in der Folge mit Machtverschiebungen im politischen System. In den kapitalistischen Ländern zeigen sich aufgrund dieser Unsicherheiten sowie angesichts ökonomischer und sozialer Abstiegs- und Konkurrenzängste Empörung, Wut und Hass gegenüber den anscheinend unfähigen politischen und gesellschaftlichen Eliten, es konzentrieren sich diese Affekte und Ressentiments aber häufig gegen Migrant*innen und Flüchtling*innen. Stimmengewinne für rechte, nationalistische und rassistische Parteien sind oftmals die Folge, was sich in etlichen Ländern der Europäischen Union zeigt. Spätestens nach den Wahlerfolgen der AfD im Frühjahr dieses Jahres in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt wird deutlich, dass der völkische Nationalismus auch in Deutschland auf dem Vormarsch ist. Begleitet wird diese Rechtsorientierung von gewaltsamen Angriffen auf Flüchtlinge und deren Unterbringungen durch einen radikalisierten Mob. Neurechte Gruppierungen oder neonationalsozialistische Kader stehen bereit, diesen Menschen mit völkischer Ansprache Orientierung zu bieten.

2. Im Titel dieses Buches sprechen wir von einem »Kulturkampf von rechts«. Das bedarf einer Erläuterung. Es handelt sich hier nicht um einen Beitrag zur öffentlichen Debattenkultur, der »hart, aber fair« zu sein beanspruchen und eine entsprechende Gegenantwort von Seiten der Kontrahenten erwarten würde. Die rechten Protagonisten in und außerhalb der AfD wähnen sich vielmehr in »einem Kampf um die Vorherrschaft im eigenen Raum« (Götz Kubitschek), und das ist nun mal keine Debatte oder Diskussion im eigentlichen Sinne, sondern, soweit der Kampf mit intellektuellen Mitteln ausgetragen wird, ein »geistiger Bürgerkrieg«, der durch Überzeugung auf Gefolgschaft zielt. Dieser Bürgerkrieg findet in den zivilgesellschaftlichen Räumen und Institutionen, im vorpolitischen Raum statt; und hier die Oberhoheit zu gewinnen, d.h. das Denken möglichst vieler Menschen, ihre Lebensweise und Weltanschauung zu prägen, wird als Voraussetzung betrachtet, um die politische Macht zu erringen: entweder auf den Wegen, die die bestehende Verfassungsordnung bereit stellt, oder, unter Umständen, wenn die staatliche Ordnung sich auflöst und zerbricht, in einem realen Bürgerkrieg als ultima ratio. Der »Kulturkampf von rechts « ist also immer schon mehr als ein Kampf um die Werte und Normen, um den geistigen Überbau einer Gesellschaft, er ist immer schon mehr als nur ein Weltanschauungskampf, er zielt auf die Eroberung der politischen Macht und die Umgestaltung der Gesellschaft im Sinne der rechten Protagonisten.

Nun wird mancher Leser bzw. manche Leserin kopfschüttelnd einwenden, was das denn mit dem einfachen AfD-Mitglied oder den >kleinen Leuten<, die bei Pegida mitdemonstrieren zu tun hat? Der Einwand ist berechtigt. Der »Kulturkampf von rechts« ist ein Konzept, und Konzepte werden, um Marx zu zitieren, von »konzeptiven Ideologen« entworfen. Genau das meint Björn Hocke, einer der rechten Protagonisten innerhalb der AfD, wenn er davon spricht, dass die Gruppierung, die er in der AfD verkörpert oder verkörpern will, eine »Avantgarde« sei, die sozusagen über den Tag hinaus denkt und Perspektiven entwirft, im Kampf gegen eine als »dekadent« gebrandmarkte Kultur. Das ist eine deutliche Ansage, und um die geht es in diesem Buch.

3. Der erste Teil des Buches befasst sich mit einigen ideologischen Aspekten der Rechtsentwicklung, Ausgehend von einer Analyse des ideologischen Grundgerüsts der AfD-Programmatik wird nach dem Zusammenhang zwischen der das Selbstverständnis der Akteure im real existierenden Kapitalismus derzeit dominierenden Ideologie des Neo- bzw. Ordoliberalismus und dem völkischen Nationalismus als dem gemeinsamen ideologischen Nenner rechtspopulistischer und extrem rechter Kräfte gefragt. In einer kleinen ideengeschichtlichen Untersuchung, die sich exemplarisch auf die Endphase der Weimarer Republik bezieht, wird zudem die staatspolitische Schnittstelle zwischen Neoliberalismus und >Konservativer Revolution entwickelt.

Der zweite Teil widmet sich dann einigen ausgewählten Akteuren der derzeitigen Rechtsentwicklung in Gestalt der AfD, des Instituts für Staatspolitik und der Identitären Bewegung. Ein Artikel zu Pegida beleuchtet das Bild dieser Protestbewegung in Wissenschaft und Medien.

Im dritten Teil werden konkrete Erscheinungen und Artikulationen des »Kulturkampfs von rechts« untersucht. Dies geschieht in Form einer Analyse der sehr bekannt gewordenen Rede von Björn Höcke, die er im Institut für Staatspolitik gehalten hat. Es geht im Weiteren um die Familien- und Geschlechtervorstellungen der AfD, um das durch Pegida manifest gewordene Feindbild der »Lügenpresse« und abschließend um ein differenziertes Bild des antimuslimischen Rassismus.

Die Beiträge des abschließenden vierten Teils sind der Frage nach dem »Was tun?« gewidmet, Sie thematisieren diskursive Strategien im Umgang mit AfD und Pegida, betonen die Notwendigkeit der Profilierung linker Politik. Eine Debatte über die Kampagne »Aufstehen gegen Rassismus« unter bündnispolitischen Gesichtspunkten rundet diesen Teil ab.

Zu den vier Teilen des Buches werden zu Anfang jeweils Einführungen in das Thema gegeben.

Duisburg, im Juli 2016
Helmut Kellershohn/Wolfgang Kastrup

Netzfundstücke: Rezension in der SZ

cover-kampfbegriffeAuch in der Süddeutschen Zeitung erschien nun eine Rezension des Handwörterbuchs rechter Kampfbegriffe. Robert Probst schreibt:

Das Spektrum reicht dabei von offensichtlichen Kampfbegriffen wie „Schuld-Kult“ und „Umvolkung“ über „Islamisierung“ und „Dekadenz“ bis hin zu vermeintlich aufs Gemeinwohl zielenden Wörtern wie „Demokratie“ oder „Freiheit“. Gerade diesen ummantelten Begriffen die Tarnung zu entreißen – darin besteht das Verdienst dieses Wörterbuchs. Etwa beim üppig in Gebrauch stehenden „Abendland“ lässt sich studieren, wie ein offenbar harmloser Begriff für Partikularinteressen und gegen bestimmte Menschengruppen eingesetzt wird. Auf knappem Raum, aber erstaunlich differenziert und gut lesbar, werden die Begriffe auf Entstehung, Kontext und Ziele der Rechten abgeklopft und analysiert. Ein Nachschlagewerk für alle, die nicht schweigen wollen.

Bitte lesen Sie den vollständigen Text auf der Website der SZ – Roland Probst: Enttarnt

Netzfundstücke: Zwei neue Rezensionen

cover-kampfbegriffeZwei neue Rezensionen des „Handwörterbuchs rechtsextremer Kampfbegriffe“ sind im Netz verfügbar.

Auf socialnet erschien die Rezension von Dr. Andreas Siegert. Ausführlich widmet er sich den Handbuchartikeln „Abendland“, „Political Correctness“ und „Vertriebene“. In seinem Fazit heißt es u.a.:

[…] Das Ziel des Buches, die Bedeutung von Sprache für Deutungen und im gesellschaftlichen Diskurs darzustellen, wird erreicht. In einer klaren und faktenbasierten Argumentation werden Abwertungen und Diskriminierungen von tatsächlichen oder vermeintlichen Minderheiten herausgearbeitet. Damit wird denjenigen Wissen an die Hand gegeben, die sich gesellschaftlichen Diskussionen stellen. Sie können mit diesem Wissen Gegenstrategien entwickeln und umsetzen.

Erreicht werden darüber allerdings nur die, die sich für Argumente öffnen wollen. Aber auch das ist schon ein Erfolg. Zu den Umsetzungsstrategien, für die eine sensible Sprache unabdingbar ist, gehören Fragen danach, wie mehr Menschen erreicht werden können oder wie das gegenseitige Ausspielen von Minderheiten oder Schwachen einer Gesellschaft vermieden werden kann.

[…] Sprache ist sowohl Ergebnis gesellschaftlicher Werte, als sie diese auch mitgestaltet. Das Buch liefert eine sehr detaillierte Handreichung zum Verständnis komplexer Wirkungen einer ideologisierten Sprache. Es macht deutlich, wie wichtig es ist, die momentane gesellschaftspolitische Diskussion aktiv mitzugestalten. […]

Den vollständigen Text der Rezension von Dr. Andreas Siegert finden Sie hier auf socialnet.

Der Journalist Peter Novak veröffentlichte seine Rezension unter dem Titel Aufklärung über rechte Ideologie in der Sprache auf der Seite des Magazins „M – Menschen machen Medien“, das vom Bundesvorstand der Gewerkschaft verdi herausgegeben wird.

Wahlerfolge der AFD, Blockade-Aktionen vor Flüchtlingsunterkünften, Pegida- und „Nein zum Heim!“-Demonstrationen in vielen Städten. Kein Zweifel, die rechte Bewegung erlebt in den letzten Monaten auch in Deutschland einen  Aufschwung. Dabei ist ihr es gelungen, über ihre kleinen rechten Zirkel hinaus auch in Bevölkerungskreise einzuwirken, die sich nicht zur Rechten zählen würden. Das wird deutlich, wenn sich Menschen mit Schildern „Wir sind besorgte Bürger und keine Nazis“ an Demonstrationen beteiligen, die von extremen Rechten organisiert werden. Doch der rechte Einfluss zeigt sich nicht nur auf der Straße, sondern auch im gesellschaftlichen Diskurs.

Auf die bisher zu wenig beachteten rechten Erfolge auf der Ebene der Sprache und der öffentlichen Debatte macht das „Handwörterbuch rechtsextremer Kampfbegriffe“ aufmerksam. […]

Den vollständigen Text der Rezension von Peter Nowak finden Sie hier: Aufklärung über rechte Ideologie in der Sprache oder auf dem Blog des Autoren.

 

 

Kampfbegriff „Islamisierung“

Leseprobe aus dem Handwörterbuch rechtsextremer Kampfbegriffe: ‚Islamisierung‘

cover-kampfbegriffeMit dem Aufkommen neuer rechter Bewegungen wie Pegida oder Hogesa hat der Kampfbegriff ‚Islamisierung‘ eine enorme Verbreitung gefunden. Doch obwohl sich in ihm ein antimuslimisch-rassistischer Diskurs verdichtet, wird er kaum thematisiert und teilweise unhinterfragt übernommen. Im Handwörterbuch hat Benjamin Kerst diesen Kampfbegriff untersucht. Durch die Analyse der darin enthaltenen Kernaussagen, der Verwendung des Begriffs innerhalb unterschiedlicher extrem rechter Strömungen und der Anschlussfähigkeit auch an die gesellschaftliche ‚Mitte‘ leistet er einen wichtigen Beitrag für die inhaltliche Auseinandersetzung.

Den Artikel gibt es hier als PDF-Datei:

Leseprobe_Virchow_Handwoerterbuch_rechtsextremer_Kampfbegriffe
(Die PDF-Datei enthält auch das Inhaltsverzeichnis und das Vorwort)

DISS-Neuerscheinung: Handwörterbuch rechtsextremer Kampfbegriffe

Ab sofort lieferbar ist das „Handwörterbuch rechtsextremer Kampfbegriffe“. Das Buch entstand als Kooperationsprojekt des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS) und des Forschungsschwerpunkts Rechtsextremismus/Neonazismus (FORENA) an der Hochschule Düsseldorf. Herausgeberinnen und Herausgeber sind Bente Gießelmann, Robin Heun, Benjamin Kerst, Lenard Suermann und Fabian Virchow.

cover-kampfbegriffeWas meint die extreme Rechte, wenn sie von Islamisierung, Geschlechtergleichschaltung, Political Correctness oder Schuldkult spricht?

Die Autorinnen und Autoren dieses Handwörterbuchs geben hierzu Antworten und zeigen auf, wie die extreme Rechte mit Begriffs(um)deutungen und Wortneuschöpfungen Bausteine extrem rechter Weltanschauungen über die Sprache zu vermitteln und zu verankern versucht. Die Autorinnen und Autoren richten den Blick auch auf die gesamtgesellschaftliche Anschlussfähigkeit extrem rechter Diskurse.Die einzelnen Beiträge zeigen, wie die menschenverachtenden Äußerungen und die damit einhergehenden politischen Forderungen dekonstruiert und kritisiert werden können.

Dieses Handwörterbuch richtet sich insbesondere an Multiplikator*innen aus Schule, Medien, Sozialarbeit und Gewerkschaft und versteht sich als Beitrag zur notwendigen gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit extrem rechten Deutungskämpfen. Als empirische Grundlage dienen überwiegend aktuelle Artikel aus einschlägigen Publikationsorganen und Online-Plattformen der extremen Rechten.

Die bibliografischen Daten:
Bente Gießelmann, Robin Heun, Benjamin Kerst, Lenard Suermann, Fabian Virchow (Hrsg.)
Handwörterbuch rechtsextremer Kampfbegriffe
Wochenschau-Verlag (Schwalbach/Ts.) 2015
368 Seiten, ISBN 978-3-7344-0155-8

Subskriptionspreis 19,80 EUR (danach 24,80)

Bestellungen bitte über den Wochenschau-Verlag oder über den Buchhandel.

DISS-Neuerscheinung: Der NSU in bester Gesellschaft

Ab sofort lieferbar ist der Band 37 der edition DISS im Unrast-Verlagcover-ed-37-kl

 

Jens Zimmermann, Regina Wamper, Sebastian Friedrich (Hg.)
Der NSU in bester Gesellschaft
Zwischen Neonazismus, Rassismus und Staat

168 Seiten, 18 EUR, ISBN 978-3-89771-766-4

Der gesellschaftliche Umgang mit den Morden des NSU zeugt von seiner Einbettung in ein medial vermitteltes und institutionell verfestigtes Wissen über Migration, rassistische Gewalt und ihre Ursachen, bei dem Migration und Kriminalität eng miteinander verknüpft sind. Hat sich daran nach Aufdeckung des NSU etwas verändert?

In dem Sammelband werden mit einem Blick in die 1990er Jahre die zentralen Faktoren ausgeleuchtet, die für die Entstehung und die weitgehend ungehinderten Aktivitäten des NSU relevant waren. Ein Blick in die Gegenwart arbeitet die politischen, juristischen und medialen Auseinandersetzungen mit dem NSU nach Bekanntwerden seiner Morde und deren Effekte heraus. Schließlich geht es um die Frage, was der NSU und der gesellschaftliche Umgang mit ihm und den Morden für eine antifaschistisch und antirassistisch ausgerichtete Theorie und Praxis bedeutet.

Inhalt

  • Sebastian Friedrich, Regina Wamper & Jens Zimmermann Einleitung
  • Michael Weiss
    Der NSU im Netz von Blood & Honour und Combat 18
  • Margarete Jäger
    Skandal und doch normal.
    Verschiebungen und Kontinuitäten rassistischer Deutungsmuster im deutschen Einwanderungsdiskurs
  • Liz Fekete
    Why the NSU case matters. Structural racism and covert policing in Europe
  • Friedrich Burschel
    Entschleunigung, Leerlauf und Langmut.
    Nach 200 Prozesstagen im Münchener NSU-Prozess korrespondiert die Wirklichkeit oft nicht mehr mit der Inszenierung im Gerichtssaal
  • Lynn Klinger / Katharina Schoenes / Maruta Sperling
    »Das ist strafprozessual nicht in Ordnung!«
    Der NSU-Prozess zwischen Beschleunigungsgebot und Aufklärungsinteresse
  • Derya Gür-Şeker
    »In Deutschland die Soko Bosporus, in der Türkei die Soko Ceska.« Die Berichterstattung über die NSU-Morde in deutschund türkischsprachigen Medien im Vergleich
  • Matthias Falter
    Zwischen Externalisierung und Problematisierung. Österreichische Reaktionen auf die NSU-Morde
  • Felix Hansen
    Die Sicht der extremen Rechten auf den NSU
  • Ayşe Güleç und Lee Hielscher
    Zwischen Hegemonialität und Multiplität des Erinnerns.
    Suchbewegungen einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem NSU
  • Ulrich Peters
    Nach dem NSU: Antifa heißt weitermachen?

Bitte bestellen Sie das Buch über der Buchhandel oder direkt beim Unrast-Verlag.

 

 

 

DISS-Neuerscheinung: Kapitalismus und / oder Demokratie?

In der Reihe Edition DISS im Unrast-Verlag erschien der Band

Wolfgang Kastrup, Helmut Kellershohn (Hg.)
Kapitalismus und / oder Demokratie?
Beiträge zur Kritik „marktkonformer“ Demokratieverhältnisse
ISBN 978-3-89771-765-7
144 S., 18 EUR

cover-kastrup-kapitalismus-In den Institutionen der bürgerlichen Demokratie vollzieht sich gegenwärtig, unter den Bedingungen einer neoliberalen Regierungsweise, eine Entkoppelung von Demokratie und Kapitalismus – unter gleichzeitiger Beibehaltung ihrer formalen Funktionsmechanismen. Der britische Soziologe Colin Crouch hat dafür den Begriff »Postdemokratie« geprägt; andere Autoren reformulieren Nicos Poulantzas’ Theorie des »Autoritären Etatismus«, und der italienische Philosoph Domenico Losurdo bemüht in Abwandlung der Bonapartismustheorie von Marx den Begriff »Soft-Bonapartismus«. Dies sind einige Beispiele dafür, dass die krisenhaften Entwicklungen dazu anregen, das Verhältnis von Demokratie und Kapitalismus/Neoliberalismus theoretisch neu zu fassen und zu kritisieren.
Der vorliegende Band beruht auf Vorträgen, die auf dem Colloquium des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung 2013 gehalten wurden. Er widmet sich den hier nur knapp angerissenen Fragen. Zum einen wird das Verhältnis von Demokratie, Neoliberalismus und Kapitalismus thematisiert; zum anderen wird der Frage einer Fundamental-Demokratisierung von Politik und Gesellschaft nachgegangen, von der Andreas Fisahn postuliert, dass sie »Bedingung […] für die Durchbrechung der Logiken des entfesselten Marktes« sei.