Flüchtlingshilfe von unten

Spendenaufruf Medico International
Flucht aus der Ukraine

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Jetzt gilt es, die Netzwerke der Solidarität zu unterstützen und zu ermöglichen, dass Menschen an- und weiterkommen.

Wir wissen nicht, was in den nächsten Tagen noch passieren wird. Es ist Krieg in der Ukraine und er betrifft Millionen Menschen. Sie bringen sich vor den russischen Angriffen in Sicherheit und fliehen aus Angst vor dem, was noch kommen mag, in die Nachbarländer, in die Europäische Union. In Polen werden zurzeit bis zu 3 Millionen Menschen erwartet, über 300.000 sind bereits angekommen. Dazu wird es Millionen Binnenvertriebene und Flüchtlinge in anderen angrenzenden Ländern geben.

Auf Hilfe von außen hat niemand gewartet. Innerhalb von Stunden sind Netzwerke der Solidarität entstanden, die wichtige Telefonnummern, Tipps zu Grenzübergängen, Asylfragen und andere nützliche Informationen teilen. Willkommenskomitees geben an den Grenzen warme Getränke aus. Inzwischen sind Hilfsorganisationen vor Ort und es gibt staatliche Unterstützung für die Flüchtenden. Ukrainischen Flüchtenden stehen die Grenzen offen, es gibt Zusagen der EU für Aufnahme. Das ist gut so. Es gibt jedoch tausende Menschen, für die dies nicht gilt. Menschen aus afrikanischen und arabischen Ländern, die sich in der Ukraine aufhalten müssen an der Grenze oft stundenlang warten. Haben sie es dennoch nach Polen geschafft erreicht sie keine gleichberechtigte Hilfe.

Jetzt gilt es, die Netzwerke der Solidarität zu unterstützen und zu ermöglichen, dass alle Menschen an- und weiterkommen. Auch in Deutschland gibt es erste Aufrufe in die Netzwerke der Willkommensstrukturen. Vieles erinnert an 2015 und profitiert von dem, was damals entstanden ist.

Die medico-Partner:innen der polnischen Grupa Granica sind an der ukrainischen Grenze aktiv. Sie bauen ihre Hilfsnetzwerke aus – auch in der Ukraine – teilen Informationen und leisten praktische Hilfe für die Flüchtenden aus der Ukraine. Sie unterstützen besonders diejenigen, die ohne ukrainischen Pass an der Grenze ankommen und organisieren Schlafplätze und juristische Beihilfe für die Flüchtenden. Grupa Granica ist ein Netzwerk aus verschiedenen Initiativen, die medico seit letztem Winter unterstützt. Das Netzwerk kümmert sich bis heute um Geflüchtete, die an der polnisch-belarussischen Grenze aufgehalten und zurückgedrängt werden. Auch sie dürfen jetzt nicht vergessen werden.

Mit einer Spende unter dem Stichwort „Flucht und Migration“ können Sie die Arbeit des medico-Partners Grupa Grancia in Polen unterstützen.

-> Wir bitten um Spenden unter dem Stichwort „Flucht und Migration“

-> Hintergrund: Wie konnte es soweit kommen?

Aktuelle Hinweise von Martin Gerner zu Afghanistan

Luftbrücke für Afghanistan: Rettung ALLER gefährdeten Menschen jetzt!

-> Petition bei Change.org

Vormarsch der Taliban in AfghanistanZurück bleibt ein betrogenes Volk

Angesichts des Vormarschs und der Übermacht der Taliban verschärft sich die Lage zahlreicher Afghaninnen und Afghanen. Sie fühlten sich vom Westen betrogen, kommentiert Martin Gerner. Ihr Notlage gelte es zu lindern, denn die neue humanitäre Katastrophe habe längst begonnen.

Ein Kommentar von Martin Gerner

-> Weiter lesen beim Deutschlandfunk

Antiklassismus-Magazin „Dishwasher“ & Aufruf für Beiträge

Netzfundstück:

Das Antiklassismus-Magazin „Dishwasher“ erscheint jetzt bundesweit

Mai 8, 2021
Autor: Andreas Kemper

Seit ein paar Jahren gibt das autonome Arbeiter*innenkinder-Referat der Uni Münster das Magazin „The Dishwasher – Magazin für studierende Arbeiter*innen|kinder“ heraus. Seit 2019 sind weitere Antiklassismus-Referate und -Projekte an Hochschulen entstanden. Diese haben nun im April 2021 eine erste gemeinsame Redaktions-Konferenz organisiert.

Das Arbeiter*innenkinder-Referat in Münster

Mehr als 15 Jahre lang hatte das autonome FiKuS-Referat, „Referat für finanziell und kulturell benachteiligte Studierende“ im AStA der Uni Münster ein Alleinstellungsmerkmal. Nur an der Uni Münster trafen sich jährlich studierende Arbeiter*innenkinder im weiteren Sinne zu einer Vollversammlung, um aus ihren Reihen Referent*innen zu wählen, die politisch gegen die Benachteiligungen im Bildungssystem aktiv werden sollten. Nur an der Uni Münster gab es ein solches Referat. Und dieses Referat publizierte mit eigenen Geldern das Magazin „The Dishwasher“, welches aber über Münster hinaus auf Interesse stieß.

Seit 2019 neue Referate in Marbung, Köln und München

2019 kam es an der Uni Marburg zu einer weiteren Vollversammlung von studierenden Arbeiter*innenkindern. Obwohl auch diese ein autonomes Referat nach dem Münsteraner Vorbild einforderten wurde ihnen vom AStA nur ein halbautonomer Status zugestanden (im Gegensatz zum gleichzeitig etablierten Familien-Referat). 2020 organisierten Kölner*innen eine entsprechende Vollversammlung und es entstand ein drittes Antiklassismus-Referat, kurz darauf folgte das Antiklassismus-Referat der LMU München. Und an den Hochschulen in Potsdam, Hildesheim und der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin sind ebenfalls Referate in Startlöchern. Weitere Projekte gibt es in Wien, Gießen, Mainz, Frankfurt a.M. und an anderen Hochschulstandorten.

Der neue Dishwasher als Bewegungsorgan von Arbeiter*innenkindern

Diese Referate und Initiativen sind seit einigen Monaten miteinander vernetzt und das Fikus-Referat aus Münster schlug vor, den Dishwasher ab sofort dann gemeinsam heraus zu geben. Der Verein zum Abbau von Bildungsbarrieren e.V. wurde reaktiviert. In den Vorstand eine Referentin aus Köln und ein Referent und eine Ex-Referentin aus Münster gewählt. Rechnungsprüfer kommen aus dem Referat aus München und dem Referatsprojekt aus Hildesheim. Mit dem Verein sollen Spenden für eine Anschubfinanzierung gesammelt werden. Wird das Spendenziel von ca. 2.000 Euro erreicht, kann der Dishwasher in den Druck gehen. Die Ausgaben werden dann für den Selbstkostenpreis an die Referate und Initiativen verkauft, die diese dann an den jeweiligen Hochschulen für die Studierenden verteilten.

So der Plan. Was jetzt noch fehlt, sind die Spenden.

(https://andreaskemper.org/2021/05/08/das-antiklassismus-magazin-dishwasher-erscheint-jetzt-bundesweit/ Abruf: 20.7.2021)

-> Dishwasher
-> Aufruf zu Beiträgen für die nächste Ausgabe
-> Andreas Kemper

Edward Curtis – The North American Indian (Interview mit Jobst Paul)

Die Bildsprache in Curtis‘ Fotografien und ihre Wirkung

Die Ausstellung „The North American Indian“ im Kultur- und Stadthistorischen Museum in Duisburg zeigt Fotos von Native Americans im frühen 20. Jahrhundert. Der Fotograf Edward Curtis wollte indigene Kultur wissenschaftlich dokumentieren. Zugleich sind seine Bilder Kunstwerke, die eine romantisch-verklärende Perspektive auf das Vergangene und Fremde offenbaren. Jobst Paul (DISS) unterzieht ausgewählte Werke einer Bildanalyse, wie sie in der Visual History üblich ist. Dabei dekonstruiert er Curtis Bildsprache und zeigt auf, wie Bilder unsere Vorstellung von der Realität beeinflussen.

The North American Indian – Die Bildsprache in Curtis‘ Fotografien und ihre Wirkung

Brexitannia – Großbritanniens Weg aus der EU

Illustratotion des WDR (eingebunden)

 

Radiofeature von Robert Tonks und Zakaria Rahmani (Regie)

Frühjahr 2020: Die ganze Welt spricht über Corona. Die ganze Welt? Nicht ganz: Im Auftrag des WDR reist der Deutsch-Brite Robert Tonks zusammen mit Zakaria Rahmani (Regie) und Iris Tonks durch Großbritannien. Sie interviewen Brexit-Wähler und Gegner, Expertinnen und Zeitzeuginnen, Heldinnen und Verlierer – und einen Professor, der als Erfinder des Brexits gilt. In vier halbstündigen Radiofeatures rekonstruieren sie die politische und ökonomische Vorgeschichte des Brexits. Einfache Erklärungen und entsubjektivierende Darstellungen vermeintlich irrer Brexiteers findet man hier nicht. Dafür erfährt man en passant dann doch, warum COVID-19 die Britten so hart treffen konnte.

Immer sonntags auf WDR 5: 8.04 – 8.35 Uhr (Wiederholung 22.30 – 23.00 Uhr).
6.12.2020: Teil 1: Der Feind im Inneren – 6. Dezember 2020
13.12.2020: Teil 2: Auf der Suche nach Middle England – 13. Dezember
20.12.2020: Teil 3: God Save the NHS – 20. Dezember
27.12.2020: Teil 4: Rule Britannia! – 27. Dezember

Oder ganz bequem und jetzt schon komplett in der
-> WDR-Audiothek

 

Mehr zum Brexit beim DISS:

It is not all English what shines

 

Augsburger Wissenschaftspreis für DISS-Mitarbeiterin Katharina Peters

Unsere Mitarbeiterin Katharina Peters wurde für ihre Abschlussarbeit zum Thema Antiziganismus im Tatort und politischen Talkshows im öffentlich-rechtlichen Fernsehen mit dem diesjährigen Augsburger Förderpreis für Interkulturelle Studien ausgezeichnet.

Der Preis wird jährlich von der Universität Augsburg zusammen mit der Stadt Augsburg und dem Forum Interkulturelles Leben und Lernen (FILL e.V.) verliehen. Er „zeichnet hervorragende Leistungen von Nachwuchswissenschaftler*innen aus, deren Forschung sich mit der interkulturellen Wirklichkeit in Deutschland und den damit zusammenhängenden Fragen und Herausforderungen auseinandersetzt. Die Ausschreibung wendet sich an alle wissenschaftlichen Disziplinen und will in besonderer Weise interdisziplinär und innovativ angelegte Qualifikationsarbeiten prämieren“ (Ausschreibung Augsburger Wissenschaftspreis).

Katharina Peters hat in ihrer Abschlussarbeit mit Instrumenten der Diskurs- und Medienanalyse untersucht, welche Bilder von ‚Sinti und Roma‘ und als solche Gelesene im deutschen Fernsehen aufgegriffen und (re)produziert werden. Im Rahmen der Analyse werden diese in ihrer Konstruiertheit entlarvt und die folgenreichen Wechselwirkungen zwischen fiktionalen Sendungen wie dem Tatort und nicht-fiktionalen Formaten wie politischen Talkshows herausgestellt. Die Arbeit schafft dadurch Raum für andere Wirklichkeitsentwürfe und will die Sensibilität für eine diskriminierungsfreie mediale Darstellung schärfen.

Die Arbeit wird im Frühjahr 2021 in der Reihe „Edition DISS“ im UNRAST-Verlag Münster erscheinen.

Pater Oliver: „Der Tote wird nicht der letzte sein“

Das Domradio Köln sendete gestern ein Interview mit Pater Oliver vom Sozialpastoralen Zentrum Petershof in Marxloh.

In einem Schlafcontainer der Gemeinde St. Peter in Duisburg-Marxloh wurde am Wochenende ein Obdachloser tot aufgefunden. Der Pfarrer der Gemeinde sieht dahitner ein größeres Problem – und erhebt Vorwürfe gegen die Stadt Duisburg.

Pater Oliver Potschien (Pfarrer in der Kirchengemeinde St. Peter in Duisburg-Marxloh): Am Samstagmorgen ist der schlimmstmögliche Fall eingetreten, den wir uns immer ausgemalt haben: Dass einer unserer Bewohner tot im Bett lag. Der Punkt ist: Der Tote von Samstag wird nicht der letzte sein, weil wir viele Menschen haben, die schwer krank sind und die nicht vernünftig versorgt werden.

Man hat den Eindruck, dass es eine Reihe von Menschen gibt, die durch die gängigen Konzepte fallen und einfach abgeladen werden.

[…]

DOMRADIO.DE: Sie sagen, die Stadt Duisburg lässt die Obdachlosen im Stich. Inwiefern?

Potschien: Ja, ich habe schon vor längerer Zeit einen Hilferuf an die Stadt geschickt. Und da kommen dann so Sätze zur Antwort wie „Im Spannungsfeld dieser Problematik bedarf die institutionelle Entscheidung der sorgfältigen Abwägung aller relevanten Aspekte.“ Dazu fällt mir nichts mehr zu ein, der Stadt offensichtlich auch nicht, aber mir fällt gar nichts mehr dazu ein. Wir müssen uns doch anständig um die Menschen kümmern!

DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie sich konkret von der Stadt Duisburg?

Potschien: Wir müssen uns an einen Tisch setzen und versuchen, dass wir für die Leute, die offensichtlich durch das Raster fallen, eine menschenwürdige Lösung finden. Der erste Schritt wäre, dass die Stadt Duisburg überhaupt erst einmal anerkennt, dass es ein Obdachlosen-Problem in Duisburg gibt. Das wäre vielleicht schonmal ein Anfang. Die Menschen bilde ich mir ja nicht ein, ich habe ja keine Halluzinationen, sondern sie sind sehr real.

Der erste Schritt wäre: Wir erkennen an, es gibt in Duisburg ein Problem mit Obdachlosen. Der zweite Schritt: Jetzt versuchen wir, das zu lösen. Das würde ich mir wünschen.

Lesen Sie den vollständigen Artiken auf Domradio.de:
Schwere Vorwürfe nach Obdachlosen-Tod in Duisburg „Der Tote wird nicht der letzte sein“

Hören Sie das Interview mit Pater Oliver bei Domradio.de:
Tod in der Notschlafstelle: Hilferuf aus Duisburg – Ein Interview mit Pater Oliver Potschien (Petershof Duisburg-Marxloh)

Dokumentation: Offener Brief zur Situation der Obdachlosen in Duisburg

Pater Oliver und Schwester Ursula vom Petershof Marxloh (Sozialpastorales Zentrum an der kath. Kirche St. Peter) machten vor einem Monat in einem Offenen Brief auf die äußerst zugespitzte Lage der Obdachlosen in Duisburg aufmerksam.

 

Die Lokalzeit Duisburg des WDR berichtete zuletzt am 30.4. über das Thema. Die Sendung ist noch bis zum 7.5. abrufbar.
Pater Oliver kämpft für Bedürftige trotz Corona | Studiogast: Sandra Hankewitsch, Pflegewissenschaftlerin

 

 

 

Wir dokumentieren den Wortlaut des Offenen Briefes und die Antwort der Stadt Duisburg. Die Original-Dokumente entnahmen wir der Website des Georgswerks: Aktuelle Corona-Hilfe. Das Statement der Stadt Duisburg wird dort mit den Worten kommentiert: „Halten Sie sich fest: Hier die Antwort“

 

Offener Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Duisburg

Petershof

Herrn
Oberbürgermeister Link
per Mail: oberbuergermeister@stadt-duisburg.de

Situation der Obdachlosen in Duisburg
Offener Brief

01.04.2020

Sehr geehrter Herr Link,

auch wenn die Eingangsfrage vielleicht etwas platt ist, steckt doch das ganze derzeitige Elend darin:

Möchten Sie derzeit in der Haut eines Obdachlosen stecken?

Mit einer gewissen Fassungslosigkeit konstatieren wir, wie das hier seit langem fehlende Konzept für einen angemessenen, menschlichen und dem 21. Jahrhundert entsprechenden Umgang mit Obdachlo­sigkeit in der gegenwärtigen Situation für viele Duisburger lebensbedrohlich wird.

Daher bitten wir Sie, folgende Punkte zu überdenken:

1. Es muss für jeden Duisburger eine angemessene Unterkunft geben.
Suchtkrankheiten und ihre Folgen können keine Ausrede für die Verweigerung eines Schlafplat­zes sein.

2. Es muss für jeden Duisburger etwas zu essen geben.
Und zwar unabhängig von Gabenzäunen, Pfandflaschensammlungen oder Durchwühlen von Müllcontainern.

3. Es muss für jeden Duisburger (warme) Kleidung zur Verfügung stehen.

4. Es muss für jeden Duisburger Zugang zu einem Arzt möglich sein.
Und zwar weder in ehemaligen Schlafzimmern alter Pfarrhäuser noch in ausrangierten Kranken­wagen noch im Nieselregen auf irgendwelchen öffentlichen Plätzen.

Viele Initiativen in Duisburg kümmern und sorgen sich – oft bis an den Rand des individuell Möglichen – um ihre Mitmenschen. Viele Duisburger beteiligen sich, indem sie Lebensmittel, Ideen, Kleidung, Geld, Arbeitskraft und Zeit investieren.

Ohne ein schlüssiges Gesamtkonzept bleibt dies alles aber nur Flickwerk.

Mit freundlichen Grüßen
Pater Oliver
Schwester Ursula

Petershof Marxloh | Sozialpastorales Zentrum an der kath. Kirche St. Peter
Mittelstr. 2 |47169 Duisburg – Marxloh | Tel.: (0203) 500 66 07 | Fax: (0203) 500 89 46 www.georgswerk.de

 

Die Antwort der Stadt Duisburg

Der Oberbürgermeister
Dezernat für Familie, Bildung und Kultur, Arbeit und Soziales
Dez. III Stadtverwaltung Duisburg, 47049 Duisburg

Petershof Marxloh
Sozialpastorales Zentrum St. Peter
Herrn Pater Oliver

Ihr Schreiben „Offener Brief“ vom 01.04.2020, Reg.Nr. 1052/2020

Sehr geehrter Pater Oliver, sehr geehrte Schwester Ursula,

mit Ihrem Offenen Brief haben Sie sich an Herrn Oberbürgermeister Sören Link gewandt. Dieser gab Ihre Zuschrift an mich als den zuständigen Fachdezernenten weiter.

Zunächst bedanke ich mich für Ihre Zuschrift vom 01.04.2020, in der Sie erneut die Problematik der von Wohnungslosigkeit betroffenen Personen in unserer Stadt beleuchten. Die Beantwortung Ihrer darin eingangs gestellten Frage erübrigt sich. Für die allermeisten Einwohnerinnen und Bürgerinnen unserer Stadt ist ein Leben auf der Straße unvorstellbar. Welche Nachteile und Einschränkungen damit verbunden sind, lässt sich erahnen; insbesondere wenn die Betroffenen durch extreme Wetterlagen, Katastrophen oder die aktuell vorgegebenen Beschränkungen der Behörden im besonderen Fokus der Öffentlichkeit stehen.

Ihrem Hinweis, wonach es in Duisburg kein Konzept für einen angemessenen, menschlichen und dem 21. Jahrhundert entsprechenden Umgang mit Obdachlosigkeit gibt, widerspreche ich ausdrücklich. Bereits vor vielen Jahren hat Duisburg sich zur Vermeidung und Beseitigung von Wohnungs- und/oder Obdachlosigkeit konzeptionell neu aufgestellt. Diese Konzeption hat einen stark präventiv ausgeprägten Charakter und sieht eine dauerhafte Beherbergung in Obdacheinrichtungen nicht mehr vor. Vorrangig im Interesse der betroffenen Personen, weil hierdurch eine weitere Isolation und Verelendung vermieden werden soll. Primäres Ziel hierbei ist eine bedarfsgerechte Versorgung des Personenkreises, bevorzugt in eigenem Wohnraum. Nach hier vorherrschender Ansicht ist jeder Mensch wohnfähig. Fachgerechte Beratung und Begleitung der Betroffenen sind hierbei inclusive.

Bekannt ist, dass Hilfe in dieser Form nicht von allen Betroffenen angenommen wird. Bewusst entscheiden sich Einzelne für einen Verbleib und das Leben auf der Straße. Damit verbundene Unannehmlichkeiten, Nachteile und sonstige Beeinträchtigungen ihres Daseins nehmen sie bewusst in Kauf. Das Schicksal dieser Personen macht auch die Verantwortlichen in der Kommune betroffen; nicht nur in diesen Tagen.

Obwohl sich die Stadt Duisburg, wie erwähnt, auch im Interesse der Betroffenen vom Grundsatz her entschieden hat, keine Obdachloseneinrichtungen zu betreiben, kann im Rahmen der Gefahrenabwehr jederzeit eine Unterbringung erfolgen. Hierfür steht eine begrenzte Anzahl von Plätzen, die bedarfsweise ausgeweitet werden müssen, zur Verfügung. Viele der Betroffenen lehnen jedoch eine derartige Unterbringung in einer Not- oder Sammelunterkunft ab. Erfolgt eine Unterbringung in diesem Rahmen, kann diese nur vorübergehenden Charakter haben. Angestrebt wird weiterhin die Versorgung mit Normalwohnraum. Problematisch wird dies, wenn der betroffene Personenkreis aufgrund europa- oder ausländerrechtlicher Bestimmungen über kein Erwerbs­oder Transferleistungseinkommen verfügt. In diesen Fällen werden Hilfen zur Rückkehr oder dem Aufsuchen der heimischen Landesvertretung angeboten.

Das vorgenannte Unterbringungsangebot gilt auch dann, wenn der Personenkreis situativ von weiteren Einschnitten im öffentlichen Lebensraum betroffen ist. Viele lehnen jedoch auch in diesen Situationen weiterhin die Unterbringung in einer Not- oder Sammelunterkunft ab. Dem entgegen werden mit Blick auf die Fürsorgepflicht des Staates/der Kommune passgenaue Lösungsmöglichkeiten erwartet. Mitunter stehen diese konträr zu den übergeordneten Zielen des Hilfesystems und fördern einen Verbleib auf der Straße. Im Spannungsfeld dieser Problematik bedarf die institutionelle Entscheidung der sorgfältigen Abwägung aller relevanten Aspekte.

Ihre unter den Punkten eins bis vier beschriebene Forderung nach der Erfüllung existentieller Grundbedürfnisse teile ich. Vom Grundsatz her sehe ich diese mit den vom Gesetzgeber erlassenen Vorgaben, an die sich auch die Stadt Duisburg strikt hält, als gegeben an. Dennoch ist mir durchaus bewusst, dass es hier einzelfallbezogen Lücken gibt und die Bedarfsdeckung nicht oder nur mangelhaft sichergestellt ist. Hier bin ich den von Ihnen benannten ehrenamtlich tätigen Initiativen, Vereinen und Institutionen für ihr aufopferndes Engagement dankbar. Allein durch die öffentliche Hand ist hier Abhilfe in ausreichendem Maße nicht möglich.

Aktuell werden weltweit durchgängig allen Personen in den unterschiedlichsten Konstellationen massive Einschränkungen in ihrem Lebensumfeld abverlangt. Mit Blick hierauf bitte ich um Verständnis dafür, dass die Lösung der Problematik nicht unmittelbar erfolgen kann. Seien Sie jedoch versichert, dass innerhalb der

Verwaltung zeitnah das bisherige Angebot permanent geprüft und ggf. den aktuellen Bedingungen angepasst wird. Die Stadt Duisburg hat alle Menschen im Blick und wir arbeiten mit vereinten Kräften und hoher Motivation an der Bewältigung der momentanen Herausforderungen.

Ihnen und Ihren vielen Helfern*innen danke ich an dieser Stelle noch einmal für Ihr Engagement in dieser schwierigen Zeit.

Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
Thomas Krützberg
Beigeordneter

 


Spenden kann man hier: Hilfe für den Petershof

Kritisches Statement zur geplanten Corona-App

Wir dokumentieren hier eine kritisches Statement zur geplanten Corona-App. Sie stammt von Capulcu, einer Gruppe technologie-kritischer Aktivist*innen und Hacktivist*innen.

 

Die „freiwillige“ Corona-App

Die Bundesregierung setzt für eine schrittweise Rücknahme der Corona-Kontaktbeschränkungen auf eine breite Akzeptanz für die nach Ostern herunterladbare App zur nachträglichen Kontaktrekonstruktion Infizierter. Die (berechtigte) Angst vor dem Virus wird benutzt, um einem Großteil der Bevölkerung „freiwillig“ ein autoritär hochwirksames Werkzeug zu verabreichen.

Wir kritisieren in diesem Artikel die technische Konstruktion der App, aber auch ihre sozial-technokratischen Konsequenzen. Selbst wenn das Protokollieren von Kontakten vollständig pseudonym erfolgen würde, müssen wir dringend vor dieser App warnen. In dem Moment, wo (sogar anonyme) Verhaltensdaten flächendeckend anfallen, sind die prädiktiven Modelle, die damit trainiert werden, dazu in der Lage, ganze Populationen in Risikogruppen einzuteilen und algorithmisch zu verwalten. Hinzu kommt, dass ein simples Software-Update die App in ein wirksames Tool zur individuellen Zugangsbeschränkung verwandelt. Daher unser klares Nein zur Corona-App!

Ein internationales Team bestehend aus rund 130 Wissenschaftler*innen, IT-Entwickler*innen, Datenschutzerbeauftragten und Soldat*innen arbeiten derzeit in einem Projekt mit dem Namen Pan European Privacy-Protecting Proximity Tracing (PEPP-PT) an einer Software, welche die SARS-CoV-2-Virusverbreitung einschränken soll. Beteiligt sind aus Deutschland unter anderem das Robert-Koch-Institut (RKI), das Heinrich- Hertz-Institut (HHI) und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte begleitet die Entwicklung und Soldat*innen der Bundeswehr helfen bei den Tests. Bis auf RKI sind sie auf der Website des Projekts nicht gelistet. Das HHI ist unter Fraunhofer subsumiert. Bislang sind Forscher*innen und Institute aus acht Ländern an der Entwicklung beteiligt: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Spanien und die Schweiz.

Um die Ausbreitung einzudämmen, sollen Kontaktpersonen von Infizierten frühzeitig gewarnt werden. Wenn Menschen Symptome zeigen, dann haben sie das Virus bereits weitergegeben. Deshalb sollen nach einer positiven Diagnose alle Handybesitzer benachrichtigt werden, deren Geräte in der Nähe des Erkrankten waren. Wenn es viele einzelne Ansätze und Software-Lösungen gibt, die jeweils nur ein kleiner Teil der Bevölkerung nutzt, kann das Konzept nicht aufgehen. Deshalb soll eine gemeinsame Grundlage entstehen, die möglichst schnell eine kritische Größe „Kritisches Statement zur geplanten Corona-App“ weiterlesen