Lesetipp: Neuerscheinung IDA-Reader Antiziganismus

Beim Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e.V. (IDA) erschien der Reader

Antiziganismus – Rassistische Stereotype und Diskriminierung von Sinti und Roma. Grundlagen für eine Bildungsarbeit gegen Antiziganismus.

Der Band enthält u.a. auch die Texte Diskurse über Sinti und Roma in den Medien von Alexandra Graevskaia und Vorwurf der Kriminalität von Michael Lausberg, die beide im DISS mitarbeiten.

Sinti und Roma sind in besonderem Maße rassistischer Ausgrenzung und Diskriminierung ausgesetzt. Nicht nur aktuell aus Osteuropa migrierte Roma sind von Rassismus betroffen; antiziganistische Feindbilder richten sich gegen alle Sinti und Roma, die in Deutschland leben – in einer jahrhundertelangen Kontinuität, die selten betrachtet und herausgestellt wird.
Der Reader klärt über Ursachen und Auswirkungen von Antiziganismus auf und nimmt drei Ebenen von Antiziganismus in den Blick: Der erste Teil geht auf strukturelle Diskriminierung ein, wenn er nach der ausgrenzenden Wirkungsweise von Sprache, nach der aktuellen Mediendebatte über eingewanderte Roma und der Bildungssituation deutscher Sinti und Roma fragt. Weitere Beiträge widmen sich unter anderem der Diskriminierung von Sinti und Roma auf dem Arbeitsmarkt und der Lage von Roma in Ost- und Südosteuropa. Im zweiten Part fokussiert die Broschüre die individuelle Ebene des Antiziganismus. So geht die Publikation auf die Verbreitung antiziganistischer Einstellungen in Deutschland sowie die Herkunft und Wirkung einzelner antiziganistischer Vorurteile ein. Ein dritter Teil beleuchtet die Ebene von (extrem rechter) Agitation und Gewalt gegen Sinti und Roma in Deutschland wie in Mittel- und Osteuropa. Nicht zuletzt weil ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt von IDA e. V. die Unterstützung von und die Kooperation mit Migrant_innenselbstorganisationen ist, schließt die Broschüre mit der Selbstrepräsentation von Organisationen. Es stellen sich die Roma-(und Nicht-Roma-)Jugendorganisationen Amaro Drom e. V., Amaro Foro und TernYpe vor; ferner das AGORA-Netzwerk für Sinti- und Roma-Frauen, die Kampagne „Alle bleiben“ und die Hildegard-Lagrenne-Stiftung.

Milena Detzner/Ansgar Drücker/Barbara Manthe (Hg.): Antiziganismus – Rassistische Stereotype und Diskriminierung von Sinti und Roma. Grundlagen für eine Bildungsarbeit gegen Antiziganismus. Herausgegeben im Auftrag des IDA e. V., ISSN 1616-6027, Düsseldorf: Eigenverlag 2014, 80 Seiten.

Den Reader kann man über ein Bestellformular auf der Website von IDA anfordern.

 

 

Netzfundstücke: Brandgefährliche Stimmungsmache

DISS-Mitarbeiter Sebastian Friedrich veröffentlichte in der Tageszeitung Neues Deutschland am 9.10.2014 die Kolumne „Brandgefährliche Stimmungsmache“. Darin heißt es u.a.:

Angesichts vermehrter Proteste gegen Flüchtlingsheime fühlen sich manche an die frühen 90er Jahre erinnert. Es war die Zeit rassistischer Pogrome und Morde. Es war die Zeit, als das im Grundgesetz verankerte Recht auf Asyl im hohen Maße eingeschränkt wurde. Und es war die Zeit, in der auch die Medien eine unrühmliche Rolle spielten. […]

Und heute? Rechtskonservative Stimmenjäger aus neuen und alten Parteien zeichnen wieder ein Schreckensbild, wenn es um Flüchtlinge geht, und aktivieren so den gesamtgesellschaftlich verankerten Rassismus. Dennoch: Insgesamt scheint der Diskurs auf den ersten Blick geöffneter und pluraler als vor zwanzig Jahren. Weite Teile der Politik betonen die Verantwortung Deutschlands für Menschen in Not. Immerhin eine knappe Mehrheit der Menschen in der Bundesrepublik spricht sich laut Infratest Dimap dafür aus, mehr Schutzsuchende aufzunehmen. […]

Auf den zweiten Blick allerdings fällt eine bedeutende Gemeinsamkeit auf. Damals wie heute wird trennscharf unterschieden zwischen berechtigter und nicht berechtigter Flucht. Nur sprachlich gibt es eine Verschiebung: Während Anfang der 90er Jahre sortiert wurde zwischen »Flüchtlingen«, die vor Krieg und Vertreibung flüchteten, und »Asylanten«, die lediglich aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland kämen, verläuft die Grenze gegenwärtig entlang der Gegenüberstellung politischer Flüchtling versus »Armutsflüchtling«. In der vorgenommenen Trennung zwischen denen, die Hilfe brauchen, und denjenigen, die angeblich Hilfsbereitschaft ausnutzen, sind sich weite Teile der Mainstream-Medien und Politik einig.

Das wurde insbesondere deutlich, als der Bundesrat am 18. September Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu sicheren Herkunftsländern erklärte. Es herrschte weitgehend Konsens darüber, dass die meisten der bisherigen Antragsteller aus den Balkanstaaten sowieso keine richtigen Flüchtlinge seien. Dass etwas an der Asylgesetzgebung nicht stimmen kann, wenn Menschen, die in den Herkunftsländern systematisch diskriminiert werden, hierzulande dennoch kein Asyl erhalten, war indes kaum zu hören. Vielmehr wurden verschiedene Flüchtlingsgruppen gegeneinander ausgespielt. […]

Der vollständige Artikel ist auf der Website des Neuen Deutschland leider nur für Inhaber eines Online-Abos lesbar. Auf dem Blog annotazioni erschien dankenswerterweise ein genehmigter Nachdruck: Brandgefährliche Stimmungsmache

AfD – Das Interesse der jungkonservativen Neuen Rechten

In der DISS Online-Bibliothek erschien der dritte Teil der Artikelserie von Helmut Kellershohn zur Partei Alternative für Deutschland (AfD). Welche Hoffnungen und Erwartungen verbinden jungkonservative Ideologen aus dem Umfeld der Jungen Freiheit mit der AfD?

[…] Dieter Stein […] sieht die politische Hauptaufgabe der JF darin, mit publizistischen Mitteln an der Bildung eines für die Durchsetzung rechter Positionen auf parlamentarischer Ebene tragfähigen gesellschaftlichen Milieus mitzuwirken. Es sei „höchste Zeit für die Formierung eines starken konservativ-freiheitlichen Widerlagers“ (JF 41/2009, 1), das in der Lage sei, die staatstragenden Parteien, insbesondere aber „die Union von rechts unter Druck“ zu setzen und eine Ausdifferenzierung des Parteiensystems nach rechts hin zu bewirken. Die AfD scheint nun der Hebel zu sein, um dies bewerkstelligen zu können. Die AfD habe das Verdienst, schrieb Stein im Mai 2013, das „Thema der verantwortungslosen Euro-Rettung“ und damit verbunden „die endgültige Schleifung der nationalen Souveränität“ in das „Zentrum der Debatte“ gerückt; es müsse nun, trotz mancher Zweifel gegenüber der weiteren Entwicklung der AfD, „von übergeordnetem Interesse“ sein, das „Monopol der CDU“ zu brechen.

Soviel Pragmatismus mag politischen Existentialisten wie Götz Kubitschek („Ein-Mann-Kaserne“) verdächtig sein. Aber, gramscianisch gesprochen, ging es der JF immer darum, ein Hegemonieprojekt zu entwickeln, d.h. die Bildung eines Netzwerks von Akteuren zu fördern, das vielleicht einmal in der Lage sein könnte, in den Kampf um die Hegemonie einzugreifen. Welche „Akteurskonstellationen“ bringt nun die JF ein, wo gibt es Anknüpfungspunkte an das Projekt einer „konservativen Volkspartei“? – Dies soll im Weiteren anhand einiger „Eckpunkte“ geklärt werden, die für die JF (und das IfS in der ‚Ära Weißmann’) von zentraler Bedeutung gewesen sind. Bezugspunkt auf Seiten der AfD ist ihr Wahlprogramm in Sachsen. […]

Helmut Kellershohn kommt am Ende seines Textes zu folgendem Fazit.

[…] Die vorstehenden Überlegungen machen deutlich, dass die Selbstdarstellung der AfD als „konservative Volkspartei“ tatsächlich sich dem nähert, was dem jungkonservativen Hegemonieprojekt um die Junge Freiheit schon seit längerem vorschwebt: nämlich durch die Verknüpfung von nationalliberalen, christlich konservativen, völkischen und staatspolitischen Ideen eine „moderne“ völkisch-konservative Bewegung im vorpolitischen Raum zu inspirieren und über deren parteipolitische Implementierung in den politischen Raum zu einer „Umwälzung“ (Stein) des politischen Systems beizutragen. Karlheinz Weißmann als ausgewiesener Kenner der Konservativen Revolution hat bereits 2003 die JF als in der Tradition der sog. „Volkskonservativen“ stehend bezeichnet, einer Teilströmung des Weimarer Jungkonservatismus, die sich aus abtrünnigen Deutschnationalen, Teilen der Bündischen Jugend und des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes zusammensetzte und von Vordenkern der Konservativen Revolution wie Hermann Ullmann, Georg Quabbe und Edgar Julius Jung „geistig“ beeinflusst wurde. Dieter Stein hat damals zu dieser „Verortung“ geschwiegen. Heute wiederholt Weißmann genau diesen historischen Bezug, wenn er in seiner Begründung für seinen Abschied vom Institut für Staatspolitik die Notwendigkeit und die Möglichkeit betont, dass sich die AfD in Richtung einer Volkspartei entwickelt.

Bitte lesen Sie den vollständigen Text in der DISS Online-Bibliothek: „Konservative Volkspartei“ – Über das Interesse der jungkonservativen Neuen Rechten an der AfD. Sondierungen im Feld der AfD Nr. 3

Netzfundstücke: Jürgen Link zum 1. September

Jürgen Link veröffentlichte am 1. September auf seinem Blog Bangemachen gilt nicht den Artikel 100 Jahre WK I, 75 Jahre WK II: Die SCHLAGzeitung schaltet auf Modus WK III.

Es gilt: WNLIA = Weder-noch, lieber irgendwie anders. Der binäre Reduktionismus, das heißt die totale ”Einäugigkeit”: ”PUUTIIN” gegen den Rest der Welt, ist eine tödliche diskursive Waffe – als ob wir nicht bis 3 zählen könnten und uns entweder für PUUTIIN oder für eine radikale Eskalationsstrategie des “Westens” im Schlepptau der abenteuerlichen “Anti-Terror-Aktionen” Kiews mit Bombardierung von Großstädten entscheiden müssten. Die Einäugigkeit und Selbstgleichschaltung unserer Medien unterscheidet sich in nichts von 1914 (in diesen Tagen, als vor 100 Jahren bereits die mörderischen Materialschlachten gegen Russland an der Ostfront tobten).

Lesen Sie bitte den vollständigen Artikel: 100 Jahre WK I, 75 Jahre WK II: Die SCHLAGzeitung schaltet auf Modus WK III

Netzfundstücke: Erklärung des Flüchtlingsrats zum „Zeltlager“

Erklärung des Duisburger Flüchtlingsrates zum Zeltlager für Flüchtlinge in Duisburg Walsum

Bürger wollen Willkommenskultur für Flüchtlinge, keine Zeltlager.

Der Plan der Stadt Duisburg, Flüchtlinge in Zelten unterzubringen, ist empörend und verletzt deren Würde. Sie kommen aus Kriegs- und Krisengebieten wie Syrien, Irak und Afghanistan, viele haben Familie und nahe Verwandte verloren, die Zerstörung ihrer Heimat erlebt und sind schwer traumatisiert. Endlich schaffen sie es ins reiche, sichere Deutschland und landen in einem Zeltlager, das an Notunterkünfte in Armutsländern erinnert.

Stadtdirektor Reinhold Spaniel als verantwortlicher Dezernent und Leiter einer dazu gebildeten     „Task-Force“ hat bekannt gegeben, dass im Duisburger Stadtteil Walsum auf einem ehemaligen Sportgelände eine Zeltstadt für Asylsuchende entsteht. In 20 Schlaf- und Gemeinschaftszelten des Deutschen Roten Kreuzes sollen 150 Flüchtlinge bis zum Wintereinbruch untergebracht werden. Dabei stehen jedem Flüchtling lediglich 3,75 Quadratmeter zur Verfügung. Es gibt keinerlei Privatsphäre, auch nicht durch eine mögliche Abteilung des Zeltes. Die Flüchtlinge schlafen auf Feldbetten, WC und Dusche sind außerhalb in Containern untergebracht. Eine Möglichkeit der Sicherung des Eigentums und persönlicher Dinge durch Schränke oder abschließbare Aufbewahrungsorte ist nicht gegeben.

Eigene Kochmöglichkeiten sind nicht vorhanden, die Verpflegung erfolgt durch einen dezentralen Zulieferer und wird in einem gemeinsamen Versorgungszelt ausgegeben.

Die Absicherung des Zeltplatzes wird durch ein privates Sicherheitsunternehmen organisiert. Das Lager ist von Zäunen umgeben und nachts mit Flutlicht beleuchtet.

Nach Aussage des Sozialdezernenten Reinhold Spaniel soll es sich um eine Übergangslösung handeln.

Wir protestieren gegen diesen Würde verletzenden Umgang mit Flüchtlingen. Dass die Flüchtlingszahlen deutlich steigen werden war seit Monaten vorauszusehen. Es ist nicht nachvollziehbar wie angesichts erheblicher Leerstände in Duisburg bürokratische Hürden innerhalb der Stadtverwaltung eine angemessene Unterbringung verhindern, so schlägt der Kolpingverband Duisburg-Nord beispielsweise leerstehende Wohnungen in der Zinkhüttensiedlung in Duisburg-Hamborn zur Nutzung vor.

Der Flüchtlingsrat Duisburg fordert die Stadt auf, sofort die Pläne für die menschenunwürdige Unterbringung von Flüchtlingen in einem Zeltlager fallen zu lassen und weitere Bürgerkreise in die Beratung einzubeziehen.

Wir bitten gleichgesinnte Bürger, sich unserem Protest mithilfe einer Unterschriftenliste anzuschließen. Dazu wird es ebenso einen Online-Unterschriftensammlung geben.

 

 

Diese Presseerklärung fanden wir auf der Seite des Flüchtlingsrats NRW:
Bürger wollen Willkommenskultur für Flüchtlinge, keine Zeltlager

Dort gibt es auch eine Unterschriftenliste als Word-Datei:
Unterschriftenaktion (Ausgefüllte Listen können an Wolf-Dieter Just, Angerstr. 10, 47051 Duisburg geschickt werden, der sie der Stadt überreichen möchte.)

Eine Online-Petition finden Sie hier:
Bürger wollen Willkommenskultur für Flüchtlinge, keine Zeltlager

Zwei lesenswerte Artikel von Werner Jurga:
Fragwürdige Anwohner auf der Werthauser Straße
Reinhold Spaniel – Eine Frage des Stolzes

Statements von Fraktionen im Duisburger Stadtrat.
Linkspartei:
Zeltdorf für Flüchtlinge: jeder Tag ist einer zu viel
Grüne:
Zeltstadt Duisburg?

Weitere Stellungnahmen.
Duisburger Netzwerk gegen Rechts:
Zelte für Kriegsflüchtlinge in Duisburg unwürdig und menschenverachtend
Initiative gegen Duisburger Zustände:
Angst vor dem Mob? Duisburg bringt Geflüchtete in matschigem Zeltlager unter

P.S. (5.9.): Die  vom Duisburger Flüchtlingsrat gesammelten 1100 Unterschriften wurden am 2. September im Rathaus übergeben. Laut einem Artikel auf dem Portal xtranews waren Sören Link und Reinhard Spaniel für die Petenten nicht zu sprechen.

Lesenswert ist auch der Artikel in der aktuellen Ausgabe der Studentischen Zeitung ak[du]ell: Ein konstruierter Notstand

Antifa Infoportal Duisburg: Zeltlager als Flüchtlingsunterkunft? So tief kann Duisburg sinken

 

Netzfundstücke: Denk mal!

Die Evangelische Akademie der Nordkirche hat eine Website erstellt zur kritischen Auseinandersetzung mit Kriegsdenkmälern. DENK MAL! http://www.denk-mal-gegen-krieg.de/

»Für Kaiser und Reich – Gott mit uns.«

1914 – vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg. Die Kriegsbegeisterung großer Teile der Bevölkerung kannte keine Grenzen. Fast immer waren Kirchen und Pastoren beteiligt. 17 Millionen Menschen verloren in den mörderischen Schlachten bis 1918 ihr Leben.

»Jede glorifizierung eines menschen,
der im krieg getötet worden ist,
bedeutet drei Tote im nächsten krieg.«
Kurt Tucholsky (1890 – 1935)

Zwischen den Kriegen verhinderten Trauer und Schrecken nicht, dass nationale und militärische Ambitionen bald wieder erstarkten. Ein sichtbarer Ausdruck dafür sind die Kriegerdenkmäler, die in den zwanziger Jahren in fast allen Städten und Dörfern errichtet wurden. Stimmen des Protestes und der Vernunft wurden nicht beachtet.

1939 – vor 75 Jahren überfiel die Wehrmacht das Nachbarland Polen und begann den Zweiten Weltkrieg, ein Verbrechen gegen die Menschheit. Nach der deutschen Niederlage und damit der Befreiung vom Nationalsozialismus sollte ein neues Deutschland aufgebaut und gestaltet werden – erstmals ohne Militär und Armee.

»Nie wieder Faschismus,
nie wieder Krieg.«

2014 – können Deutschland und fast alle Staaten Europas auf eine lange Periode ohne Krieg zurückblicken. Doch solange dieser Frieden auf Rüstung und militärischen Optionen beruht, bleibt er gefährdet und gefährdet andere. Wer ernsthaft einen stabilen Frieden will, kommt nicht umhin, sich mit den Ursachen und Folgen der Kriege des letzten Jahrhunderts auseinanderzusetzen.

Die Website bietet viel interessantes Material, Texte, Fotos, Verantstaltungshinweise. In der Rubrik Texte wird u.a. auch ein Auszug aus der DISS-Online-Broschüre Kriegsdenkmäler als Lernorte friedenspädagogischer Arbeit präsentiert.

Netzfundstücke: Teddys gegen Kriegsverherrlichung

Auf der Seite des Westdeutschen Rundfunks erschien im Themenschwerpunkt zum Ersten Weltkrieg ein Beitrag von Sabine Tenta über die Kriegsdenkmäler auf dem Duisburger Kaiserberg.

In nahezu jedem Ort erinnert auch 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs ein Kriegsdenkmal an das Ereignis. Auf dem Duisburger Kaiserberg stehen mehrere umstrittene Denkmäler. Sie locken Neonazis an, wecken aber auch kreativen Bürgerprotest.

Die Autorin sprach u.a. mit DISS-Mitarbeiter Martin Dietzsch. Zum Gedenkklotz von 1933 heißt es:

Auf dem Duisburger Kaiserberg, einer weitläufigen Parkanlage im Stadtteil Duissern, befindet sich ein Denkmal aus dem Jahr 1933 mit martialischer Inschrift. Unter anderem steht dort: „Und finden die Zeichen die Enkel später, hört wie sie stammeln, Gott, nur das Eine, mach uns so eisern, so deutsch wie die Väter.“ Auf dem Sockel stand ein Steinkubus, der jedoch zerstört ist. Weder Vandalismus noch Weltkriegsbomben, sondern Frostschäden haben das Denkmal für das 193. Infanterieregiment in seine Einzelteile zerlegt. Die Stadt Duisburg hat im Herbst 2013 die Steinbrocken eingezäunt. Susanne Stölting, Sprecherin der Stadt Duisburg, erklärte, dass die Restaurierung unabhängig vom 100. Jahrestag des Weltkriegsbeginns sei. Im letzten Jahr, als die Schäden auftraten, hätten schlicht die 20.000 Euro für diese Arbeiten im Etat der Stadt gefehlt, darum wurden sie auf 2014 verschoben. Bis zur Instandsetzung bleiben die Denkmalreste eingezäunt.

Nachdem der Zaun im Herbst 2013 errichtet worden war, nahmen Bürger ihn zum Anlass, auf ihre Art gegen das Denkmal zu protestieren: Sie setzten einen riesigen Plüsch-Eisbär in diesen „Käfig“, sagt Martin Dietzsch. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des „Duisburger Instituts für Sprache und Sozialforschung“, und verfolgt seit Jahren die Kontroversen um die Kaiserberg-Kriegsdenkmäler. Für Dietzsch ist der Eisbär ein politisches Statement. Denn am Bauzaun hing ein Schild, das dazu aufforderte, den Bären mit Liebe zu füttern. Als politische Aussage verstanden es auch Neonazis. Sie verbrannten den Eisbären und hinterließen Aufkleber mit rechtsextremen Parolen. Daraufhin haben Duisburger Bürger wiederum Teddys auf den Sockel gesetzt und konterten mit dem Aufkleber „Nie wieder Krieg“. Ein ständiges Hin und Her zwischen „den Anwohnern und den Neonazis führt dazu, dass sich der Stofftier-Zoo immer wieder verändert“, so Martin Dietzsch. Jedes zerstörte Plüschtier werde durch mehrere neue ersetzt.

Ein Vertreter des Volksbundes Deutsche Kriegsgäberfürsorge sprach sich gegen eine kritische Auseinandersetzung mit solchen Denkmälern aus.

Wolfgang Held von der Kriegsgräberfürsorge NRW verteidigt die Zurückhaltung: „Wir wollten keine Polemik reinbringen.“ Für ihn sind die Kriegsgräberstätten „wichtige Zeitzeichen“, die erhalten werden müssen. „Sonst wird die Geschichte mit dem Meißel geklittert. Dann ist Geschichte nicht mehr Geschichte.“

Der Gedenkklotz von 1933 wurde nach 1945 tatsächlich mit dem Meißel verändert. Den Sockel zierten zwei Hakenkreuze. War die Entfernung nach Ansicht von Herrn Held eine Geschichtsklitterung?

 

Den vollständigen Beitrag von Sabine Tenta lesen Sie hier: Teddys gegen Kriegsverherrlichung

 

Lesen Sie auch den Artikel von Robin Heun im DISS-Journal 27: 100 Jahre erster Weltkrieg – 40 Jahre diskursive Kämpfe um Kriegsdenkmäler

Und die DISS Online-Broschüre Kriegsdenkmäler als Lernorte friedenspädagogischer Arbeit

 

Netzfundstücke: Kommentar zum „Duisburger Konsens gegen rechts“

In der Studentischen Zeitung für Duisburg, Essen und das Ruhrgebiet ak[due]ll erschien ein Kommentar von Rolf van Raden zum „Duisburger Konsens gegen rechts“ und zur Presseerklärung der Duisburger Piratenpartei.

Im Umgang mit Rassismus hat sich die Duisburger Politik bisher nicht mit Ruhm bekleckert. Die Piratenpartei setzt aktuell nun noch einen drauf. Ausnahmsweise haben die Duisburger Parteien von CDU bis Die Linke nämlich mal etwas gut gemacht: In einem gemeinsamen Beschluss haben die Fraktionen vereinbart, keine gemeinsame Sache mit den in den Rat eingezogenen rechten Parteien zu machen – auch nicht aus taktischen Gründen. Sie haben beschlossen, alle zur Verfügung stehenden demokratischen Mittel zu nutzen, damit das Stadtparlament nicht als Bühne für menschenfeindliche Ideologien missbraucht wird. Gegen den Beschluss positionieren sich NPD, Pro NRW und AfD – und der Duisburger Kreisverband der Piraten. […]

Den vollständigen Artikel lesen Sie hier: Piraten Duisburg: So wrong in so many ways

Netzfundstücke: Presseerklärung Runder Tisch, 12.6.2014

Presseerklärung des Runden Tisches Offenes Rheinhausen vom 12.6.2014:

Unterbrechung der Strom- und Gasversorgung im Haus In den Peschen

Am Dienstag sind, laut Presse durch den Vermieter beauftragt, die Strom- und Gaszähler im Haus In den Peschen demontiert worden. Diese Maßnahme betrifft vor allem auch Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, die bei den aktuell hohen Temperaturen auf Kühlung der Lebensmittel und auf die Möglichkeit Babynahrung zuzubereiten angewiesen sind.

Wir sehen einen Klärungsbedarf bezüglich der rechtlichen Grundlage dieser Aktion, da nach unseren Informationen die bestehenden Mietverträge nie rechtswirksam außer Kraft gesetzt wurden und die gesetzlich vorgeschriebene Ankündigung der Unterbrechung durch den Energieversorger nicht erfolgt ist.

Wir halten es für zwingend notwendig, dass der Ratsbeschluss zur Vorsorgung der Zuwanderer mit Wohnungen aus dem letzten Jahr jetzt zur Anwendung kommt und die Familien in normale Wohnungen umziehen können. Durch die Unterbrechung der Energieversorgung ist die zuvor schon schwierige Wohnsituation unzumutbar geworden.

Die Familien, die unter Anderem auch von den Roma-Scouts betreut werden, wohnen zum Teil seit über zwei Jahren in diesem Haus. Ihre Kinder besuchen regelmäßig und mit Erfolg die umliegenden Schulen und waren auch im Kulturprojekt „Bahtalo“ engagiert. Darin wird für uns ihr Wunsch deutlich sich zu integrieren und als normale Bürger in unserer Stadt zu leben.

Wir warnen davor darauf zu vertrauen, dass sich die Probleme von selbst regeln werden, wenn das Wohnen in den Häusern In den Peschen unmöglich geworden ist. Die Situation der Familien, die ohne Unterstützung in andere Stadtteile Duisburgs oder innerhalb des Ruhrgebietes umgezogen sind, ist nach den Rückmeldungen, die wir erhalten, nicht besser geworden. Massive Überbelegung von Wohnungen und gänzlich ungeklärte Mietverhältnisse sind nach wie vor an der Tagesordnung.

Durch Projekte, wie die Roma-Scouts, die geplante Genossenschaft „Cher Neo“ und andere, fördern Bürger der Stadt Duisburg den Integrationswillen der Zuwanderer. In der akuten Notsituation der Familien, die jetzt noch In den Peschen wohnen, ist jedoch auch das kurzfristige Handeln der Stadt Duisburg durch die Bereitstellung von Wohnungen erforderlich.

Netzfundstücke: Hoffnung aus dem Süden

In der Zeitschrift analyse und kritik erschien ein Beitrag von DISS-Mitarbeiter Sebastian Friedrich über die Ergebnisse der Europawahl.

[…] Vor dem Hintergrund der Krisen in den letzten Jahren scheint das Ergebnis die Annahme zu bestätigen, ökonomische und soziale Krisen begünstigten nationalistische und reaktionäre Kräfte. Ein genauerer Blick auf die Wahlergebnisse in Europa und speziell in Deutschland offenbart ein differenzierteres Bild. In den südeuropäischen Ländern, wo die Krise bisher die tiefsten Spuren hinterlassen hat, konnte die Rechte kaum profitieren. Ausgenommen von Griechenland – hier holte die neofaschistische Goldene Morgenröte 9,3 Prozent – gewannen rechte Parteien in den »Krisenländern« im Vergleich zu den Wahlen vor fünf Jahren keine Stimmen hinzu. In Portugal und Spanien bleiben offen rechte Parteien marginal und schicken auch weiterhin keine Abgeordneten ins Parlament.

[…]

Augenfällig bei der Betrachtung der Ergebnisse der rechten Parteien ist, dass diese vor allem in den Ländern zulegen konnten, in denen die Auswirkungen der Krise verhältnismäßig wenig zu spüren sind. In Dänemark wurde die Dänische Volkspartei mit 26,6 Prozent stärkste Partei, was ein Plus von 11,8 Prozent bedeutete, in Finnland gewannen die Wahren Finnen mehr als drei Prozent hinzu, die Schwedendemokraten verdreifachten ihren Anteil und kamen auf knapp zehn Prozent, in Österreich gewann die Freiheitliche Partei Österreich (FPÖ) sieben Prozent hinzu, im Vereinigten Königreich wurde die EU-skeptische UKIP, die United Kingdom Independence Party, mit 26,8 Prozent stärkste Partei und in Deutschland holte die Alternative für Deutschland (AfD) aus dem Stand sieben Prozent.

Diese Ergebnisse deuten auf einen erstarkten Wohlstandschauvinismus hin, bei dem sich die Identifikation mit der Nation als Wirtschaftsstandort mit einer Abwertung derjenigen einhergeht, die als Gefahr für den Standort identifiziert werden. Für standortnationalistische und wohlstandschauvinistische Ideologien sind – entgegen verbreiteter Meinung – keineswegs diejenigen am ehesten anfällig, die akut von sozialem Abstieg bedroht sind oder bereits deklassiert sind. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. […]

Den vollständigen Artikel lesen Sie hier: Hoffnung aus dem Süden (ak Nr. 595 / 17.6.2014)