Margarete Jäger / Heiko Kauffmann (Hg.)
Skandal und doch normal
Impulse für eine antirassistische Praxis
Oktober 2012
260 Seiten, 24 Euro, ISBN: 978-3-89771-760-2
Das Buch ist erhältlich in Ihrer Buchhandlung oder direkt beim Unrast-Verlag.
Rassismus ist weiterhin ein drängendes Problem in Deutschland, das das Zusammenleben von Personen unterschiedlicher Herkunft beeinträchtigt oder ganz zerstört. Rassismus schädigt das gesellschaftliche und kulturelle Klima und kann – wie nicht zuletzt die NSU-Morde zeigen – zu Mord und Totschlag führen. Er bewirkt massive Ausgrenzungen und wirft emanzipatorische Konzepte des gesellschaftlichen Umgangs immer wieder weit zurück. Schauplätze sind sowohl institutionelle Ebenen wie auch die Medien und der Alltag.
Um dagegen substantiell vorzugehen, hat sich in Deutschland seit den 1980er Jahren eine Rassismusforschung herausgebildet, die versucht, das Wirken ausgrenzender Diskurse in der Gesellschaft zu analysieren und offenzulegen. Damit will diese Forschung all jenen in Politik und Zivilgesellschaft zuarbeiten, die Rassismus und seine destruktiven Kräfte bekämpfen wollen.
Bedingt durch kulturelle und ökonomische Entwicklungen haben sich die Formen, in denen sich Rassismus in der Gesellschaft artikuliert, in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert. Mit solchen diskursiven Verschiebungen beschäftigen sich die Beiträge in diesem Buch.
Das gemeinsame Anliegen der Autor_innen ist es, durch die Analyse von Ursachen und Mechanismen herabsetzender Markierungen und stigmatisierender Ausgrenzungen einen geschärften Blick auf dominante rassistische diskursive Verschränkungen und Praxen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Handlungsfeldern zu gewinnen. Im Spannungsfeld von Skandalisierung und Normalisierung von Rassismus, das in Deutschland derzeit anzutreffen ist, sollen so „blinde Flecken“ benannt werden, die eine demokratische und emanzipative Zivilgesellschaft verhindern. Dadurch sollen Impulse für eine antirassistische Praxis gegeben werden, in der ein Mehr an Respekt und Menschlichkeit entstehen kann.
Inhalt
Teil I – Institutionelle Verfestigungen von Rassismus
Karl Kopp
Europa lässt sterben. Arabischer Frühling – flüchtlingspolitischer Winter
Albert Riedelsheimer
Institutioneller Rassismus in der deutschen Flüchtlingspolitik
Heiko Kauffmann
Kinder-Flüchtling(s)-Rechte: Eine unendliche Geschichte politischen Versagens
Heiko Kauffmann
Der Fall Gazale Salame und Ahmed Siala aus Hildesheim. Ein Lehrstück zum Institutionellen Rassismus
Thomas Quehl
Ein Klassenzimmer voller Diskurse – Rassismuskritische Anmerkungen zur Bildungspolitik in der Migrationsgesellschaft
Jobst Paul
Das Entwürdigende in Worte fassen. Das Unwort des Jahres 2011 verweist auf die kulturelle Dimension des Institutionellen Rassismus
Jessica Heun
Rechtlicher Schutz vor rassistischer Diskriminierung: Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) unter der Lupe
Teil II – Diskursive Verknüpfungen
Sebastian Friedrich
Die diskursive Erschaffung des ›nutzlosen Anderen‹. Zur Verschränkung von Einwanderungs- und Unterschichtendiskurs
Sara Madjlessi-Roudi
»Zwangsrekrutierte Stöckelbrigaden« aus Osteuropa und »Täternetzwerke« aus dem »ethnischen Milieu« – Zur Koppelung von Rassismus und Sexismus
Margarete Jäger und Regina Wamper
Die Anschläge in Norwegen in deutschsprachigen Medien. Zur Verknüpfung von Terror und Islam sowie Rechtsextremismus und Krankheit
Teil III – Formen und Vermittlungen von Rassismus
Sebastian Reinfeldt
Populismus – eine politische Technologie
Yasemin Shooman
Vom äußeren Feind zum Anderen im Inneren. Antimuslimischer Rassismus im Kontext europäischer Migrationsgesellschaften
Thomas Bryant
Rassistische Implikationen des aktuellen Demographie-Diskurses – Eine Bestandsaufnahme aus geschichtlicher Perspektive
Teil IV – Forschungsperspektiven
Nora Räthzel
30 Jahre Rassismusforschung. Begriffe, Erklärungen, Methoden, Perspektiven
Susan Arndt
Dem Rassismus widersprechen. Afrika, Kolonialismus und die deutsche Sprache
Aram Ziai
Europa provinzialisieren. Der Beitrag der postkolonialen Studien zur Rassismusforschung