Edward Curtis – The North American Indian (Interview mit Jobst Paul)

Die Bildsprache in Curtis‘ Fotografien und ihre Wirkung

Die Ausstellung „The North American Indian“ im Kultur- und Stadthistorischen Museum in Duisburg zeigt Fotos von Native Americans im frühen 20. Jahrhundert. Der Fotograf Edward Curtis wollte indigene Kultur wissenschaftlich dokumentieren. Zugleich sind seine Bilder Kunstwerke, die eine romantisch-verklärende Perspektive auf das Vergangene und Fremde offenbaren. Jobst Paul (DISS) unterzieht ausgewählte Werke einer Bildanalyse, wie sie in der Visual History üblich ist. Dabei dekonstruiert er Curtis Bildsprache und zeigt auf, wie Bilder unsere Vorstellung von der Realität beeinflussen.

The North American Indian – Die Bildsprache in Curtis‘ Fotografien und ihre Wirkung

Netzfundstück: Helmut Kellershohn im taz-Interview zu Björn Höcke

In der taz vom 26.10.2019 erschien ein Interview mit DISS-Mitarbeiter Helmut Kellershohn über den Thüringer AFD-Politiker Björn Höcke.

Helmut Kellershohn
Helmut Kellershohn

Kellershohn: Führerideologie offeriert Höcke schon mit dem Kyffhäusermythos: Es bedarf einer geschichtlichen Figur, die die „Zerrissenheit“ des Volkes wieder heilt. Das bedient Höcke stark. Das ist ein faschistisches Element, auch wenn die Führerideologie älter ist als der NS. Und Höcke offeriert sich selbst als Erlöser. Da ist auch Größenwahn dabei.

taz: Und doch: Liest man diesen Gesprächsband, trifft man auch auf viel Banales, auf viel Pathos und Kitsch, auf viele, viele Namen – so als müsste er sich durch all die Verweise aufwerten …

Kellershohn: Ja, stimmt alles. Aber es gibt eben auch viel Unerträgliches. Wenn er etwa von der „deutschen Unbedingtheit“ spricht: „Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen“. Oder wenn er von einem groß angelegten „Remigra­tions­projekt“ spricht, bei dem man „um eine Politik der ,wohltemperierten Grausamkeit‘?“ nicht herumkommen werde. Da zitiert er Sloterdijk, stellt aber einen ganz falschen Bezug her.

Lesen Sie den vollständigen Text des Interviews in der taz: „Er ist kein eigenständiger Denker“

Netzfundstücke: Telepolis-Interview zur Griechenland-Berichterstattung

Im Online-Magazin Telepolis erschien ein ausführliches Interview mit den DISS-Mitarbeiterinnen Margarete Jäger und Regina Wamper. Sie analysierten die Kommentierung der Griechenland-Krise in der Süddeutschen Zeitung. Im Telepolis-Interview stellen sie die Ergebnisse ihrer Analyse detailliert vor und mahnen die Medien an, die Positionen der Herrschenden kritischer zu hinterfragen.

Kritik findet sich also schon in den Kommentaren?

Margarete Jäger: Sicher, das haben wir ja bereits erwähnt, es gibt Kritik – aber nur in einem sehr engen Rahmen. Die Kritik überschreitet nämlich nicht die Feststellung der Notwendigkeit von „Reformen“ im Sinne der Sparpolitik und des Umbaus der griechischen Wirtschaft.

Was bedeutet das?

Margarete Jäger: Das bedeutet, dass über den Kapitalismus hinausweisende Konzepte außerhalb der Grenze des Sagbaren liegen, ebenso wie sozialpolitische Maßnahmen. Sozialpolitik gilt als wirtschaftsschädigend. Insofern wird dann eine Kritik an dem Agieren der Troika auch als „absurd“ bewertet.

In den SZ-Kommentaren zu Griechenland fließt an manchen Stellen auch das Thema Russland mit ein. Was ist Ihnen da aufgefallen?

Regina Wamper: Das ist in der Tat sehr interessant. Die Rolle von Russland wird in Verbindung mit der Krise in Griechenland als besonders destruktiv wahrgenommen. Russland wird als äußerer Feind begriffen, der insgesamt als weltpolitischer Akteur seinen Einfluss durch Bestechung, Gewalt und Krieg abzusichern suche. Damit wird Russland im Griechenland-Diskurs zu einer außenpolitischen Gefahr für Europa, sollte es zu einer Kooperation zwischen Tsipras und Putin kommen.

Durch eine solche Positionierung wird Europa als eine Wirtschafts- und Wertegemeinschaft, die untereinander in einem produktiven Wettbewerb steht, abgegrenzt. Europa, so lautet der Umkehrschluss, vertrete seine Interessen eben nicht durch etwa Kriegspolitik.

Laut einer von der Wochenzeitung DIE ZEIT in Auftrag gegebenen Umfrage haben 52 Prozent der Befragten kein Vertrauen in die Berichterstattung der deutschen Medien in Sachen Russland und Ukraine, 46 Prozent der Befragten haben kein Vertrauen in die Griechenland-Berichterstattung. Können Sie diesen Umfragewert im Hinblick auf ihre Analyse kommentieren?

Margarete Jäger: Ich denke, diese Zahlen sagen herzlich wenig darüber aus, aus welchen Gründen die Menschen kein Vertrauen in die Berichterstattung haben, also aus welcher Diskursposition sie ihr Unbehagen artikulieren. Grundsätzlich ist es aber zu begrüßen, wenn die Konsumenten der Medien diese nicht als Produzenten von „Wahrheiten“ ansehen und ihnen mit einer gewissen Skepsis begegnet wird.

Allerdings haben die auf den Pegida-Demonstrationen artikulierten Vorbehalte gegenüber einer „Lügenpresse“ auch gezeigt, dass es vielfältige Gründe für eine Kritik und Distanz zu den Medien gibt, und diese Vorbehalte eben nicht immer progressiv oder kritisch sind sondern hier vor allem Verschwörungskonstruktionen artikuliert werden.

Das vollständige Interview lesen Sie bitte hier: Telepolis 12.8.2015 „Die SZ folgt dem technokratischen Herangehen der politischen Akteure“

 

 

DJ20: „Ich glaube, wir gehen Zeiten entgegen, in denen die Medien wieder politischer werden.“

Tom Schimmeck im Gespräch mit Siegfried Jäger

In Ihrem neuen Buch „Am besten nichts Neues“ kritisieren Sie die Medien dahin gehend, dass diese eigentlich – im Kern – immer nur dasselbe sagen. Ich verstehe das so, dass an den unterschiedlichsten Beispielen immer wieder das gleiche Unwissen wiederholt wird, was dazu führt, dass sich Vorurteile und Ressentiments aller Art fortlaufend verfestigen. Wie könnte ein kritischer Journalismus aussehen, der seinem gesetzlichen Auftrag, einen Beitrag zur demokratischen Willensbildung zu leisten gerecht wird?

Es ist ja nicht so, dass es keinen kritischen Journalismus gäbe. Tatsächlich mühen sich noch immer viele gute Journalisten in vielen klassischen Medien wie auch im Internet, dem schönen, alten Ideal der Aufklärung gerecht zu werden. Sie reisen offenen Auges durch die Welt, enthüllen, was offiziell keiner wissen soll, durchwühlen komplexeste Stoffe, analysieren scharf und sagen unerschrocken ihre Meinung. Oft können sie auch noch gut schreiben und haben manchmal sogar Humor. Doch das Treiben der Wackeren verschwindet immer mehr hinter dem anschwellenden Schwachsinn, wird übertönt von der Kakophonie der immergleichen Show. Das hat meiner Ansicht nach mehrere Ursachen.

Erstens sind die Medien, gerade auch die so genannten „Qualitätsmedien“, im vergangenen Jahrzehnt scharf durchrationalisiert worden. In den meisten Redaktionen müssen deutlich reduzierte Redaktionen die gleiche Arbeit wie zuvor bewältigen. Das reduziert die Zeit zum Recherchieren, zum Nachdenken dramatisch. Studien zeigen, dass der Raum für genuine journalistische Arbeit, zu der ja idealerweise Recherche und ein gewisses Maß an Realitätskontakt zählen, immer knapper wird. So haben etwa die Leipziger Journalismus-Forscher Marcel Machill, Markus Beiler und Martin Zenker durch Befragung von 235 Journalisten in Tageszeitungen, Hörfunk, Fernsehen und Online-Redaktionen festgestellt, „DJ20: „Ich glaube, wir gehen Zeiten entgegen, in denen die Medien wieder politischer werden.““ weiterlesen