CSU-Generalsekretär – noch schlimmer – Singalesen, nicht Senegalesen

Glosse

Noch schlimmer – Singalesen, nicht Senegalesen: Andreas Scheuer’s rassistische Possen1 und der deutsche Journalismus

von Jobst Paul

 

Wir wissen nun schon einiges recht genau: Nach Andreas Scheuers herabsetzenden Äußerungen zu Asylbewerbern beim „Regensburger Presseclub“ am 15. September 2016 veröffentlichte die Mittelbayerische Zeitung am 16. September 2016 eine verkürzte und leicht veränderte Fassung der Scheuer’schen Äußerungen2:

Das Schlimmste ist ein fußballspielender ministrierender Senegalese. Der ist drei Jahre in Deutschland — als Wirtschaftsflüchtling — den kriegen wir nie wieder los“, sagt Scheuer und spricht sich für eine geordnete und gesteuerte Zuwanderung nach dem Vorbild Kanadas aus.

Bildschirmfoto br.de
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Während sich die Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling von der Universität Berkeley noch am 21. September auf diesen Wortlaut bezog und Scheuer das Spiel mit faschistischen Sprachbildern und Assoziationen bescheinigte3, platzte dem Regensburger Generalvikar Michael Fuchs schon am 17. September der Kragen4. Auf Facebook verurteilte er Scheuer’s Formulierungen und lud ihn zur Flüchtlingsarbeit vor Ort ein.

Erst jetzt wurde der Bayerische Rundfunk aufmerksam5 und verbreitete, wie alle Nachrichten-Agenturen, den Wortlaut der Mittelbayerischen Zeitung weiter. Erst danach besorgte sich die BR den Originalmitschnitt, erkannte die textliche Abweichung, korrigierte das Zitat und machte am 19. September 2016 den Original-Mitschnitt6 öffentlich zugänglich. Am 21. September 2016 stützte sich die deutsche Presse danach auf folgende Transkription des Wortlauts:

Weil wenn er mal über einen langen Zeitraum in den Verfahren herinnen ist, entschuldigen Sie die Sprache, das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist, weil den wirst Du nie wieder abschieben. Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern er ist Wirtschaftsflüchtling. Aber wir haben halt eine Gesellschaft, wo’s Du den Vereinsvorsitzenden, den Pfarrer, schlimmstenfalls den Landtagsabgeordneten, den Bundestagsabgeordneten, und wie sie alle heißen, findest, der sagt: „Alle müssen durch dieses strenge Verfahren, aber der, der hat sich so gut integriert.“

Offenbar haben sich die Textlaut-Beauftragten aber erneut verhört – Scheuer hatte in Regensburg nicht von ‚Senegalesen‘, sondern hatte ausgerechnet ‚Singalesen‘, also Flüchtlinge aus Sri Lanka, als fußballspielende, ministrierende Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet.

***

Auf Sri Lanka tobte seit 1983 über Jahrzehnte einer der schlimmsten Bürgerkriege der Welt zwischen einer buddhistisch-singalesischen Mehrheit und einer hinduistischen Minderheit (Tamilen). Viele Zehntausende von Menschen wurden getötet, Hunderttausende wurden zu Flüchtlingen. In der Zeit des Bürgerkriegs (noch bis 2011) wurden von allen Seiten schwerste Kriegsverbrechen verübt.7 Noch bis in die jüngste Zeit lehnte es die sri-lankische Regierung ab, die bis 2011 andauernden Verletzungen der Menschenrechte aufzuarbeiten.

Nach Angaben einer Oldenburger Länderdaten-Plattform8 wurden im Jahr 2015 von ca. 350 Asylanträgen von Menschen aus Sri Lanka ca. 130 Antragsteller als Asylberechtigte anerkannt.

Von den 21 Millionen Einwohnern sind etwa 1,1 Mill. Christen, davon 270 000 Protestanten.9 Die Dominanz von Christen im Bildungswesen und in der Verwaltung führte zu einer Gefährdung der christlichen Minderheit, die zwischen die Linien des Kampfgeschehens geriet.

Noch einmal Andreas Scheuer zu katholischen Singalesen:

das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Singalese, der über drei Jahre da ist, weil den wirst Du nie wieder abschieben. Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern er ist Wirtschaftsflüchtling …

 

 

1 Vgl. Jobst Paul, „Wir können nicht die ganze Welt retten.“ Der Generalsekretär der CSU, Andreas Scheuer, zu Migration und Flucht im Juli 2015. DISS-Journal 30 (2015)

1. Mai: PRO-Zirkus in Solingen

Autor: Martin Dietzsch

„Wir werden die letzte Wahlkampfwoche mit einem Paukenschlag in der Klingenstadt Solingen eröffnen.“ Die „zentrale Wahlkampfkundgebung von pro NRW“ sollte am 1. Mai in Solingen stattfinden und „die letzte und alles entscheidende Woche des Landtagswahlkampfes“ einläuten. Glaubt man den Verlautbarungen der Bewegung im Internet, schreitet sie von Erfolg zu Erfolg voran zum „Tag der Abrechnung“, umjubelt von der begeisterten Bevölkerung.

Foto: 1.5.2010, Bus mit Aufschrift "Kreuzzug für das Abendland"
Mit einem „Keuzzug für das Abendland“ droht der Pro-Brinkmann-Bus. Für Juden und alle anderen Gottlosen und Ketzer hat diese Parole einen ganz besonderen Klang. Im Heckfenster: Rechtsradikale, die sich hinter einer Israel-Fahne verstecken.
Foto: 1.5.2010 PRO Solingen - Totale
Höhepunkt des „fulminanten“ (M. Beisicht) Landtagswahlkampfes. Die Polizei will 70 Teilnehmer gezählt haben, realistisch wäre wohl eher die Zahl 40. PRO machte daraus bescheiden 150.
Foto: 1.5.2010 Solingen, Rouhs verteilt JF
Es ist genug für alle da! Der Vorsitzende von „Pro Deutschland“, Manfred Rouhs (ex-JU, ex-JN/NPD, ex-REP, ex-DLVH), verteilt Freiexemplare der „Jungen Freiheit“ an die Teilnehmer.

Foto: Solingen 1.5.2010
Patrik Brinkmann sitzt in seiner albernen Brinkmann-Jacke mit Brinkmann-Aufschrift auf einer Bank. Im Hintergrund: Gegendemonstranten. Im Vordergrund: ein alter Bekannter, mal wieder auf der Suche nach einem neuen Betätigungsfeld.

„Pro NRW“ ist wahrlich eine Rechtspartei Neuen Typs. Die gesamte Partei passt in einen einzigen Reisebus. Und die Gegendemonstranten werden genial zermürbt durch geringe eigene Teilnehmerzahlen. In einem Punkt hat die virtuelle PRO-Erfolgsberichterstattung allerdings Recht. Die Solinger Bevölkerung begleitete den Abzug der PROler mit fröhlichem, spontanem Beifall. Allerdings erklang dabei im Chor der Ruf „Auf Nimmer-Wiedersehen!“

Am 9. Mai werden wir sehen, ob der „rechtspopulistische“ Dummenfang und der Appell an die niedrigsten Instinkte Erfolg hat und die PRO-Schulden aus Steuermitteln beglichen werden müssen.

Weitere Berichte aus Solingen finden Sie hier: Mit Deutschlandflagge und Wurststulle auf Kreuzzug für das Abendland und hier: Braunes Kurzgastspiel im bunten Solingen.

Braunes Kurzgastspiel im bunten Solingen