Im Stuttgarter ibidem-Verlag erschien Ende 2012 die mit 685 Seiten sehr umfangreiche Untersuchung von Katrin Huck zu extrem rechter Sprache im Internet.
Katrin Huck
Stacheldrahtsprache
Sprachliche Grenzziehungen der extremen Rechten im Internet
Stuttgart (Ibidem-Verlag) 2012, 685 Seiten, 59,90 EUR
Im Vorwort schreibt die Autorin u.a.:
[…] Als „Stacheldrahtsprache“ verstehe ich demgegenüber eine Sprache, die sich einer Öffnung gegenüber dem Anderen verweigert. Eine Sprache, die die Verflochtenheit mit dem Anderen leugnet, die sich dem „Doppelgängertum“, welches das Sein als Mit-Sein impliziert, verwehrt. Eine solche Sprache zeichnet sich durch sprachliche Grenzziehung aus. Sie transportiert Appelle des Ausschlusses des Anderen, bis hin zu Appellen der Vertreibung und dem offenen Aufruf zum Mord. Sie lässt dem Anderen keine Gerechtigkeit widerfahren. Er bleibt in ihren Diskursen stimmlos. Über ihn wird lediglich geredet. Die Distanz zu ihm wird erst sprachlich konstruiert, dann penibel gewahrt. Eine Distanz, die lediglich von sprachlicher Gewalt durchbrochen wird, die den bereits ins Außen gedrängten Anderen erneut angreift und erniedrigt.
Stacheldrahtsprache konstruiert und reproduziert immer einen Innen- und einen Außenbereich. Sie weist Menschen Plätze zu, wobei die einen dem exklusiven, zum Bereich des Erhabenen und als Ort der Reinheit stilisierten, Innern sprachlich zugeordnet werden, die anderen jedoch auf einen Nicht-Ort im Außen verwiesen werden. Um ihrer sprachlichen Gewalt gegen jene Verwiesenen Legitimation zu verleihen, ist ein Selbstbild zwischen Opfer und Elite bezeichnend für die Stacheldrahtsprache. Die konstruierte Wir-Gruppe wird als Kollektiv aufgewertet, während gleichzeitig die Opfer der verübten sprachlichen Gewalt durch Handlungsprojektion zu Tätern und Angreifern stilisiert werden. Die Verwendung von Kampfwortschatz ist daher eines der zentralen Charakteristika der Stacheldrahtsprache, deren Sprecher sich durch Freund-Feind-Denken auszeichnen.[…]
Die vorliegende Untersuchung folgt in Ansatz und Anspruch der Kritischen Diskursanalyse Duisburger Prägung. Diese will explizit gesellschaftliche Missstände aufzeigen und aktiv auf das gesellschaftliche Zusammenleben einwirken. Ebenso versteht sich diese Arbeit als sprachwissenschaftliche Analyse der Verfahren der Ausgrenzung und Appellen der Vertreibung des extrem rechten Diskurses und zielt darauf, deren sprachlichen Entwurf einer sozialen Ordnung auf ethisch-moralische Mängel zu hinterfragen.
Um aufzuzeigen, wie die extrem rechte Diskursstrategie das Internet eingliedert und für sich nutzt, müssen Untersuchungsverfahren der Kritischen Diskursanalyse Duisburger Prägung vom Off- auf den Onlinebereich übertragen werden. […]