Friedhofsschänder und Computerspezialist

Eine österreichische Karriere

Autor: Anton Maegerle

Im Rahmen der Großrazzia gegen die Betreiber, Aktivisten und Hintermänner der Neonazi-Website „alpen-donau.info“ wurde neben dem bekannten Neonazi Gottfried Küssel auch ein zweiter Mann verhaftet, der Computerexperte Wilhelm-Christian Anderle (Jg. 1971). Bei Anderle soll es sich um einen der Webmaster des militanten Neonazi-Netzwerks handeln.

Kontakte ins neonazistische Milieu soll Anderle bereits 1990 – als 19jähriger – geknüpft haben. Demnach lernte er bei einer Sonnwendfeier in Kirchberg am Wechsel Norbert Burger, den Vorsitzenden der 1988 wegen NS-Wiederbetätigung verbotenen Nationaldemokratischen Partei (NDP) kennen. In der Folgezeit nahm Anderle Verbindungen zu bekannten Neonazis wie Franz Radl und Gerd Honsik sowie zu der Neonazi-Truppe Nationalistische Front (NF) auf, die 1992 in der Bundesrepublik Deutschland verboten wurde.

Im Visier der Sicherheitsbehörden stand Anderle erstmals 1991. Wegen „rechtsextremer Äußerungen“ im BTX-System des Grazer „Instituts für Grundlagen der Informationsverarbeitung“ fiel er der Staatspolizei auf. Bis 1994 konnte er dort dennoch unter den Pseudonymen „Morris“, „Whiteknight“ und „Lancelot“ rassistische und hetzerische Parolen veröffentlichen.

Am 18. Oktober 1992 kandidierte Anderle, damals Mitglied der FPÖ-Jugendorganisation „Ring Freiheitlicher Jugend“ (RFJ), für die FPÖ bei der Gemeinderatswahl im burgenländischen Stadtschlaining auf dem zweiten Listenplatz.

Wenige Tage später, in der Nacht vom 30. zum 31. Oktober 1992, beschmierte Anderle gemeinsam mit einem Gesinnungskumpanen 88 Grabsteine auf dem Jüdischen Fiedhof in Eisenstadt mit Hakenkreuzen, „SS“-Runen und Parolen wie „Sieg Heil“ und „Heil Haider“. An einem Grabstein befestigten die Neonazis ein Flugblatt, in dem eine „Rassischsozialistische Arische Wiederstandsbewegung“ (R.A.W.) unter dem Titel „Affen raus“ sich mit folgendem Text „Friedhofsschänder und Computerspezialist“ weiterlesen