Netzfundstücke: Studie zum Höcke-Flügel der AfD

 

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Der Soziologe Andreas Kemper hat vor einiger Zeit eine Reihe von auffälligen „Überzufälligkeiten“ in den Schriften von Björn Höcke, AfD-Landeschef in Thüringen, entdeckt (Wieviel NPD höckt in der AfD?) und damit ziemlichen Wirbel ausgelöst. Jetzt legt er eine neue Studie zum Höcke-Flügel der AfD vor.

Andreas Kemper: „… die neurotische Phase überwinden, in der wir uns seit siebzig Jahren befinden“
Die Differenz von Konservativismus und Faschismus am Beispiel der „historischen Mission“ Björn Höckes (AfD)

Die Studie erschien bei der Rosa Luxemburg Stiftung Thüringen und ist auf der dortigen Website kostenlos als PDF abrufbar.

Sicher nicht unumstritten dürfte es sein, auf den „dritten“ AfD-Flügel um Björn Höcke den Faschismusbegriff anzuwenden. Dazu schreibt der Autor im Vorwort:

Vor diesem Hintergrund sollte die Frage gestellt werden, ob es sinnvoll ist, den Adam/Petry-Flügel und den Höcke-Flügel mit der selben Kennzeichnung zu benennen, nämlich »nationalkonservativ«, oder ob diese Kennzeichnung für die Ideologie Höckes nicht falsch ist, da er sich deutlich rechts von Adam und Petry positioniert. […]

Ich beziehe mich im Folgenden auf eine Faschismus-Definition von Roger Griffin. Er ist ein an der Oxforder Brookes University lehrender Professor für Zeitgeschichte und zählt zu den bekanntesten Faschismusforschern der Gegenwart. Er vertritt eine sogenannte »generische Faschismusdefinition «, also eine Definition, die aus den verschiedenen faschistischen Ideologien wesentliche Gemeinsamkeiten generiert. Bei dieser Generierung und Herausarbeitung bezieht sich Griffin auf die Theorie von Idealtypen nach Max Weber. Der Idealtypus ist nach Weber ein trennscharfer Begriff, der Forschungshypothesen ermöglicht.

Um eine faschistische Entwicklung frühzeitig erkennen zu können, ist es wichtig, über solche Forschungshypothesen zu verfügen, die Aussagen über Tendenzen und zu erwartende Konstellationen machen können. Machtund Herrschafts konstellationen kommen – wenn die Situation dafür ideal ist und keine Zweckbündnisse erfordert – auch auf der Grundlage ähnlicher Weltanschauungen bzw. Ideologien zu Stande, es ist also sinnvoll, diese Ideologien idealtypisch zu kategorisieren.

Roger Griffins Faschismusdefinition bietet sich zudem an, weil er konkrete Aussagen zur Neuen Rechten macht, also zu dem Umfeld, in dem Björn Höcke sich ideologisch bewegt. Aktuell hat die Frage nach der richtigen Interpretation und Einordnung der Ideologie von Björn Höcke an Gewicht gewonnen, denn Höcke sitzt im parlamenta rischen Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtages zum nsu (»Nationalsozialistischer Untergrund«) und hat sich mehrfach mit dem vorbestraften National demokraten Thorsten Heise getroffen, dem Kontakte zum Unterstützerumfeld des nsu nachgesagt werden.

Inhaltsverzeichnis:

Vorbemerkung
Zu den Flügelkämpfen der AfD
Ab wann ist es sinnvoll, von Faschismus zu sprechen?
Faschismus, Neue Rechte und die Alternative für Deutschland (AfD)
Der Faschismus-Begriff nach Griffin
Das Verhältnis der jungkonservativen Neuen Rechten zur AfD
Die »historische Mission der AfD«: Deutschland vom »Mehltau« des »PC-Totalitarismus« befreien
Björn Höckes rechtsextreme Verbindungen
Höckes Verbindungen zur Neuen Rechten
Heiner Hofsommer
Deutsche Patriotische Gesellschaft
Völkische Bundjugend
Björn Höckes Kontakte zu Thorsten Heise (npd Eichsfeld)
Ein Dorf in Thüringen …
»Werte-, Sitten- und Normengefüge« oder: Deutschland als Seife in Auflösung
Postwachstumsökonomie
Dritter Weg gegen weltwirtschaftliche Monokulturen
»Erfurter Resolution« gegen »Menschenexperimente«
Die Buchenwald-Provokation
Die »Erfurter Resolution«
Björn Höckes rechtsextreme Ideologiefragmente
Ultranationalismus, oder: Höckes »ehrliche, reine Vaterlandsliebe«
Palingenetik, oder: Höckes »historische Mission«
»Altparteien« und »Direkte Demokratie«
»Organische Marktwirtschaft« gegen »degenerierte Marktwirtschaft«
Mit »aktiver Bevölkerungspolitik« gegen die »perverse«»Dekadenz«
Vom »PC-Totalitarismus« befreit: Die neue Nation
Exkurs zur sogenannten »Neurotisierung des deutschen Volkes«
NPD: »US-Schicht« und Frankfurter Schule als »Neurotisierer«
Hohmann: »neurotischer Eifer« und jüdisches »Tätervolk«
Die sogenannte »Renten-Neurose« der Überlebenden des NS-Terrors
»Deutsche Neurose« nach C. G. Jung und Adorno

Fazit
Noch einmal: Vertritt Björn Höcke eine faschistische Ideologie?
Höckes utopischer Antrieb
Dekadenz als Problem
Radikale Erneuerung der Nation
Nation als »organisches Ganzes«
Fazit und Ausblick

Anhang:
Zitate von Björn Höcke
Nationalismus
Demografie, Familialismus, Anti-Genderismus
Metaphysische Orientierung, Anti-Materialismus, Tiefenbewusstsein
Volkswirtschaft und Sozialpolitik
Parteiendemokratie, Political Correctness, Meinungsfreiheit, Preußentum

Literatur

Über den Autor

 

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