Analyse: Wer zieht für die AfD in den Bundestag?

Marcel Kutzpiol und Patrick Märtens geben eine Prognose ab, wer im September auf den Listen der AfD voraussichtlich in den Bundestag einziehen könnte. Anhand öffentlich zugänglicher Quellen kommen sie zu der Einschätzung, dass der ultrarechte Parteiflügel in der zukünftigen AfD-Fraktion nicht nur stark vertreten, sondern sogar eine Mehrheit stellen wird. In ihrer Analyse kommen die Autoren zu dem Fazit:

Von sehr vielen AfD-KandidatInnen kann nicht gesagt werden, welcher politischen Strömung sie angehören. Zwar scheinen die Rechten auf den Landeslisten auf den ersten Blick zu überwiegen, doch da die Gruppe der Unauffälligen einen großen Teil der KandidatInnen ausmacht, lässt sich insgesamt keine klare Dominanz der Rechten feststellen. Allerdings finden sich vor allem auf den aussichtsreichen vorderen Listenplätzen viele Anhänger Höckes und Personen mit Verbindungen in die extreme Rechte. Legt man ein Wahlergebnis von 8,5 Prozent für die AfD zugrunde und schätzt die Wahlergebnisse in den Ländern aufgrund aktueller Umfragen, kann man ungefähr ausrechnen, wer über die Landeslisten für die AfD in den Bundestag ziehen wird (…). Von 58 Abgeordneten, die demnach eine Chance auf ein Mandat hätten, lassen sich 32 dem rechten Spektrum zuordnen, 12 den Gemäßigten und 14 den Unscheinbaren. Damit wären die Rechtsaußen in der AfD-Fraktion in der Mehrheit.

Bitte lesen Sie die vollständige Analyse in der DISS Online-Bibliothek: Wer zieht für die AfD in den Bundestag?

Anlässlich des Comebacks von Martin Hohmann

Anfang November 2016 kürte die AfD-Hessen ihre Kandidaten für die kommende Bundestagswahl. Der prominenteste unter den Kandidaten, an vierter Stelle gelistet, ist ein alter Bekannter, Martin Hohmann, der 2004 wegen einer als antisemitisch kritisierten Rede aus der CDU ausgeschlossen worden war. In der AfD hat er nun ein neue ‚Heimat’ gefunden und stärkt dort den christlich-konservativen Flügel. Aber auch völkische und identitäre Töne sind ihm, dem Kontakte zu Björn Höcke nachgesagt werden (FASZ v. 20.12.2015), nicht fremd. Mit Blick auf Merkels Flüchtlingspolitik verlautbarte er:

„Eine Volksgemeinschaft muss wissen, wer dazu gehört und wer nicht, wie viele Fremde man aufnehmen kann, ehe die Gemeinschaft ins Chaos fällt.“ (Spiegel online v. 20.06.2016).

Aus Anlass des erneuten Karrieresprungs von Hohmann erlauben wir uns, zwei ältere Texte von DISS-Mitarbeitern ins Netz zu stellen. Der erste, von dem leider allzu früh verstorbenen Alfred Schobert, erschien im Dezember 2003 in den Archiv-Notizrn und in der Graswurzelrevolution, der zweite, von Helmut Kellershohn, stammt von 2004 und wurde dann in veränderter Form in einem Sammelband von Stephan Braun und Daniel Hörsch im VS-Verlag veröffentlicht.

Alfred Schobert: Eliten-Antisemitismus in Nazi-Kontinuität. Martin Hohmanns Neuhofer Rede im Kontext (Dezember 2003)

Helmut Kellershohn: Im rechten Grenzraum des Verfassungsbogens. Der Fall Hohmann und die Junge Freiheit (2004)

Lesetipp: ZfG-Themenheft – Rechtsextremismus in der Mitte

Die Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (ZfG) erschien im September 2015 mit dem inhaltlichen Schwerpunkt „Rechtsextremismus in der Mitte“. Diese Ausgabe enthielt einen Beitrag von DISS-Mitarbeiter Helmut Kellershohn zum Thema AfD.

 

Die ZfG ist erhältlich im Metropol-Verlag.

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T H E M E N H E F T

Rechtsextremismus in der Mitte
Herausgegeben von Wolfgang Benz

A R T I K E L

Wolfgang Benz:
Einführung

Helmut Kellershohn:
Die jungkonservative Neue Rechte zwischen Realpolitik und politischem Existenzialismus??

Alexander Häusler:
Zerfall oder Etablierung?
Die Alternative für Deutschland (AfD) als Partei des Rechtspopulismus??

Wolfgang Benz:
Auftrumpfendes Unbehagen
Der politische Protest der Pegida-Bewegung??

Angelika Benz:
Tröglitz und anderswo
Fremdenhass in der Mitte der Gesellschaft

AfD-Sondierungen (4)

In unserer Beitragsreihe AfD-Sondierungen erschien in der DISS Internet-Bilbiothek der vierte Beitrag:

Außenpolitische Sandkastenspiele
Die Russlandfrage aus der Sicht der jungkonservativen Neuen Rechten
von Helmut Kellershohn

Im Mittelpunkt des jungkonservativen Diskurses über Russland steht nicht Russland, sondern Deutschland. Alles Räsonnieren über russische Interessen verfolgt das Ziel, nach Wegen und Möglichkeiten zu suchen, wie Deutschland seine eigenen nationalen Interessen in Europa und gegenüber der Supermacht USA zu Geltung bringen kann. Und alles Schwärmen für den letzten „Metaphysiker“ unter Europas tonangebenden Politikern, nämlich Wladimir Putin, ist nichts anderes als die erhoffte Bestätigung dafür, dass die hier angestrebte „Kulturrevolution von rechts“ keine pure Fiktion, sondern in Russland bereits ein Stück weit Wirklichkeit geworden ist: das russische Vorbild also als Impuls für die Umgestaltung der deutschen Verhältnisse.

Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich vor allem auf die geopolitischen Mustern folgende Argumentation der jungkonservativen Neuen Rechten um die Wochenzeitung Junge Freiheit und das Theorieorgan Sezession, das vom Institut für Staatspolitik herausgegeben wird. Zur Einstimmung gehe ich auf das „Thesenpapier zur Außenpolitik“ des stellvertretenden AfD-Sprechers vom September 2013 ein, das man als populäre Einführung in den jungkonservativen Diskurs lesen kann.

Den vollständigen Text lesen Sie bitte hier: Außenpolitische Sandkastenspiele.

DISS-Journal 29 erschienen

Die Ausgabe 29 der Institutszeitschrift des DISS ist erschienen. Wie immer können Sie das DISS-Journal kostenlos als PDF-Datei herunterladen.

Das Schwerpunktthema in dieser Ausgabe:

Perspektiven auf Pegida

Die rassistische ‚Mitte‘ der Gesellschaft tritt aus den Wohnzimmern in die Öffentlichkeit: Zehntausende Menschen folgten seit Herbst 2014 der rassistischen Mobilmachung der Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (Pegida). Das aktuelle DISS-Journal setzt sich mit Pegida im Osten und im Westen sowie mit dem rechten Sammelbecken Alternative für Deutschland (AfD) auseinander.

Negativ betroffen von der rassistischen Stimmungsmache sind vor allem auch Geflüchtete und Einwandernde. Heiko Kauffmann von Pro Asyl bezieht Stellung gegen die tödliche europäische Flüchtlingspolitik. Margarete Jäger und Iris Tonks fordern einen grundsätzlichen Perspektivwechsel im medialen Einwanderungsdiskurs. Siegfried Jäger setzt sich kritisch mit der Diskursforschung auseinander und Anna-Lena Dießelmann stellt eine Diskursanalyse der Proteste anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm 2007 vor. Außerdem im Heft: eine diskurspraktische Initiative zur deutschen Berichterstattung über Griechenland.

 

Inhalt

  • Pegida als sächsisches Phänomen
    Von Michael Nattke und Anna Gorskih
  • Pegida im Westen: Zu viele Köche verderben den braunen Brei
    Ein Blick auf die nordrhein-westfälischen Pegida-Ableger
    Von Maren Wenzel
  • Der (Rechts-)Populismus und die AfD
    Zum extremismustheoretischen Verständnis des (Rechts-)Populismus bei Franz Decker
    Von Jan Ackermann
  • Neokonservative Mobilmachung in Deutschland
    Eine Rezension von Michael Lausberg
  • Die Opfer Europas – Schluss mit der Barbarei!
    Von Heiko Kauffmann
  • Eigene Sichtweisen hinterfragen
    Ergebnisse und Schlussfolgerungen einer Diskursanalyse zur Migration aus Südosteuropa in lokalen Duisburger Medien
    Von Iris Tonks und Margarete Jäger
  • Diskriminierung in der Fankurve
    Eine Rezension von Mark Haarfeldt
  • Diversität verwalten
    Eine Rezension von Iris Tonks
  • Diskursforschung: Was soll das, soll sie was?
    Von Siegfried Jäger
  • Ausnahmezustand Diskursanalyse des G8-Gipfels in Heiligendamm
    Von Anna-Lena Dießelmann
  • Für eine faire Berichterstattung über demokratische Entscheidungen in Griechenland
    Appell von Deutsch-Griechen und Griechen-Deutschen
  • Eine diskurspraktische Initiative
    Von Jürgen Link
  • Die Kritik der politischen Ökonomie von Karl Marx – auch genealogisch gesehen
    Von Wolfgang Kastrup
  • Ministerin Svenja Schulze besucht DISS-Archiv

Netzfundstücke: Studie zum Höcke-Flügel der AfD

 

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Der Soziologe Andreas Kemper hat vor einiger Zeit eine Reihe von auffälligen „Überzufälligkeiten“ in den Schriften von Björn Höcke, AfD-Landeschef in Thüringen, entdeckt (Wieviel NPD höckt in der AfD?) und damit ziemlichen Wirbel ausgelöst. Jetzt legt er eine neue Studie zum Höcke-Flügel der AfD vor.

Andreas Kemper: „… die neurotische Phase überwinden, in der wir uns seit siebzig Jahren befinden“
Die Differenz von Konservativismus und Faschismus am Beispiel der „historischen Mission“ Björn Höckes (AfD)

Die Studie erschien bei der Rosa Luxemburg Stiftung Thüringen und ist auf der dortigen Website kostenlos als PDF abrufbar.

Sicher nicht unumstritten dürfte es sein, auf den „dritten“ AfD-Flügel um Björn Höcke den Faschismusbegriff anzuwenden. Dazu schreibt der Autor im Vorwort:

Vor diesem Hintergrund sollte die Frage gestellt werden, ob es sinnvoll ist, den Adam/Petry-Flügel und den Höcke-Flügel mit der selben Kennzeichnung zu benennen, nämlich »nationalkonservativ«, oder ob diese Kennzeichnung für die Ideologie Höckes nicht falsch ist, da er sich deutlich rechts von Adam und Petry positioniert. […]

Ich beziehe mich im Folgenden auf eine Faschismus-Definition von Roger Griffin. Er ist ein an der Oxforder Brookes University lehrender Professor für Zeitgeschichte und zählt zu den bekanntesten Faschismusforschern der Gegenwart. Er vertritt eine sogenannte »generische Faschismusdefinition «, also eine Definition, die aus den verschiedenen faschistischen Ideologien wesentliche Gemeinsamkeiten generiert. Bei dieser Generierung und Herausarbeitung bezieht sich Griffin auf die Theorie von Idealtypen nach Max Weber. Der Idealtypus ist nach Weber ein trennscharfer Begriff, der Forschungshypothesen ermöglicht.

Um eine faschistische Entwicklung frühzeitig erkennen zu können, ist es wichtig, über solche Forschungshypothesen zu verfügen, die Aussagen über Tendenzen und zu erwartende Konstellationen machen können. Machtund Herrschafts konstellationen kommen – wenn die Situation dafür ideal ist und keine Zweckbündnisse erfordert – auch auf der Grundlage ähnlicher Weltanschauungen bzw. Ideologien zu Stande, es ist also sinnvoll, diese Ideologien idealtypisch zu kategorisieren.

Roger Griffins Faschismusdefinition bietet sich zudem an, weil er konkrete Aussagen zur Neuen Rechten macht, also zu dem Umfeld, in dem Björn Höcke sich ideologisch bewegt. Aktuell hat die Frage nach der richtigen Interpretation und Einordnung der Ideologie von Björn Höcke an Gewicht gewonnen, denn Höcke sitzt im parlamenta rischen Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtages zum nsu (»Nationalsozialistischer Untergrund«) und hat sich mehrfach mit dem vorbestraften National demokraten Thorsten Heise getroffen, dem Kontakte zum Unterstützerumfeld des nsu nachgesagt werden.

Inhaltsverzeichnis:

Vorbemerkung
Zu den Flügelkämpfen der AfD
Ab wann ist es sinnvoll, von Faschismus zu sprechen?
Faschismus, Neue Rechte und die Alternative für Deutschland (AfD)
Der Faschismus-Begriff nach Griffin
Das Verhältnis der jungkonservativen Neuen Rechten zur AfD
Die »historische Mission der AfD«: Deutschland vom »Mehltau« des »PC-Totalitarismus« befreien
Björn Höckes rechtsextreme Verbindungen
Höckes Verbindungen zur Neuen Rechten
Heiner Hofsommer
Deutsche Patriotische Gesellschaft
Völkische Bundjugend
Björn Höckes Kontakte zu Thorsten Heise (npd Eichsfeld)
Ein Dorf in Thüringen …
»Werte-, Sitten- und Normengefüge« oder: Deutschland als Seife in Auflösung
Postwachstumsökonomie
Dritter Weg gegen weltwirtschaftliche Monokulturen
»Erfurter Resolution« gegen »Menschenexperimente«
Die Buchenwald-Provokation
Die »Erfurter Resolution«
Björn Höckes rechtsextreme Ideologiefragmente
Ultranationalismus, oder: Höckes »ehrliche, reine Vaterlandsliebe«
Palingenetik, oder: Höckes »historische Mission«
»Altparteien« und »Direkte Demokratie«
»Organische Marktwirtschaft« gegen »degenerierte Marktwirtschaft«
Mit »aktiver Bevölkerungspolitik« gegen die »perverse«»Dekadenz«
Vom »PC-Totalitarismus« befreit: Die neue Nation
Exkurs zur sogenannten »Neurotisierung des deutschen Volkes«
NPD: »US-Schicht« und Frankfurter Schule als »Neurotisierer«
Hohmann: »neurotischer Eifer« und jüdisches »Tätervolk«
Die sogenannte »Renten-Neurose« der Überlebenden des NS-Terrors
»Deutsche Neurose« nach C. G. Jung und Adorno

Fazit
Noch einmal: Vertritt Björn Höcke eine faschistische Ideologie?
Höckes utopischer Antrieb
Dekadenz als Problem
Radikale Erneuerung der Nation
Nation als »organisches Ganzes«
Fazit und Ausblick

Anhang:
Zitate von Björn Höcke
Nationalismus
Demografie, Familialismus, Anti-Genderismus
Metaphysische Orientierung, Anti-Materialismus, Tiefenbewusstsein
Volkswirtschaft und Sozialpolitik
Parteiendemokratie, Political Correctness, Meinungsfreiheit, Preußentum

Literatur

Über den Autor

 

AfD – Das Interesse der jungkonservativen Neuen Rechten

In der DISS Online-Bibliothek erschien der dritte Teil der Artikelserie von Helmut Kellershohn zur Partei Alternative für Deutschland (AfD). Welche Hoffnungen und Erwartungen verbinden jungkonservative Ideologen aus dem Umfeld der Jungen Freiheit mit der AfD?

[…] Dieter Stein […] sieht die politische Hauptaufgabe der JF darin, mit publizistischen Mitteln an der Bildung eines für die Durchsetzung rechter Positionen auf parlamentarischer Ebene tragfähigen gesellschaftlichen Milieus mitzuwirken. Es sei „höchste Zeit für die Formierung eines starken konservativ-freiheitlichen Widerlagers“ (JF 41/2009, 1), das in der Lage sei, die staatstragenden Parteien, insbesondere aber „die Union von rechts unter Druck“ zu setzen und eine Ausdifferenzierung des Parteiensystems nach rechts hin zu bewirken. Die AfD scheint nun der Hebel zu sein, um dies bewerkstelligen zu können. Die AfD habe das Verdienst, schrieb Stein im Mai 2013, das „Thema der verantwortungslosen Euro-Rettung“ und damit verbunden „die endgültige Schleifung der nationalen Souveränität“ in das „Zentrum der Debatte“ gerückt; es müsse nun, trotz mancher Zweifel gegenüber der weiteren Entwicklung der AfD, „von übergeordnetem Interesse“ sein, das „Monopol der CDU“ zu brechen.

Soviel Pragmatismus mag politischen Existentialisten wie Götz Kubitschek („Ein-Mann-Kaserne“) verdächtig sein. Aber, gramscianisch gesprochen, ging es der JF immer darum, ein Hegemonieprojekt zu entwickeln, d.h. die Bildung eines Netzwerks von Akteuren zu fördern, das vielleicht einmal in der Lage sein könnte, in den Kampf um die Hegemonie einzugreifen. Welche „Akteurskonstellationen“ bringt nun die JF ein, wo gibt es Anknüpfungspunkte an das Projekt einer „konservativen Volkspartei“? – Dies soll im Weiteren anhand einiger „Eckpunkte“ geklärt werden, die für die JF (und das IfS in der ‚Ära Weißmann’) von zentraler Bedeutung gewesen sind. Bezugspunkt auf Seiten der AfD ist ihr Wahlprogramm in Sachsen. […]

Helmut Kellershohn kommt am Ende seines Textes zu folgendem Fazit.

[…] Die vorstehenden Überlegungen machen deutlich, dass die Selbstdarstellung der AfD als „konservative Volkspartei“ tatsächlich sich dem nähert, was dem jungkonservativen Hegemonieprojekt um die Junge Freiheit schon seit längerem vorschwebt: nämlich durch die Verknüpfung von nationalliberalen, christlich konservativen, völkischen und staatspolitischen Ideen eine „moderne“ völkisch-konservative Bewegung im vorpolitischen Raum zu inspirieren und über deren parteipolitische Implementierung in den politischen Raum zu einer „Umwälzung“ (Stein) des politischen Systems beizutragen. Karlheinz Weißmann als ausgewiesener Kenner der Konservativen Revolution hat bereits 2003 die JF als in der Tradition der sog. „Volkskonservativen“ stehend bezeichnet, einer Teilströmung des Weimarer Jungkonservatismus, die sich aus abtrünnigen Deutschnationalen, Teilen der Bündischen Jugend und des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes zusammensetzte und von Vordenkern der Konservativen Revolution wie Hermann Ullmann, Georg Quabbe und Edgar Julius Jung „geistig“ beeinflusst wurde. Dieter Stein hat damals zu dieser „Verortung“ geschwiegen. Heute wiederholt Weißmann genau diesen historischen Bezug, wenn er in seiner Begründung für seinen Abschied vom Institut für Staatspolitik die Notwendigkeit und die Möglichkeit betont, dass sich die AfD in Richtung einer Volkspartei entwickelt.

Bitte lesen Sie den vollständigen Text in der DISS Online-Bibliothek: „Konservative Volkspartei“ – Über das Interesse der jungkonservativen Neuen Rechten an der AfD. Sondierungen im Feld der AfD Nr. 3

Netzfundstücke: Rechtspopulismus

In der Ausgabe 6/2014 der Wochenzeitung jungle world erschien ein Interview mit Sebastian Reinfeld über sein in der Edition DISS im Unrast-Verlag erschienenes Buch:

„Wir für Euch“
Die Wirksamkeit des Rechtspopulismus in Zeiten der Krise
Edition DISS Band 33, Dezember 2013, 144 Seiten, 16 EUR, ISBN 978-3-89771-762-6

Rechter Populismus ist eine politische Technologie, eine Mechanik, wie man in und mit den politischen Systemen kommuniziert und diese im Laufe der Zeit verändert. Und diese Diskursmaschinen sind Open Source, sie werden also nicht nur von den entsprechenden Parteien in Anschlag gebracht. Wenn der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer beispielsweise die Parole »Wer betrügt, der fliegt« ausgibt und damit offenbar auf Sinti und Roma zielt, die aus Rumänien oder Bulgarien nach Deutschland kommen könnten, dann wird die Allgemeinheit dieser Technologie doch offensichtlich. Er markiert eine Fremdgruppe und zielt zugleich auf »die da oben«, die Politiker in Brüssel, die durch die allgemeine Freizügigkeit »unserer« Nation schaden würden. Und das alles in einem einzigen diskursiven Schachzug, der seitdem tagein, tagaus diskutiert und damit verbreitet wird. Rechtspopulismus läuft darauf hinaus, in Abgrenzungen, durch diskursive Ein- und Ausschlüsse, ein »Wir« zu bilden und anzurufen. […]

 

[…] Ein anderes Beispiel: Hans-Olaf Henkel, der als Vorsitzender des Bundesverbands der Deutschen Industrie einer der mächtigsten deutschen Wirtschaftsführer war, hat nun offiziell bekanntgegeben, dass er die AfD unterstützt und dem deutschen rechtspopulistischen Eliteprojekt beitritt, das ebenso aus dem dominanten konservativ-liberalen Zusammenhang in Deutschland herausfällt. Dieser bricht auseinander in der europäischen Krisenpolitik, aber die ihm Zugehörigen treffen sich wieder in der Betonung des Nationalen. Dennoch ist Angela Merkels »Wir« der deutschen Dominanz in Europa ein Wir, das im täglichen Wettbewerb steht und dort bestehen muss, wohingegen das rechtspopulistische »Wir« ein Wir einer angeblich gegebenen biologischen, mentalen oder kulturellen Stärke ist, was Henkel auch ausdrücklich so formuliert hat. Beide »Wirs« rufen die Menschen unterschiedlich an und wirken demnach auf andere Weise. Die Herrschenden sprechen eben nicht mit einer Stimme, sie sind gespalten und vielstimmig, deshalb sind sie wirkungsmächtig, denn wir haben, von wenigen Ausnahmen abgesehen, rechtspopulistische Parteien in sämtlichen europäischen Parlamenten. In acht Fällen sind oder waren sie, direkt oder indirekt, sogar an Regierungen beteiligt. Dieser institutionelle Einfluss verändert die Gesellschaften Europas.

Das vollständige Interview lesen Sie bitte hier: »Die Herrschenden sprechen nicht mit einer Stimme«