Pro-Bewegung: Die Reise nach Absurdistan – Teil III

Nach dem Scheitern des „Anti-Islam-Kongresses“ 2008 und des „2. Anti-Islam-Kongresses“ 2009 geriet auch der von der Pro-Bewegung organisierte „Marsch für die Freiheit“ am 7.5.2011 in Köln zu einer Farce. Realitätsfern spricht die rassistische Pro-Bewegung von einem „Erfolg“ und feiert sich selbst.

Autor: Michael Lausberg
Bereits im Vorfeld der Kundgebung wurde mit selbstgerechtem Pathos eine „internationale Großdemonstration für die Freiheit“ angekündigt: Auf einem eigens  eingerichteten Blog hieß es:

„In Köln, der Geburtsstadt der Pro-Bewegung, wird am 7. Mai mit diesem Demonstrationszug ein starkes Zeichen für mehr Demokratie gesetzt werden. Wir haben es einfach satt, dass uns tagtäglich von den Blockwarten der Political Correctness vorgeschrieben wird, was man sagen darf und was nicht. Zur Demokratie gehört das auch für Freiheitliche, Patrioten und Islamkritiker das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Dieses demokratische Grundrecht werden wir am 7. Mai mit Freunden aus der ganzen Welt wahrnehmen!“ ((http://marschfreiheit.wordpress.com/marsch-fuer-die-freiheit/))

Wir stellen uns quer - Kein Rassismus bei uns in Köln

Die Pro-Bewegung sei das Opfer einer „bizarren Koalition aus Altparteien, Gewerkschaften in trauter Eintracht mit offen verfassungsfeindlichen und latent gewaltbereiten linksextremistischen Gruppierungen“, die „Rechtsdemokraten“ in „schlimmster nationalsozialistischer Tradition elementare Grundrechte verweigern“ würden. Dieses Argumentationsmuster ist Teil der Strategie der Pro-Bewegung. Sie behauptet, sie werde  in ihrer Meinungsfreiheit beschränkt und von demokratischen Entscheidungsprozessen ausgegrenzt . Dabei inszeniert sie sich als Opfer der Medien, demokratischer Parteien und antifaschistischer Initiativen. Ihre politischen Gegner werden durch die Formel „Blockwarte der Political Correctness“ als Nazis und Zensoren diffamiert.

Die Pro-Bewegung sprach im Vorfeld von mindestens 2.000  erwarteten Teilnehmern am „Marsch für die Freiheit“. ((http://marschfreiheit.wordpress.com/marsch-fuer-die-freiheit/)) Markus Beisicht tönte:

„Noch nie ist so erfolgreich für eine öffentlichkeitswirksame Veranstaltung der PRO-BEWEGUNG mobilisiert worden wie jetzt. Roters und seine publizistischen Helfer von der Bildzeitung haben unzählige Bürgerinnen und Bürger empört. Diese werden zu ‚freiheitlichen Wutbürgern’ und werden am Samstag in einer bislang nicht für möglich geglaubten Anzahl zu unserer Kundgebung kommen.“ ((http://marschfreiheit.wordpress.com/2011/05/02/markus-beisicht-wir-verteidigen-den-rechtstaat-gegen-die-feinde-der-freiheit/#more-438))

Die mit der Pro-Bewegung neuerdings stark verbundene Partei „Die Republikaner“ warb ebenfalls  für die Teilnahme an der Demonstration. ((http://marschfreiheit.wordpress.com/republikaner-rufen-zum-marsch-fur-die-freiheit-auf/)) Deren Vorsitzender Rolf Schlierer war als einer der Redner vorgesehen. Neben deutschen Rassisten sollten weiterhin „rechtsdemokratische Kräften aus Europa, Israel und den USA“ an der Kundgebung teilnehmen. Der belgische Vlaams Belang Fraktionsvorsitzende Filip Dewinter sollte zusammen „mit mehreren Reisebusse mit den bekannt demonstrationsfreudigen Aktivisten des Vlaams Belang nach Köln kommen“. ((http://marschfreiheit.wordpress.com/2011/04/21/filip-dewinter-an-der-spitze-des-vlaams-belang-am-7-mai-in-koln/#more-384)) Als Vertreter der österreichischen FPÖ sollten die österreichische Nationalratsabgeordnete Susanne Winter und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Wiener Landtag, Wolfgang Jung, „zusammen mit einer großen FPÖ-Delegation“ am „Marsch für die Freiheit“ teilnehmen. ((http://marschfreiheit.wordpress.com/2011/04/20/erste-redner-der-fpo-stehen-fest/#more-355)) Susanne Winter sprach beim Neujahrsempfang 2008 der FPÖ von einem „islamischen Einwanderungs-Tsunami über Graz“ und bezeichnete den Propheten Mohammed als „Kinderschänder“. ((Michael Lausberg: Die Pro-Bewegung. Geschichte, Inhalte, Strategien der »Bürgerbewegung Pro Köln« und der »Bürgerbewegung Pro NRW«, Unrast-Verlag, Münster 2010, S. 124))

Aus Frankreich sollten Jacques Cordonnier von Alsace d’Abord, Fabrice Robert vom Bloc Identitaire und die Generalsekretärin des französischen MNR, Annick Martin, nach Köln kommen. Die Pro-Bewegung verkündete, dass „allein aus Frankreich insgesamt mit einer dreistelligen Teilnehmerzahl zu rechnen ist.“ ((http://marschfreiheit.wordpress.com/2011/02/08/annick-martin-und-mnr-beim-marsch-fur-die-freiheit/#more-194)) Auch Vertreter der US-amerikanischen Tea-Party-Bewegung wurden angekündigt. Die Tea-Party-Bewegung ist eine rechtskonservative Protestbewegung mit populistischen Zügen. Sie setzt sich für Steuersenkungen, eine Verringerung der Macht des Staates, tiefe Einschnitte in der Sozialpolitik ein und verbreitet rassistische Positionen. Vertreter der italienischen Lega Nord, der Dänische Volkspartei, der Schwedendemokraten, der katalonischen Regionalpartei Plataforma per Catalunya, und auch eine israelische Delegation wurden angekündigt. ((http://marschfreiheit.wordpress.com/2011/04/08/israelische-delegation-wird-am-marsch-fur-die-freiheit-teilnehmen/#more-294))

Diese vollmundigen Versprechungen entpuppten sich wie so oft als Schaumschlägerei. Es fand keine „Großdemonstration“ statt, es kamen nicht einmal die angekündigten  2.000 Teilnehmer, sondern nur ein kleines Häuflein Aufrechter. Die Aachener Nachrichten zählten 320 Personen ((Aachener Nachrichten vom 8.5.2011, S. 5)), die taz sprach von ca. 300 Personen, darunter  rechte Skinheads. ((www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/kaum-bewegung-fuer-pro-bewegung/)) Augenzeugen berichteten sogar nur von ca. 200 Personen. ((www.anarchosyndikalismus.blogsport.de/2011/05/08/koeln-demo-gegen-rassistischen-aufmarsch/)) Von den groß angekündigten hunderten Teilnehmern aus Frankreich, Belgien und Österreich war nichts zu sehen; auch die angebliche bundesweite Werbeaktion der „Republikaner“ war offenkundig ein Misserfolg. Aus dem deutschen extrem rechten Spektrum nahmen der selbsternannte „Islamkritiker“ Torsten Lange, Henry Nitzsche, Vorsitzender von pro Sachsen und Alfred Mechtersheimer, Gründer der rassistischen Deutschland-Bewegung (DB), teil.

Auch der Ablauf der Kundgebung verlief ganz und gar nicht so wie von den Pro-Funktionären geplant. Nach einer Auftaktkundgebung um 12 Uhr  auf der rechten Seite die Deutzer Rheinbrücke sollte diese überquert werden und am anderen Ende der Brücke am Heumarkt eine Zwischenkundgebung stattfinden. Dach sollte der eigentliche „Marsch“ durch die Innenstadt über die Cäcilienstraße zum Neumarkt und anschließend über die Hahnenstraße zur Abschlusskundgebung auf dem Rudolfplatz beginnen.

Dank der Aktionen der über 2000 Gegendemonstranten verzögerte sich der „Marsch“ um zwei Stunden. Nach der kurzen Zwischenkundgebung auf dem Heumarkt wurde die Veranstaltung schließlich sogar vorzeitig abgebrochen.  Die Reden von Markus Beisicht (Pro Köln/Pro NRW), Filip Dewinter (Vlaams Belang), Susanne Winter (FPÖ), Rolf Schlierer (REP), Wolfgang Jung (FPÖ), Taylor Rose (Tea-Party-Bewegung), Jacques Cordonnier (Bloc Identitaire) und Manfred Rouhs (Pro Berlin) wurden teilweise durch den lauten Protest der Gegendemonstranten übertönt. ((Ebd.))

Wie in der Vergangenheit bei ähnlichen Gelegenheiten schon oft praktiziert, gestand die Pro-Bewegung in ihren anschließenden Presseerklärungen ihre Niederlage nicht ein, sondern versuchte, sich und anderen einen grandiosen Erfolg zu suggerieren. Die eigene Teilnehmerzahl wurde fernab von der Realität auf 1.100 vervielfacht, dafür wurde die Zahl der Gegendemonstranten auf 1000 halbiert.

Einzig die (Negativ-)Schlagzeilen in der Medienöffentlichkeit im Vorfeld der Kundgebung konnte die Pro-Bewegung als kleinen Erfolg für sich verbuchen – nur auf diesem Wege gelingt es ihr, von einer breiteren Öffentlichkeit überhaupt wahrgenommen zu werden

Der Vorsitzende von Pro Köln und Pro NRW, Markus Beisicht behauptete, es habe sich um die „bisher größte öffentliche Kundgebung der PRO-BEWEGUNG“ gehandelt. Wenn die höchste geschätzte Teilnehmerzahl von 320 stimmen sollte, könnte er damit vielleicht sogar Recht haben. Alle früheren Aktivitäten von Pro waren sogar noch schlechter besucht. Beisicht kündigte an, solche Veranstaltungen in Zukunft jährlich durchzuführen. Zu mehr wird es hoffentlich auch nicht reichen.

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