Veranstaltung: Das Boot ist voll – was die Sprache der Medien verrät

Die Gewerkschaft ver.di und die Uni Duisburg-Essen führen derzeit eine Veranstaltungsreihe durch:  „Schick oder Schock: Wie salonfähig ist der Nationalismus in Deutschland?“.

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Am Mittwoch, 17. Juni 2015,  lautet das Thema „Das Boot ist voll: Was die Sprache in den Medien verrät“.

Nach einem Input-Referat von DISS-Mitarbeiter Rolf van Raden folgt eine Podiumsdiskussion mit dem WAZ-Kulturressortleiter Jens Dirksen, dem Chefredakteur von Radio Oberhausen/Radio Mülheim Olaf Sandhöfer-Daniel, sowie Ralf Makrutzki, der das Essener WDR-Studio leitet.

Beginn: 19 Uhr, im DGB-Haus Essen. Der Eintritt ist frei, vorherige Anmeldung unter fb08.essen@verdi.de oder Tel. 02 01 / 24 75 254.

Pressemitteilung der Uni Duisburg-Essen
Der Veranstaltungsflyer zum Download

Netzfundstücke: Studie zum Höcke-Flügel der AfD

 

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Der Soziologe Andreas Kemper hat vor einiger Zeit eine Reihe von auffälligen „Überzufälligkeiten“ in den Schriften von Björn Höcke, AfD-Landeschef in Thüringen, entdeckt (Wieviel NPD höckt in der AfD?) und damit ziemlichen Wirbel ausgelöst. Jetzt legt er eine neue Studie zum Höcke-Flügel der AfD vor.

Andreas Kemper: „… die neurotische Phase überwinden, in der wir uns seit siebzig Jahren befinden“
Die Differenz von Konservativismus und Faschismus am Beispiel der „historischen Mission“ Björn Höckes (AfD)

Die Studie erschien bei der Rosa Luxemburg Stiftung Thüringen und ist auf der dortigen Website kostenlos als PDF abrufbar.

Sicher nicht unumstritten dürfte es sein, auf den „dritten“ AfD-Flügel um Björn Höcke den Faschismusbegriff anzuwenden. Dazu schreibt der Autor im Vorwort:

Vor diesem Hintergrund sollte die Frage gestellt werden, ob es sinnvoll ist, den Adam/Petry-Flügel und den Höcke-Flügel mit der selben Kennzeichnung zu benennen, nämlich »nationalkonservativ«, oder ob diese Kennzeichnung für die Ideologie Höckes nicht falsch ist, da er sich deutlich rechts von Adam und Petry positioniert. […]

Ich beziehe mich im Folgenden auf eine Faschismus-Definition von Roger Griffin. Er ist ein an der Oxforder Brookes University lehrender Professor für Zeitgeschichte und zählt zu den bekanntesten Faschismusforschern der Gegenwart. Er vertritt eine sogenannte »generische Faschismusdefinition «, also eine Definition, die aus den verschiedenen faschistischen Ideologien wesentliche Gemeinsamkeiten generiert. Bei dieser Generierung und Herausarbeitung bezieht sich Griffin auf die Theorie von Idealtypen nach Max Weber. Der Idealtypus ist nach Weber ein trennscharfer Begriff, der Forschungshypothesen ermöglicht.

Um eine faschistische Entwicklung frühzeitig erkennen zu können, ist es wichtig, über solche Forschungshypothesen zu verfügen, die Aussagen über Tendenzen und zu erwartende Konstellationen machen können. Machtund Herrschafts konstellationen kommen – wenn die Situation dafür ideal ist und keine Zweckbündnisse erfordert – auch auf der Grundlage ähnlicher Weltanschauungen bzw. Ideologien zu Stande, es ist also sinnvoll, diese Ideologien idealtypisch zu kategorisieren.

Roger Griffins Faschismusdefinition bietet sich zudem an, weil er konkrete Aussagen zur Neuen Rechten macht, also zu dem Umfeld, in dem Björn Höcke sich ideologisch bewegt. Aktuell hat die Frage nach der richtigen Interpretation und Einordnung der Ideologie von Björn Höcke an Gewicht gewonnen, denn Höcke sitzt im parlamenta rischen Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtages zum nsu (»Nationalsozialistischer Untergrund«) und hat sich mehrfach mit dem vorbestraften National demokraten Thorsten Heise getroffen, dem Kontakte zum Unterstützerumfeld des nsu nachgesagt werden.

Inhaltsverzeichnis:

Vorbemerkung
Zu den Flügelkämpfen der AfD
Ab wann ist es sinnvoll, von Faschismus zu sprechen?
Faschismus, Neue Rechte und die Alternative für Deutschland (AfD)
Der Faschismus-Begriff nach Griffin
Das Verhältnis der jungkonservativen Neuen Rechten zur AfD
Die »historische Mission der AfD«: Deutschland vom »Mehltau« des »PC-Totalitarismus« befreien
Björn Höckes rechtsextreme Verbindungen
Höckes Verbindungen zur Neuen Rechten
Heiner Hofsommer
Deutsche Patriotische Gesellschaft
Völkische Bundjugend
Björn Höckes Kontakte zu Thorsten Heise (npd Eichsfeld)
Ein Dorf in Thüringen …
»Werte-, Sitten- und Normengefüge« oder: Deutschland als Seife in Auflösung
Postwachstumsökonomie
Dritter Weg gegen weltwirtschaftliche Monokulturen
»Erfurter Resolution« gegen »Menschenexperimente«
Die Buchenwald-Provokation
Die »Erfurter Resolution«
Björn Höckes rechtsextreme Ideologiefragmente
Ultranationalismus, oder: Höckes »ehrliche, reine Vaterlandsliebe«
Palingenetik, oder: Höckes »historische Mission«
»Altparteien« und »Direkte Demokratie«
»Organische Marktwirtschaft« gegen »degenerierte Marktwirtschaft«
Mit »aktiver Bevölkerungspolitik« gegen die »perverse«»Dekadenz«
Vom »PC-Totalitarismus« befreit: Die neue Nation
Exkurs zur sogenannten »Neurotisierung des deutschen Volkes«
NPD: »US-Schicht« und Frankfurter Schule als »Neurotisierer«
Hohmann: »neurotischer Eifer« und jüdisches »Tätervolk«
Die sogenannte »Renten-Neurose« der Überlebenden des NS-Terrors
»Deutsche Neurose« nach C. G. Jung und Adorno

Fazit
Noch einmal: Vertritt Björn Höcke eine faschistische Ideologie?
Höckes utopischer Antrieb
Dekadenz als Problem
Radikale Erneuerung der Nation
Nation als »organisches Ganzes«
Fazit und Ausblick

Anhang:
Zitate von Björn Höcke
Nationalismus
Demografie, Familialismus, Anti-Genderismus
Metaphysische Orientierung, Anti-Materialismus, Tiefenbewusstsein
Volkswirtschaft und Sozialpolitik
Parteiendemokratie, Political Correctness, Meinungsfreiheit, Preußentum

Literatur

Über den Autor

 

Ministerin Svenja Schulze im DISS-Archiv

Am 22. Mai 2015 besuchte die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Svenja Schulze, das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS). Sie besichtigte das dortige Archiv zur extremen Rechten, das seit Anfang 2015 eine öffentliche Förderung erhält.

Die WDR-Lokalzeit Duisburg berichtete in ihrem Nachrichtenblock über diesen Besuch. Das Video ist abrufbar (14:17 bis 15:15) in der ARD-Mediathek.

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Statement von Svenja Schulze:

„Deswegen ist sowohl das Archiv, das hier ist, als auch die wissenschaftliche Arbeit, die hier geleistet wird, wichtig. Rechtsextremismus, das sind nicht alles Leute, die nicht wissen was sie tun, sondern dahinter steckt eine Ideologie und die muss man auch erforschen und verstehen, weil ansonsten kann man nicht politisch dagegen vorgehen.“

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 (Bildschirmfotos WDR Lokalzeit Duisburg, 22.5.2015)

 

Netzfundstücke: V-Mann-Land

In der Reihe „Die Story im Ersten“ wurde am 20.4.2015 der Beitrag „V-Mann-Land“ gesendet.

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Bildschirmfoto: Das DISS auf einer Anti-Antifa Feind-Liste des Thule-Netzes.

 

Niemand ahnte, dass der bekannte Neonazi zugleich ein V-Mann, ein Informant des Verfassungsschutzes, war. Heute lebt er anonym. Er verbirgt sein Gesicht hinter einer schwarzen Motorradmaske, wenn er – erstmals vor einer Kamera – über seine Vergangenheit spricht, die ihn auch in das Umfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) führte.

Im Beitrag werden die ehemaligen V-Leute Wolfgang Frenz, Kai D. / Undertaker, Kai-Uwe Trinkaus und Michael See / von Dolsperg interviewt.

Das Video ist abrufbar in der ARD Meidiathek:
Die Story im Ersten: V-Mann-Land
20.04.2015 | 44:10 Min. | UT | Verfügbar bis 20.04.2016 | Quelle: Das Erste

 

Netzfundstücke: Die Informanten

Patrick Gensing schreibt in der Jüdischen Allgemeinen vom 2.4.2015 zum Thema NPD-Verbot.

Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sieht den Beschluss des Gerichts mit Sorge […]. Das NPD-Verbot sei »schon lange überfällig«, sagte Schuster der Jüdischen Allgemeinen. Er hoffe, »dass das politische Flaggschiff der Rechten nun schnell und endgültig in den Abgrund versinkt«.

Daran glaubt der Politikwissenschaftler Martin Dietzsch vom Duisburger Institut für Sprache und Sozialforschung (DISS) nicht. Das Problem sei nicht, der NPD Verfassungswidrigkeit nachzuweisen, sagt Dietzsch. »Wir haben stattdessen ein Geheimdienstproblem«, meint er.

Aus dem gescheiterten Verbotsverfahren seien keine Konsequenzen gezogen worden, sondern die Kompetenzen und Aufgabenfelder des Geheimdienstes noch ausgeweitet worden. Für ihn gehe es bei einem NPD-Verbotsverfahren schlicht und einfach darum, den Neonazis – also der NPD und den sogenannten Freien Kameradschaften – den staatlichen Schutz und die staatliche Förderung zu entziehen, sagt Dietzsch. »Und das exzessive V-Mann-Unwesen zählt nicht zur Bekämpfung, sondern zur Förderung des Neonazismus.«

Eine These, die der aktuelle Beschluss der Verfassungsrichter zu belegen scheint: Eine Neonazi-Partei bleibt in Deutschland wohl unverbietbar – dank der Zusammenarbeit zwischen Geheimdienst und rechtsextremen Funktionären.

Lesen Sie den vollständigen Artikel bitte hier:
Jüdische Allgemeine Zeitung, Patrick Gensing: Die Informanten. Warum das NPD-Verbot erneut scheitern könnte

Netzfundstücke: Chronik 2014 – Hetze gegen Flüchtlinge

chronik2014

Die Amadeu Antonio Stiftung und PRO ASYL veröffentlichten eine Dokumentation über rassistische Gewalt und Hetze gegen Flüchtlinge in Deutschland im Jahr 2014. Demnach kam es im Jahr 2014 in 153 Fällen zu Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte und in 77 Fällen zu tätlichen Angriffen auf Flüchtlinge. In Folge der vielen Anschläge und Übergriffe leben Flüchtlinge und Migranten in Deutschland vielerorts in Angst.

Die Chronik ist abrufbar unter: Rechte Hetze gegen Flüchtlinge – Eine Chronik der Gewalt 2014.

Das Jahr 2015 wird hier thematisiert: Rechte Hetze gegen Flüchtlinge – Eine Chronik der Gewalt 2015.

Lesetipp: Neuerscheinung IDA-Reader Antiziganismus

Beim Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e.V. (IDA) erschien der Reader

Antiziganismus – Rassistische Stereotype und Diskriminierung von Sinti und Roma. Grundlagen für eine Bildungsarbeit gegen Antiziganismus.

Der Band enthält u.a. auch die Texte Diskurse über Sinti und Roma in den Medien von Alexandra Graevskaia und Vorwurf der Kriminalität von Michael Lausberg, die beide im DISS mitarbeiten.

Sinti und Roma sind in besonderem Maße rassistischer Ausgrenzung und Diskriminierung ausgesetzt. Nicht nur aktuell aus Osteuropa migrierte Roma sind von Rassismus betroffen; antiziganistische Feindbilder richten sich gegen alle Sinti und Roma, die in Deutschland leben – in einer jahrhundertelangen Kontinuität, die selten betrachtet und herausgestellt wird.
Der Reader klärt über Ursachen und Auswirkungen von Antiziganismus auf und nimmt drei Ebenen von Antiziganismus in den Blick: Der erste Teil geht auf strukturelle Diskriminierung ein, wenn er nach der ausgrenzenden Wirkungsweise von Sprache, nach der aktuellen Mediendebatte über eingewanderte Roma und der Bildungssituation deutscher Sinti und Roma fragt. Weitere Beiträge widmen sich unter anderem der Diskriminierung von Sinti und Roma auf dem Arbeitsmarkt und der Lage von Roma in Ost- und Südosteuropa. Im zweiten Part fokussiert die Broschüre die individuelle Ebene des Antiziganismus. So geht die Publikation auf die Verbreitung antiziganistischer Einstellungen in Deutschland sowie die Herkunft und Wirkung einzelner antiziganistischer Vorurteile ein. Ein dritter Teil beleuchtet die Ebene von (extrem rechter) Agitation und Gewalt gegen Sinti und Roma in Deutschland wie in Mittel- und Osteuropa. Nicht zuletzt weil ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt von IDA e. V. die Unterstützung von und die Kooperation mit Migrant_innenselbstorganisationen ist, schließt die Broschüre mit der Selbstrepräsentation von Organisationen. Es stellen sich die Roma-(und Nicht-Roma-)Jugendorganisationen Amaro Drom e. V., Amaro Foro und TernYpe vor; ferner das AGORA-Netzwerk für Sinti- und Roma-Frauen, die Kampagne „Alle bleiben“ und die Hildegard-Lagrenne-Stiftung.

Milena Detzner/Ansgar Drücker/Barbara Manthe (Hg.): Antiziganismus – Rassistische Stereotype und Diskriminierung von Sinti und Roma. Grundlagen für eine Bildungsarbeit gegen Antiziganismus. Herausgegeben im Auftrag des IDA e. V., ISSN 1616-6027, Düsseldorf: Eigenverlag 2014, 80 Seiten.

Den Reader kann man über ein Bestellformular auf der Website von IDA anfordern.

 

 

Netzfundstücke: Brandgefährliche Stimmungsmache

DISS-Mitarbeiter Sebastian Friedrich veröffentlichte in der Tageszeitung Neues Deutschland am 9.10.2014 die Kolumne „Brandgefährliche Stimmungsmache“. Darin heißt es u.a.:

Angesichts vermehrter Proteste gegen Flüchtlingsheime fühlen sich manche an die frühen 90er Jahre erinnert. Es war die Zeit rassistischer Pogrome und Morde. Es war die Zeit, als das im Grundgesetz verankerte Recht auf Asyl im hohen Maße eingeschränkt wurde. Und es war die Zeit, in der auch die Medien eine unrühmliche Rolle spielten. […]

Und heute? Rechtskonservative Stimmenjäger aus neuen und alten Parteien zeichnen wieder ein Schreckensbild, wenn es um Flüchtlinge geht, und aktivieren so den gesamtgesellschaftlich verankerten Rassismus. Dennoch: Insgesamt scheint der Diskurs auf den ersten Blick geöffneter und pluraler als vor zwanzig Jahren. Weite Teile der Politik betonen die Verantwortung Deutschlands für Menschen in Not. Immerhin eine knappe Mehrheit der Menschen in der Bundesrepublik spricht sich laut Infratest Dimap dafür aus, mehr Schutzsuchende aufzunehmen. […]

Auf den zweiten Blick allerdings fällt eine bedeutende Gemeinsamkeit auf. Damals wie heute wird trennscharf unterschieden zwischen berechtigter und nicht berechtigter Flucht. Nur sprachlich gibt es eine Verschiebung: Während Anfang der 90er Jahre sortiert wurde zwischen »Flüchtlingen«, die vor Krieg und Vertreibung flüchteten, und »Asylanten«, die lediglich aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland kämen, verläuft die Grenze gegenwärtig entlang der Gegenüberstellung politischer Flüchtling versus »Armutsflüchtling«. In der vorgenommenen Trennung zwischen denen, die Hilfe brauchen, und denjenigen, die angeblich Hilfsbereitschaft ausnutzen, sind sich weite Teile der Mainstream-Medien und Politik einig.

Das wurde insbesondere deutlich, als der Bundesrat am 18. September Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu sicheren Herkunftsländern erklärte. Es herrschte weitgehend Konsens darüber, dass die meisten der bisherigen Antragsteller aus den Balkanstaaten sowieso keine richtigen Flüchtlinge seien. Dass etwas an der Asylgesetzgebung nicht stimmen kann, wenn Menschen, die in den Herkunftsländern systematisch diskriminiert werden, hierzulande dennoch kein Asyl erhalten, war indes kaum zu hören. Vielmehr wurden verschiedene Flüchtlingsgruppen gegeneinander ausgespielt. […]

Der vollständige Artikel ist auf der Website des Neuen Deutschland leider nur für Inhaber eines Online-Abos lesbar. Auf dem Blog annotazioni erschien dankenswerterweise ein genehmigter Nachdruck: Brandgefährliche Stimmungsmache

AfD – Das Interesse der jungkonservativen Neuen Rechten

In der DISS Online-Bibliothek erschien der dritte Teil der Artikelserie von Helmut Kellershohn zur Partei Alternative für Deutschland (AfD). Welche Hoffnungen und Erwartungen verbinden jungkonservative Ideologen aus dem Umfeld der Jungen Freiheit mit der AfD?

[…] Dieter Stein […] sieht die politische Hauptaufgabe der JF darin, mit publizistischen Mitteln an der Bildung eines für die Durchsetzung rechter Positionen auf parlamentarischer Ebene tragfähigen gesellschaftlichen Milieus mitzuwirken. Es sei „höchste Zeit für die Formierung eines starken konservativ-freiheitlichen Widerlagers“ (JF 41/2009, 1), das in der Lage sei, die staatstragenden Parteien, insbesondere aber „die Union von rechts unter Druck“ zu setzen und eine Ausdifferenzierung des Parteiensystems nach rechts hin zu bewirken. Die AfD scheint nun der Hebel zu sein, um dies bewerkstelligen zu können. Die AfD habe das Verdienst, schrieb Stein im Mai 2013, das „Thema der verantwortungslosen Euro-Rettung“ und damit verbunden „die endgültige Schleifung der nationalen Souveränität“ in das „Zentrum der Debatte“ gerückt; es müsse nun, trotz mancher Zweifel gegenüber der weiteren Entwicklung der AfD, „von übergeordnetem Interesse“ sein, das „Monopol der CDU“ zu brechen.

Soviel Pragmatismus mag politischen Existentialisten wie Götz Kubitschek („Ein-Mann-Kaserne“) verdächtig sein. Aber, gramscianisch gesprochen, ging es der JF immer darum, ein Hegemonieprojekt zu entwickeln, d.h. die Bildung eines Netzwerks von Akteuren zu fördern, das vielleicht einmal in der Lage sein könnte, in den Kampf um die Hegemonie einzugreifen. Welche „Akteurskonstellationen“ bringt nun die JF ein, wo gibt es Anknüpfungspunkte an das Projekt einer „konservativen Volkspartei“? – Dies soll im Weiteren anhand einiger „Eckpunkte“ geklärt werden, die für die JF (und das IfS in der ‚Ära Weißmann’) von zentraler Bedeutung gewesen sind. Bezugspunkt auf Seiten der AfD ist ihr Wahlprogramm in Sachsen. […]

Helmut Kellershohn kommt am Ende seines Textes zu folgendem Fazit.

[…] Die vorstehenden Überlegungen machen deutlich, dass die Selbstdarstellung der AfD als „konservative Volkspartei“ tatsächlich sich dem nähert, was dem jungkonservativen Hegemonieprojekt um die Junge Freiheit schon seit längerem vorschwebt: nämlich durch die Verknüpfung von nationalliberalen, christlich konservativen, völkischen und staatspolitischen Ideen eine „moderne“ völkisch-konservative Bewegung im vorpolitischen Raum zu inspirieren und über deren parteipolitische Implementierung in den politischen Raum zu einer „Umwälzung“ (Stein) des politischen Systems beizutragen. Karlheinz Weißmann als ausgewiesener Kenner der Konservativen Revolution hat bereits 2003 die JF als in der Tradition der sog. „Volkskonservativen“ stehend bezeichnet, einer Teilströmung des Weimarer Jungkonservatismus, die sich aus abtrünnigen Deutschnationalen, Teilen der Bündischen Jugend und des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes zusammensetzte und von Vordenkern der Konservativen Revolution wie Hermann Ullmann, Georg Quabbe und Edgar Julius Jung „geistig“ beeinflusst wurde. Dieter Stein hat damals zu dieser „Verortung“ geschwiegen. Heute wiederholt Weißmann genau diesen historischen Bezug, wenn er in seiner Begründung für seinen Abschied vom Institut für Staatspolitik die Notwendigkeit und die Möglichkeit betont, dass sich die AfD in Richtung einer Volkspartei entwickelt.

Bitte lesen Sie den vollständigen Text in der DISS Online-Bibliothek: „Konservative Volkspartei“ – Über das Interesse der jungkonservativen Neuen Rechten an der AfD. Sondierungen im Feld der AfD Nr. 3

Netzfundstücke: Jürgen Link zum 1. September

Jürgen Link veröffentlichte am 1. September auf seinem Blog Bangemachen gilt nicht den Artikel 100 Jahre WK I, 75 Jahre WK II: Die SCHLAGzeitung schaltet auf Modus WK III.

Es gilt: WNLIA = Weder-noch, lieber irgendwie anders. Der binäre Reduktionismus, das heißt die totale ”Einäugigkeit”: ”PUUTIIN” gegen den Rest der Welt, ist eine tödliche diskursive Waffe – als ob wir nicht bis 3 zählen könnten und uns entweder für PUUTIIN oder für eine radikale Eskalationsstrategie des “Westens” im Schlepptau der abenteuerlichen “Anti-Terror-Aktionen” Kiews mit Bombardierung von Großstädten entscheiden müssten. Die Einäugigkeit und Selbstgleichschaltung unserer Medien unterscheidet sich in nichts von 1914 (in diesen Tagen, als vor 100 Jahren bereits die mörderischen Materialschlachten gegen Russland an der Ostfront tobten).

Lesen Sie bitte den vollständigen Artikel: 100 Jahre WK I, 75 Jahre WK II: Die SCHLAGzeitung schaltet auf Modus WK III