Tom Schimmeck im Gespräch mit Siegfried Jäger
In Ihrem neuen Buch „Am besten nichts Neues“ kritisieren Sie die Medien dahin gehend, dass diese eigentlich – im Kern – immer nur dasselbe sagen. Ich verstehe das so, dass an den unterschiedlichsten Beispielen immer wieder das gleiche Unwissen wiederholt wird, was dazu führt, dass sich Vorurteile und Ressentiments aller Art fortlaufend verfestigen. Wie könnte ein kritischer Journalismus aussehen, der seinem gesetzlichen Auftrag, einen Beitrag zur demokratischen Willensbildung zu leisten gerecht wird?
Es ist ja nicht so, dass es keinen kritischen Journalismus gäbe. Tatsächlich mühen sich noch immer viele gute Journalisten in vielen klassischen Medien wie auch im Internet, dem schönen, alten Ideal der Aufklärung gerecht zu werden. Sie reisen offenen Auges durch die Welt, enthüllen, was offiziell keiner wissen soll, durchwühlen komplexeste Stoffe, analysieren scharf und sagen unerschrocken ihre Meinung. Oft können sie auch noch gut schreiben und haben manchmal sogar Humor. Doch das Treiben der Wackeren verschwindet immer mehr hinter dem anschwellenden Schwachsinn, wird übertönt von der Kakophonie der immergleichen Show. Das hat meiner Ansicht nach mehrere Ursachen.
Erstens sind die Medien, gerade auch die so genannten „Qualitätsmedien“, im vergangenen Jahrzehnt scharf durchrationalisiert worden. In den meisten Redaktionen müssen deutlich reduzierte Redaktionen die gleiche Arbeit wie zuvor bewältigen. Das reduziert die Zeit zum Recherchieren, zum Nachdenken dramatisch. Studien zeigen, dass der Raum für genuine journalistische Arbeit, zu der ja idealerweise Recherche und ein gewisses Maß an Realitätskontakt zählen, immer knapper wird. So haben etwa die Leipziger Journalismus-Forscher Marcel Machill, Markus Beiler und Martin Zenker durch Befragung von 235 Journalisten in Tageszeitungen, Hörfunk, Fernsehen und Online-Redaktionen festgestellt, „DJ20: „Ich glaube, wir gehen Zeiten entgegen, in denen die Medien wieder politischer werden.““ weiterlesen