„Befreite Zone“ Thule-Netz?

Aus aktuellem Anlass dokumentieren wir einen Beitrag aus dem Jahr 1997. Martin Dietzsch und Anton Maegerle publizierten damals in dem Sammelband Das Netz des Hasses ((Stiftung Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.): Das Netz des Hasses. Rassistische, rechtsextreme und neonazistische Propaganda im Internet. Wien (Deuticke) 1997, S. 170-192.)) einen Artikel zum damaligen Neonazi-Mailboxnetz: „Befreite Zone“ Thule-Netz?

Der Gegenstand dieses Artikels erlangte durch das Auffliegen der Terrorgruppe NSU erneut Relevanz. Die späteren NSUler wurden durch das neonazistische Milieu von Mitte der 1990er Jahre geprägt, dessen Bestandteil und Spiegel das Thule-Netz war. Einige Exponenten, die zum direkten Umfeld des NSU gezählt werden können, waren aktive Teilnehmer dieses Netzes. So z.B. Kai Dalek (alias Undertaker), dem in Medienberichten inzwischen nachgesagt wird, er sei gleichzeitig V-Mann gewesen, und auch vom THS-Führer und V-Mann Tino Brand heißt es, er soll über Thule kommuniziert haben. Das sollte Grund genug sein, sich die Dokumente und Auswertungen von damals noch einmal genauer anzusehen.

Unsere Autoren kamen 1997 zu dem Fazit:

„Gefährlich ist dieses Netz nicht wegen der Nutzung moderner Technik, sondern weil die Neonazi-Szene, aus der sich Teilnehmer und Betreiber rekrutieren, gefährlich ist und nach wie vor in ihrer terroristischen Dimension unterschätzt wird.“

Lesen Sie bitte den vollständigen Beitrag in der DISS Online-Bibliothek:
Martin Dietzsch und Anton Maegerle: “Befreite Zone” Thule-Netz?

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Lesenswert ist in diesem Zusammenhang auch die aktuelle Recherche des AIDA-Archivs aus München: NSU in Bayern (Teil 1)

Patrick Gensing auf dem Publikative-Blog: Waren wir alle blind?

Auf dem österreichischen Blog Stoppt die Rechten wird darauf hingewiesen, dass der im Artikel erwähnte ehemalige  Betreiber der österreichischen Thule-Mailbox derzeit in Wien wieder vor Gericht steht: Neonazis: Nicht alle sind blind!

 

 

„Eklat“ im niedersächsischen Landtag

Autor: Martin Dietzsch

„… und es gibt auch Wissenschaftler, die bezeichnen das als ‚Institutionellen Rassismus‘ was wir hier erleben…“

Am Mittwoch (20.6.2012) nahm SPD-Fraktionschef Stefan Schostok in seiner Rede im niedersäschsischen Landtag das böse Wort „Institutioneller Rassismus“ in dem Mund und löste damit tumultartige Szenen bei Abgeordneten und Ministern der CDU aus.

„Niemand dürfe sich im Parlament dazu hinreißen lassen, der Regierung Rassismus vorzuwerfen.“

So fasst die WELT die heftigen Reaktionen höflich zusammen.

Einen drastischeren Eindruck vermittelt ein TV-Beitrag des NDR:
Eklat im Landtag, NDR 20.6.2012, 19.30 Uhr (Diesen Beitrag findet man inzwischen auch bei youtube)

Bildschirmfoto NDR 20.6.2012

Stefan Schostock zitierte eine kurze Passage aus einer Stellungnahme des DISS, die in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung  erwähnt worden war (Umstrit­tene Abschie­bung in Nie­der­sach­sen — In Stur­heit gefangen, vergl. auch DISSkursiv vom 18.6.2012).

Wir veröffentlichen hier den „Stein des Anstoßes“, auf den „„Eklat“ im niedersächsischen Landtag“ weiterlesen

Netzfundstücke: Rostock-Lichtenhagen nach 20 Jahren

In seinem Beitrag Rassismus, Mob und Flächenbrand für publikative.org erinnert der Journalist Kai Budler an die pogromartigen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen vor 20 Jahren und spannt den Bogen bis in die Gegenwart. Er wirft dabei auch einen kritischen Blick auf „Lichterketten“ und auf den späteren „Aufstand der Anständigen“. Der Autor fordert, den institutionellen Rassismus und den Rassismus aus der Mitte der Gesellschaft stärker zu thematisieren.

Er bezieht sich u.a. auch auf einen Artikel von Siegfried Jäger im DISS-Journal, den Sie hier im Original nachlesen können:
Nur ein Sommerlochtraum. Die Kampagne gegen Rechts in Medien und Politik. Von Siegfried Jäger, erschienen in DISS-Journal 7 (2001)

Netzfundstück: SZ über umstrittene Abschiebung

Die Süddeutsche Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 18. Juni 2012 über einen besonders drastischen Fall von Abschiebung in Niedersachsen. Neben Pro Asyl und einigen hochrangigen Politikern hat auch das DISS versucht, im konkreten Fall zu intervenieren. Bisher waren alle Bemühungen vergeblich. Die SZ berichtet, dass Pro Asyl gegen den Verstoß gegen die  Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen protestiert und die Einsetzung einer unabhängigen Institution zum institutionellen Rassismus fordert. Weiter heißt es in dem Artikel:

Hinter die Forderung gestellt hat sich auch der Flüchtlingsrat Niedersachsen sowie das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung. In einem Brief des Instituts an Ministerpräsident McAllister heißt es, die Abschiebung und die Verweigerung einer Zusammenführung der Familie Siala/Salame müsse als „besonders eklatanter Fall von institutionellem Rassismus bewertet werden“.

Lesen Sie bitte den vollständigen Artikel hier:
Umstrittene Abschiebung in Niedersachsen – In Sturheit gefangen

 

Rezensionen

Auf zwei neue Rezensionen von DISS-Publikationen möchten wir hinweisen: Auf dem PW-Portal (Portal für Politikwissenschaften) erschien eine Rezension von Christoph Busch zum Buch Rechte Diskurspiraterien.

Diese Diskurspiraterie wurde bereits in mehreren Aufsätzen an einzelnen Beispielen analysiert, allerdings gelingt es hier erstmals, das Thema hinsichtlich mehrerer Dimensionen in einem größeren Kontext zu bearbeiten. Aufschlussreich sind unter anderem die Artikel zu den Themenfeldern Antikapitalismus, Feminismus und Pazifismus. Sie verdeutlichen, wie die radikale Rechte diese aufgreift, völkisch-nationalistisch umdeutet und damit Anschlüsse an die Diskurse der „Mitte“ sucht. Interessant ist insbesondere der Beitrag von Lenard Suermann zu den Autonomen Nationalisten. Er arbeitet überzeugend am Material „ein vielschichtiges Bild des Phänomens ‚AN‘“ (188) heraus, das eben auch die Widersprüche und Spannungsfelder akzentuiert und in den Kontext der gesamten Neonaziszene setzt. Dabei wird auch deutlich, dass die AN keine Entwicklung nach einem Masterplan nehmen, sondern dass es sich vielmehr um eine tentative Suchbewegung handelt, die vor allem jugendkulturelle Praxen erfolgreich integrieren konnte.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie bitte hier: Rezension Christoph Busch

Michael Lausberg beschäftigt sich in TABULA RASA – Zeitschrift für Gesellschaft und Kultur mit dem DISS-Titel zu den Anschlägen in Norwegen Das hat doch nichts mit uns zu tun.

Als Untersuchungsergebnis wurde festgehalten, dass alle untersuchten Medien eine Externalisierungen des Täters und der Tat betrieben: „Während zu Recht konstatiert wird, dass Breivik sich in rechten Milieus bewegt hat und offenkundig deren Ideologien vertritt, wird eine Auseinandersetzung mit zentralen Aussagen Breiviks Ideologie im je eigenen Spektrum abgewehrt.“
Die Morde Breiviks wurden vor allem in rechten Medien als Reaktion auf „islamistischen Terror“ gewertet, auf diese Weise wurde eine Schuldumkehr betrieben. Bei der Berichterstattung über die Anschläge in Norwegen kam es selbst zu rassistischen Argumentationsmustern; die Ursachen für (antimuslimischen) Rassismus wurden oft in der Migration selbst und bei den Migranten gesucht. Das Denken und Handeln Breiviks wurde in den Bereich des Pathologischen verschoben. Die These des „Einzeltäters“ wurde gebetsmühlenartig wiederholt. Diese Argumentationsmuster dienten auch der Abwehr der eigenen Verantwortung für die entsprechenden Diskurse.
Es wurde festgestellt, dass „rassistische Implikationen in Islam- und Migrationsdiskursen so fest verankert sind, dass dieses Ereignis nicht bewirkte, diese grundlegend zu hinterfragen.“ Eine Selbstreflexion über eigene Schuld und Mitverantwortung fand in den seltensten Fällen statt. Viele bürgerliche Medien betonten eine Mitschuld der extremen Rechten, die – gemäß der Extremismustheorie – am Rand der Gesellschaft verortet werden. Der alltägliche Rassismus in der bundesrepublikanischen Gesellschaft spielte eine bei der Berichterstattung nur eine marginale Rolle, Verweise auf die so genannte Sarrazindebatte gab es kaum. Margarete Jäger konstatierte: „Dabei hätte die mediale Verarbeitung der Anschläge in Norwegen den Journalistinnen die Augen öffnen können. Sie hätten ein Lehrstück darüber werden können, was die Diskurse mit uns machen und wie stark wir in diese verstrickt sind. Dazu wäre allerdings eine kritische Hinterfragung der jeweiligen Perspektiven notwendig gewesen. Diese hat jedoch nur zaghaft stattgefunden und betraf auch nur die Notwendigkeit der anderen Kontextualisierung. (…) Aber vielleicht sind die Ereignisse in Norwegen ja dazu geeignet, die Diskurse in Deutschland auf mittlere Sicht durcheinander zu wirbeln und die reflexartige Reaktion der Medien zu korrigieren.“

Den vollständigen Artikel von Michael Lausberg lesen Sie hier: Tabula Rasa No 74 (4/2012)

 

DISS Online-Text zur christlichen Judenfeindschaft

In der DISS Online-Bibliothek können Sie ab sofort einen Aufsatz von Jobst Paul abrufen, der bereits 2001 entstand. Thematisiert werden verschiedene Varianten christlicher, insbesondere calvinistisch-reformierter und angelsächsischer Judenfeindschaft, u.a. die Legenden, die an die Existenz des Chasaren-Reiches im 8. Jahrhundert anknüpfen.

Von Anglo-Israelismus zu Christian Identity
Entwicklungslinien calvinistisch-reformierter und angelsächsischer Judenfeindschaft
Autor: Jobst Paul

Lutherische und katholische Regionen entwickelten oft militant-abweisende Formen der Judenfeindschaft. Dagegen bildeten die calvinistisch-reformierten Regionen Europas, vor allem England und die Niederlande, in der Folge auch die amerikanischen Staaten und der Staat der Voortrekkers, der burischen Pioniere Südafrikas, paternalistische Formen der Judenfeindschaft aus. Insbesondere das Bewusstsein, die Juden als herrschendes Geschlecht bereits abgelöst und von ihnen die jüdisch-alttestamentarische Identität übernommen zu haben, beherrschte bereits die Millennialisten im Gefolge Cromwells, aber auch die niederländischen Eliten des 17. Jahrhunderts. Hinzu kam der reformierte Glaube an eine Wiederkunft des Messias in Jerusalem, wenn sich dort die inzwischen zerstreuten Juden zur Bekehrung zum Christentum versammelten. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts verbanden sich damit sektiererische Theorien, die sich – meist von Großbritannien ausgehend – in den USA unter kontinental-europäischem Einfluss zu rechtsextrem-antisemitischen Lehren radikalisierten und seitdem nach Europa zurückwirken.

Lesen Sie den Text von Jobst Paul in der DISS-Online-Bibliothek. Sie können ihn hier als PDF-Datei abrufen (57 Seiten):
Jobst Paul: Von Anglo-Israelismus zu Christian Identity

Netzfundstück: „In seiner Dringlichkeit kaum zu überbieten“

Auf der Plattform „Kritisch Lesen“ erschien eine ausführliche Rezension unseres Buches zur Rezeption der Anschläge in Norwegen.

Jorane Anders schreibt, der Band sei „in seiner Dringlichkeit kaum zu überbieten“:

Kaum einmal ein halbes Jahr ist vergangen, seit im Anschluss an eine Bombenexplosion in Oslo und einen „Amoklauf“ auf der Insel Utøya die Welt der diskursiven Selbstverständlichkeiten über das Thema Terrorismus und Co ein kleines bisschen zu wanken begann, nur um sich fast im gleichen Augenblick neu zu erfinden. Der Band „,Das hat doch nichts mit uns zu tun!‘ Die Anschläge in Norwegen in deutschsprachigen Medien“ liefert in beeindruckender Aktualität politische Analysen und Kontextualisierungen der Diskurse rund um die Anschläge vom 22. Juli 2011. Die Beiträge durchzieht eine Offenlegung der spezifischen Sagbarkeitsräume, die die Verschiebung von einer Interpretation der Ereignisse als „Machwerk des internationalen islamistischen Terrorismus“ hin zur entpolitisierten Tat des extrem rechten und/oder geistig verwirrten Einzeltäters Anders Behring Breivik bedingen.

Die vollständige Rezension lesen Sie bitte hier: http://www.kritisch-lesen.de/2012/03/gegen-entpolitisierung-und-extremismustheorie/

Das Buch erhalten Sie in jeder guten Buchhandlung:
Regina Wamper / Ekaterina Jadtschenko / Marc Jacobsen 2011: „Das hat doch nichts mit uns zu tun!”. Die Anschläge in Norwegen in deutschsprachigen Medien. Unrast Verlag, Münster. ISBN: 978-3-89771-759-6. 184 Seiten. 18 Euro.

 

 

Netzfundstück: Falter-Rezension

Im Wiener Magazin Falter erschien eine Rezension zu zwei Publikationen, in denen die Anschläge von Norwegen analysiert und bewertet werden:  Das hat doch nichts mit und zu tun (Edition DISS im Unrast-Verlag, Hg. Marc Jacobsen, Ekaterina Jadschenko, Regina Wamper) und Vorboten der Barbarei (Laika-Verlag, Hg. Rainer Just, Gabriel Ramin Schor).

Der Rezensent Matthias Falter schreibt u.a.:

Eine Auseinandersetzung mit den ideologischen Rechtfertigungen der Tat, so die Autoren, habe nur in unzureichendem Maß stattgefunden. Manche Aspekte, wie zum Beispiel Breiviks Antimarxismus und Antifeminismus, seien – obwohl oder gerade weil sie von Teilen des politischen Mainstreams geteilt werden – meist gar nicht behandelt worden.
Die beiden empfehlenswerten Sammelbände sind sowohl Anleitung zur Kritik hegemonialer Alltagsdiskurse als auch eine Aufforderung zu politischer Aufklärung.
Beides ist nicht zuletzt auch in Österreich nötig, weil ideologisch motivierte Gewalt, die sich entpolitisiert gibt, sich auch in der Arbeit von Behörden bemerkbar macht, wie zum Beispiel der Fall des „Breiviks aus Traun“ zeigt (siehe Falter 29/11). Am 22. Juli 2011, dem Tag der Anschläge in Norwegen, ermordete ein Rassist im oberösterreichischen Traun einen Migranten und verletzte zwei Menschen schwer. Der Leiter des Verfassungsschutzes, Peter Gridling, sagte daraufhin, er könne bei der Tat keinen politischen Hintergrund erkennen und sprach von einem „Nachbarschaftsstreit“.

Den vollständigen Text der Rezension finden Sie hier: Terror aus der Mitte unserer Gesellschaft (Falter 7/2012 vom 15.2.2012, Seite 15)

Auch ein Unwort: „Gutmensch“

„Döner-Morde“ – diesen Begriff hat die von Prof. Dr. Nina Janich (TU Darmstadt) geleitete Jury zu Recht zum Unwort des Jahres gekürt. Die Begründung ist eine treffende Kurzanalyse:

“Mit Döner-Morde wurden von Polizei und Medien die von einer neonazistischen Terrorgruppe verübten Morde an zehn Menschen bezeichnet. Der Ausdruck steht prototypisch dafür, dass die politische Dimension der Mordserie jahrelang verkannt oder willentlich ignoriert wurde: Die Unterstellung, die Motive der Morde seien im kriminellen Milieu von Schutzgeld- und/oder Drogengeschäften zu suchen, wurde mit dieser Bezeichnung gestützt. Damit hat Döner-Mord(e) über Jahre hinweg die Wahrnehmung vieler Menschen und gesellschaftlicher Institutionen in verhängnisvoller Weise beeinflusst. Im Jahre 2011 ist der rassistische Tenor des Ausdrucks in vollem Umfang deutlich geworden: Mit der sachlich unangemessenen, folkloristisch-stereotypen Etikettierung einer rechts- terroristischen Mordserie werden ganze Bevölkerungsgruppen ausgegrenzt und die Opfer selbst in höchstem Maße diskriminiert, indem sie aufgrund ihrer Herkunft auf ein Imbissgericht reduziert werden.“ ((Link zur Presseerklärung als pdf))

Inzwischen wird der Begriff „Döner-Morde“ zwar kaum noch verwendet, und von manchen JournalistInnen ist sogar zu hören, dass es ihnen ein wenig peinlich ist, den Begriff in ihrer Berichterstattung übernommen zu haben. Dennoch haben weder Polizei noch die Medien erklärt, welche Konsequenzen sie daraus ziehen, dass sie mit der Verwendung des Begriffs massiv zur sprachlichen Reproduktion von Rassismus beigetragen haben.

Der Begriff Döner-Morde ist allerdings nicht der einzige, der von der Jury an der TU Darmstadt zum „Unwort“ erklärt wurde. Ausgezeichnet wurden außerdem die Begriffe „Gutmensch“ und  „Marktkonforme Demokratie“. Mit „Gutmensch“ erhält ein Begriff den Negativ-Preis, der nach Ansicht der Jury im vergangenen Jahr insbesondere in Online-Medien eine unheilvolle Wirkung hatte:

“Mit dem Ausdruck Gutmensch wird insbesondere in Internet-Foren das ethische Ideal des „guten Menschen“ in hämischer Weise aufgegriffen, um Andersdenkende pauschal und ohne Ansehung ihrer Argumente zu diffamieren und als naiv abzuqualifizieren. Ähnlich wie der meist ebenfalls in diffamierender Absicht gebrauchte Ausdruck Wutbürger widerspricht der abwertend verwendete Ausdruck Gutmensch Grundprinzipien der Demokratie, zu denen die notwendige Orientierung politischen Handelns an ethischen Prinzipien und das Ideal der Aushandlung gemeinsamer gesellschaft- licher Wertorientierungen in rationaler Diskussion gehören. Der Ausdruck wird zwar schon seit 20 Jahren in der hier gerügten Weise benutzt. Im Jahr 2011 ist er aber in unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Kontexten einflussreich geworden und hat somit sein Diffamierungspotential als Kampfbegriff gegen Andersdenkende verstärkt entfaltet.“ ((Link zur Presseerklärung als pdf))

Die aktuelle Konjunktur des Begriffs „Gutmensch“ ist auch am Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung nicht unbemerkt geblieben. Daher haben sich Astrid Hanisch und Margarete Jäger bereits im DISS-Journal 22 (November 2011) ausführlicher mit dem „Stigma Gutmensch“ auseinandergesetzt.

Tagungsbericht DISS-Colloquium 2011

Vom 18. bis 20. November 2011 trafen sich in der Frankenwarte in Würzburg Rassismusforscherinnen und –forscher zu einem Colloquium mit dem Ziel, aktuelle Formen von Rassismus in Deutschland auszumachen und vor diesem Hintergrund Perspektiven für die Rassismusforschung zu formulieren. Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung und Pro Asyl hatten bereits vor 10 Jahren ein gemeinsames Colloquium zum institutionellen Rassismus in Deutschland ausgerichtet. Beim diesjährigen Colloquium wurde diese Fragestellung allerdings ausgeweitet: Die Rassismusforschung sollte insgesamt in den Blick genommen und die Frage gestellt werden, was diese Forschung, die sich in Deutschland ab den 1980er Jahren entfaltete, zur Bekämpfung von Rassismus beigetragen hat und was sie überhaupt dazu beitragen kann.

Lesen Sie den ausführlichen Tagungsbericht bitte hier:
Aktuelle Formen des Rassismus. Rassismusforschung auf dem Prüfstand