Veranstaltungshinweis: Bochum 24.9.

Am Freitag, 24.9.2010, stellt DISS-Mitarbeiter Rolf van Raden in Bochum sein Buch „Patient Massenmörder“ vor. Beginn: 19 Uhr. Ort: Soziales Zentrum, Bochum, Josephstr.2 /Ecke Schmechtingstr.

Die Veranstaltungsankündigung des Sozialen Zentrums finden Sie HIER: http://www.sz-bochum.de/2010/08/05/buchvorstellung-und-diskussion-zum-thema-psychiatrie-entartung-massenmord/

Netzfundstück: Protonormalistische Anten

Jürgen Link schreibt in seinem Blog Bangemachen gilt nicht zur aktuellen Debatte um die Äußerungen von Thilo Sarrazin:

Nun verteidigen sie ihre “Migrantinnen und Migranten” gegen Sarrazin, unsere Migrantinnen- und Migranten-Forscherinnen und -forscher, verliebt wie sie sind in ihren Begriff “Migrantinnen und Migranten”. Der klingt ja auch so wissenschaftlich, genau wie Repräsentant und Signifikant. Damit kann man vielleicht sogar Exzellenz werden, mit der Migrantinnen- und Migrantenforschung, insbesondere der Migrantinnen- und Migranten-Kinder-Defizite-Forschung. Bloß: Warum kommt das bei “den Menschen” (Angela Merkel) irgendwie schlecht an und wirkt vielleicht sogar wie Wasser auf Sarrazins Mühle?

Weil es die Anten in der deutschen Sprach-, Diskurs- und Kulturgeschichte so in sich haben.

[…]

Warum scheut der “deutsche” Diskurs die sehr deutschen Signifikanten EINWANDERER UND EINWANDERINNEN wohl so sehr? So sehr, dass er selbst dort, wo er ein deutscheres Wort als “Migranten” vorzieht, pedantisch und skrupulantisch “Zuwanderinnen und Zuwanderer” sagen muss? (Während er Auswanderer glatt über die Zunge bringt – und nicht etwa Abwanderer sagen muss.)Etwas theoretischer gefasst: Die Anten gehören diskurshistorisch zum Protonormalismus, d.h. zu jener Auffassung von “Normalität”, die auf starren Grenzen von Normalitäts-Klassen auch innerhalb einer “Population” beruht. (Ausführlich dargestellt im “Versuch über den Normalismus”.) Also genau zu jener Spielart des Normalismus, für die Sarrazin plädiert, deren Wiederbelebungs-Manifest er gerade publiziert hat. Wenn irgendeinem, dann passen ihm die MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN glatt ins Konzept – egal ob gegen oder “für” sie plädiert wird.

Lesen Sie den vollständigen Text von Jürgen Link: “Migrantinnen und Migranten”: In diesem Zeichen können sie nur verlieren

Netzfundstück: Laudatio „Verschlossene Auster“

Heribert Prantl hielt die Laudatio zur Verleihung der „Verschlossenen Auster“ an die katholische Kirche. Den vollständigen Text finden Sie hier:

Heribert Prantl: Das kalte Herz der Kirche – Katholische Kirche erhält Negativ-Preis. Süddeutsche Zeitung, 10.07.2010

Es gibt eine Kirche, deren Selbstmitleid größer ist als das Mitleid mit den Opfern. Es gibt eine Kirche, die glaubt, sie habe lediglich ein Problem mit angeblich missliebigen Medien. Dieser Kirche widme ich diesen Negativ-Preis, die „Verschlossene Auster“. Ich widme ihn, pars pro toto, dem Bischof meiner Heimatdiözese Regensburg, dem Bischof Gerhard Ludwig Müller. In diesem Bistum Regensburg liegt Wackersorf, der Ort, an dem einst eine Wiederaufbereitungsanlage gebaut und mit aller Macht und Staatsgewalt gegen den Willen der Bevölkerung durchgesetzt werden sollte. Was Wackersdorf für die CSU war, ist Bischof Müller für die katholische Kirche: ein Fiasko.

Kirche kann ihr gesellschaftliches Gewicht nicht mit Geld, Geschichte und Steuermitteln erhalten oder zeugen. Es entsteht von selber durch Glaubwürdigkeit, und es verfällt mit Unglaubwürdigkeit. Die Kirche braucht das, was die Mediziner „restitutio in integrum“ nennen, die vollständige Ausheilung. Mit der Forderung nach Öffnung und Demokratisierung hat Papst Johannes Paul II. einst den Ostblock gesprengt. Diese Forderung „liegt jetzt auf den Stufen des Petersdoms“ (so Jobst Paul im DISS-Journal 19/2010). Damals, im Ostblock, hieß das Neue „Glasnost“ und „Perestrojka“. Heute, in der katholischen Kirche, heißt es, unter anderem, Aufhebung des Pflicht-Zölibats und Frauen-Ordination. Glaubwürdig wird die Kirche nur dann, wenn sie den Ursachen für die sexuelle Gewalt und deren jahrzehntelange Vertuschung auf den Grund geht. Sie muss dazu die verstörten und empörten Fragen der Menschen hören.

Ich habe mit dem Heiligen Franz von Sales begonnen; mit ihm will ich meine Rede jetzt auch beschließen. Dieser heilige Franz von Sales ist nämlich nicht nur Patron der Journalisten. Er ist auch Patron der Gehörlosen. Als solchen möchte man ihn bitten, sich doch der katholischen Kirche anzunehmen.

EuroPhantasien (1995) als e-book

Der lange vergriffene Band  EuroPhantasien von Irmgard Pinn und Marlies Wehner aus dem Jahr 1995 ist jetzt als e-book in unserem Textarchiv abrufbar (Klicken Sie bitte auf die Abbildung des Covers).

Irmgard Pinn und Marlies Wehner
EuroPhantasien
Die islamische Frau aus westlicher Sicht

Elektronische Fassung, erstellt im Juli 2010
Copyright 1995/2010: DISS

Aus dem Vorwort der Autorinnen (1995):

„Das westliche Bild der Muslimin basiert wesentlich auf Projektionen »abendländischer« Werte und Gefühle. Es ist Bestandteil eines Gegenentwurfes zur »europäischen Zivilisation« und dient in erster Linie der Konstitution und Stabilisierung einer deutschen bzw. »abendländischen« Identität. Uns geht es im folgenden weniger darum – und das sei vorab besonders betont –, wie es in islamischen Ländern nun wirklich zugeht oder was wirklich im Koran über die Frau gesagt wird. Unser Anliegen ist es vielmehr, Klischeebilder und deren Konstruktions- und Reproduktionsprinzipien aufzuzeigen sowie die Diskussion darüber anzuregen, wie Mechanismen der Ausgrenzung auch in progressiven, linken, feministischen, internationalistischen Kreisen wirken, welche Funktion sie haben und wie derartige Denk- und Handlungsblockaden überwunden werden könnten.“

Der lange vergriffene Band EuroPhantasien von Irmgard Pinn und Marlies Wehner aus dem Jahr 1995 ist jetzt als e-book in unserem Textarchiv abrufbar.

Netzfundstück: Hymnen, Flaggen, Fangesänge

Der Internet-Sender detektor.fm aus leipzig sendete heute ein Interview mit DISS-Mitarbeiter Jens Zimmermann zum Thema »Hymnen, Flaggen, Fangesänge – wie weit ist es zur Menschenfeindlichkeit?«.

Anmoderation:

Fußball verbindet. Doch leider sind oftmals auch Rassismus, Homophobie und Menschenfeindlichkeit mit im Stadion. Ein Interview über Flaggen, Hymnen und die Gretchenfrage, wieviel unbeschwertes Feiern erlaubt ist.

Eigentlich ist es ja das normalste der Welt: die Flaggen und Fahnen, die zur WM überall auftauchen. Natürlich drückt man seinem Heimatland die Daumen – und warum sollte man das nicht auch zeigen. Das Ganze hat aber manchmal auch eine Kehrseite – und die ist für die, die im Feiertaumel sind, nur schwer zu erkennen: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Sport. Während eines solchen Großereignisses wie der WM treffen verschiedenste Nationen aufeinander. Die Frage ist also: baut sowas Vorurteile ab? Oder brechen sie dadurch erst recht auf?

Darüber sprechen wir jetzt mit einem Experten vom  Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung, kurz DISS. Dort wird seit 1987 beobachtet und erforscht, wie sich Rechtsextremismus, Rassismus und sozialer Ausgrenzung in der Gesellschaft entwickeln, wie darüber debattiert wird, wo es sich festsetzt. Die Forscher sprechen dabei von Diskursen. Und wie präsent solche menschenfeindlichen Diskurse im Fußball sind, das fragen wir Jens Zimmermann vom DISS.

Das Interview können Sie als mp3-Audio-Datei von der Website von detektor.fm herunterladen (8:20 Minuten, 8 MB):

http://detektor.fm/download/?file=/images/uploads/mp3/Jens_Zimmermann_ber_Rassismus_und_Fremdenfeindlichkeit_im_Fuball_WEBSITE_1.mp3

Netzfundstück: Politologentrug

Auf der Seite der Rosa-Luxemburg-Stiftung ist ein Text von Prof. Wolfgang Wippermann abrufbar, der auf einem Vortrag beruht, den er im März 2010 in Duisburg gehalten hat:

Politologentrug
Ideologiekritik der Extremismus-Legende

Herausgeber Friedrich Burschel schreibt in seiner Einleitung u.a.:

Dem Text «Politologentrug» von Wolfgang Wippermann liegt sein Vortrag beim Gesprächskreis «Rechtsextremismus» der Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin in Duisburg am 19. März 2010 zugrunde. In Kooperation mit dem Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) stellten drei Wissenschaftler ihre Thesen zum «Extremismus»-Begriff zur Diskussion. Neben Professor Wippermann sprachen Stefan Kausch (Forum Kritische Rechtsextremismusforschung, Leipzig) zu «Ordnung.Macht.Extremismus. Das Konstrukt der ‹guten Mitte› und alternative Perspektiven» sowie der DISS-Mitarbeiter Jens Zimmermann zu «Wissenschaftstheoretischen Elementen einer Kritik der Extremismusforschung und Kritische Diskursanalyse als alternative Perspektive für eine kritische Rechtsextremismusforschung». Dem Gesprächskreis ging es um die Problematik des Extremismusbegriffs und seine politische Instrumentalisierung. In den zurückliegenden Monaten konnte beobachtet werden, wie der seit Jahren umstrittene und wissenschaftlich eigentlich verworfene Begriff des Extremismus fröhliche Urstände feiert und in durchsichtiger Weise instrumentell in Dienst genommen wird.

Den vollständigen Text finden Sie HIER.

Netzfundstück: Jürgen Link über das Ruhrgebiet

In der Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung (bsz) erschien ein Interview mit Jürgen Link. In dem Gespräch erklärt Jürgen Link, warum die Kulturhauptstadt scheitert, wieso das Ruhrgebiet keine Metropole ist, und wie Widerstand unter diesen Verhältnissen denkbar ist.

:bsz – Onlineausgabe der Bochumer Stadt- &  Studierendenzeitung

Ruhrgebiet: Keine Metropole
Jürgen Link über Kultur und Widerstand

für die Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung (bsz) habe ich Jürgen Link interviewt. In dem Gespräch erklärt Jürgen Link, warum die Kulturhauptstadt scheitert, wieso das Ruhrgebiet keine Metropole ist, und wie Widerstand unter diesen Verhältnissen denkbar ist.

Vorankündigung: Rechte Diskurspiraterien

Vorraussichtlich im Oktober 2010 erscheint in der Edition DISS im Unrast-Verlag der Band:

Martin Dietzsch / Helmut Kellershohn / Regina Wamper (Hg.)
Rechte Diskurspiraterien
Strategien der Aneignung linker Codes, Symbole und Aktionsformen

ISBN: 978-3-89771-757-2
ca. 250 Seiten, ca. 20 Euro

In den letzten Jahren ist ein verstärktes Bemühen auf Seiten der extremen Rechten zu beobachten, Themen, politische Strategien, Aktionsformen und ästhetische Ausdrucksmittel linker Bewegungen zu adaptieren und für ihren Kampf um die kulturelle Hegemonie zu nutzen. Dabei handelt es sich keineswegs mehr nur um ein Steckenpferd der intellektuellen Neuen Rechten, vielmehr wird dies auch von NPD und militanten Neonazis praktiziert. Im Resultat hat sich die extreme Rechte eine Bandbreite kultureller und ästhetischer Ausdrucksformen angeeignet, indem sie sich am verhassten ‚Vorbild’ der Linken abgearbeitet hat. Man könnte auch sagen: Um überzeugender zu wirken, hat sie kulturelle Praktiken und Politikformen der Linken ‚entwendet’ – allerdings nicht, ohne sie mit den eigenen Traditionen zu vermitteln.
Solche Phänomene sind keineswegs neu. Auch der Nationalsozialismus bediente sich der Codes und Ästhetiken politischer Gegner und suchte Deutungskämpfe gerade verstärkt in die Themenfelder zu tragen, die als traditionell links besetzt galten. Auch in den 1970er Jahren waren solche Strategien vorhanden. Es stellt sich die Frage, warum und in welcher Form diese Diskurspiraterien heute wieder verstärkt auftreten.

Aus dem Inhalt:

Helmut Kellershohn / Martin Dietzsch
Aktuelle Strategien der extremen Rechten in Deutschland

Sabine Kebir
Gramscismus von rechts?

Volker Weiss
Sozialismusbegriff bei Moeller van den Bruck und Oswald Spengler

Volkmar Woelk
Strasserismus und Nationalbolschewismus

Renate Bitzan
Feminismus von rechts?

Richard Gebhardt
Völkischer Antikapitalismus

Fabian Virchow
Antikriegs-Rhetorik von rechts

Helmut Kellershohn
Das Institut für Staatspolitik und die Konservativ-subversive Aktion

Lenard Suerman
Autonome Nationalisten

Regina Wamper / Britta Michelkens
Gegenstrategien

Jens Zimmermann
Kritik des Rechtsextremismusbegriffs

Netzfundstück: Neue Publikation zur Rassismusforschung

Das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in NRW (IDA-NRW) weist auf eine interessante Neuerscheinung im Bielefelder transcript Verlag hin:

Anne Broden, Paul Mecheril (Hg.)
Rassismus bildet
Bildungswissenschaftliche Beiträge zu Normalisierung und Subjektivierung
in der Migrationsgesellschaft
Mai 2010, 294 S., kart., 28,80 €
ISBN 978-3-8376-1456-5

Aus dem Werbetext:

Rassismus bildet! Dieses Buch versammelt Studien, die sich kritisch mit der Bildungsdimension rassistischer Normalität auseinandersetzen. Rassistische Ordnungsprinzipien des machtvollen Unterscheidens wirken nicht allein als ‚äußerliche’ Verteilung von Ressourcen, sondern sind auch in dem Sinne produktiv, als sie auf Selbst-, Gegenstands- und Weltverständnisse einwirken.
Die Beiträge des Bandes untersuchen als üblich geltende – und dadurch kulturell selbstverständliche – institutionelle und interaktive Praxen der Fremd- und Selbstpositionierung in formellen und informellen Bildungszusammenhängen. Es wird gezeigt, wie die Gewöhnlichkeit solcher, an rassistische Traditionen anschließenden, Unterscheidungspraxen ihre Wirksamkeit ausmacht.

Das Buch wurde im Auftrag des IDA-NRW von Anne Broden und Paul Mecheril herausgegeben und gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen. Es ist im Buchhandel erhältlich.

Einen Reader zum Thema kann man auf der Website von IDA-NRW als PDF-Datei abrufen: Fachgespräch „Rassismus bildet“. Bildungsperspektiven unter Bedingungen rassistischer Normalität, 5./6. Dezember 2008, Bonn, 199 Seiten / 749 KB .

Netzfundstück: Rezension des Schobert-Bandes

Sebastian Friedrich veröffentlichte auf der Website der Stattzeitung für Südbaden eine ausführliche Rezension des Bandes Alfred Schobert: Analysen und Essays.

Brecht bezeichnete jene Intellektuelle, die sich aus Pragmatismus an fetischisierten Sachzwängen orientierten und damit ihre politische Emanzipation aufgaben, als „Kopflanger“ der herrschenden Klasse. Bei der Betrachtung gegenwärtiger Debatten fällt auf, dass Brechts Beschreibung – nicht nur in Bezug auf Sloterdijk – aktuell ist. Mal abgesehen von der Frage, was Intellektuelle zu Intellektuellen macht, trifft sie jedoch nicht auf alle zu. Manche “Intellektuelle“ handeln wider vermeintlicher Wahrheiten, sprechen gewissermaßen gegen den Strich. Einer von ihnen war Alfred Schobert (1963-2006). Beim Unrast Verlag (Edition DISS) erschien kürzlich ein Sammelband von 30 ausgewählten Texten aus dem fulminanten Fundus von etwa 500 Veröffentlichungen Schoberts.[…]

Den vollständigen Text der Rezension finden Sie HIER: stattweb-Rezension: ‚Analysen und Essays‘ von Alfred Schobert